Santiago_
1155,3 Tsd.

Hans im Glück: Küng sieht "vatikanischen Frühling" heraufziehen

Herr Küng, nach der Wahl von Jorge Mario Bergoglio zum Papst sprachen Sie von einem "vatikanischen Frühling". Stehen Sie noch zu dieser optimistischen Einschätzung?

Hans Küng: Die Formulierung habe ich schon vor dem Konklave gebraucht - allerdings mit einem Fragezeichen. Meine Hoffnung war, dass keiner der allgemein genannten "Papabili", Favoriten, gewählt würde. Ich hoffte, dass vor oder im Konklave einer aufstehen würde, einfach aus der Not heraus. Insofern war ich hocherfreut.

Was dachten Sie, als Sie den Namen Bergoglio zum ersten Mal hörten?

Küng: Das war gleich eine sehr positive Überraschung. Ich wusste, dass Bergoglio schon 2005 bei der Wahl von Ratzinger in der engeren Wahl war. Er ist Jesuit und damit einer, der sich durchsetzen kann.(...)

Doch ist er tatsächlich ein Reformer oder verkauft er sich einfach nur besonders gut?

Küng: Das ist die Auffassung von Kritikern wie Frido Mann, dem Enkel von Thomas Mann. Diese teile ich nicht. (...) Doch zu meinen, er sei kein Reformer, hieße, die Augen vor den Tatsachen zu verschließen.

Woran machen Sie das fest?

Küng: Zunächst an der Form. Sie hat ja Einfluss auf den Inhalt. Allein wenn ein Papst die Leute mit "buona sera" begrüßt, ist das ein Signal. Franziskus betrat mit großer Selbstverständlichkeit die Kirchenbühne. Nüchtern, ohne jegliches Pathos bat er zuerst die Leute um ihr Gebet für ihn. Auch mit seiner Kleidung - dem Verzicht auf Gold, Spitzen und Edelsteine - setzt er Zeichen. Er will nicht als Apostelfürst auftreten, als Herr in der Kirche, sondern als Diener. Auch die einfache, direkte Sprache ist neu. (...) Franziskus hatte von Beginn an eine unprätentiöse, pastorale Vorstellung von seinem Amt.

Was stimmt Sie so zuversichtlich, dass aus den Zeichen auch Reformen werden?

Küng: (...) Dann hat er eine Gruppe von acht Kardinälen aus allen Kontinenten berufen, die Reformen für Kurie und Kirche ausarbeiten sollen. Wo er skandalöse Zustände sieht, greift er durch, scheut sich nicht vor Entlassungen. Auch inhaltlich setzt er Zeichen: So will er zum Beispiel, dass in der Kirche offen über Sexualfragen gesprochen wird. Das sind mehr als Stilfragen.

Sind diese Veränderungen schon unumkehrbar?

Küng: Er hat schon einige Dinge erreicht, die nicht mehr zurückzunehmen sind. So würde wohl kein Kardinal mehr zum Papst gewählt werden, der einen barock-absolutistischen Regierungsstil verkörpert. Ich würde sogar sagen: Es lässt sich noch gar nicht absehen, was die bereits eingeleiteten Veränderungen bedeuten.

Der neue Stil weckt Hoffnung. Vor einem Jahr hätte davon noch kaum jemand zu träumen gewagt.


Küng: Ich schon. Ich habe immer gesagt, dass über Nacht etwas Bedeutsames geschehen kann.

Allzu große Erwartungen können aber auch schnell enttäuscht werden. Sehen Sie diese Gefahr?

Küng: Selbstverständlich. Sobald deutlich würde, dass Franziskus nur schöne Worte macht - zum Beispiel im Umgang mit wiederverheirateten Geschiedenen! Wenn wieder nur halbe Lösungen angeboten würden, wie Erleichterungen bei der Eheannulierung, dann wäre die Enttäuschung groß und hätte sofort Auswirkungen. Die Praxis ist der Test für seine Ernsthaftigkeit.

Da sind wir an einem heiklen Punkt: Die Umfrage der Kirchenspitze zur Familienpastoral hat eine große Kluft zwischen dem Lehramt und dem Leben der Menschen offenbart. Nun liegen die Ergebnisse in Rom - und der Papst ist am Zug.

Küng: Aber er nicht allein. Denn das wollte er gerade vermeiden. Franziskus verfolgt eine große Strategie. Zunächst hat er die Gruppe der acht Kardinäle befragt, dann das ganze Kardinalskollegium. Im Herbst wird es schließlich eine Synode zum Thema Familie geben. Natürlich ist jeder Schritt ein Wagnis. Doch wenn Franziskus das Kardinalskollegium hinter sich hat, ist er nicht mehr allein. (...)

Die Antworten im Fragebogen waren sehr fordernd und berühren Tabubereiche der katholischen Kirche, zum Beispiel die Frauenordination. Kann sich Papst Franziskus leisten, darauf einzugehen?

Küng: Ich halte ihn für einen sehr klugen Mann, der nicht alles auf einmal haben will. Er hat auf jeden Fall großen Spielraum, welche Fragen und wie er sie angehen will.

Was aus dem Wunschkatalog der Gläubigen ließe sich realistischer Weise zuerst umsetzen?

Küng: Sicher die Zulassung wiederverheirateter Geschiedener zu den Sakramenten. Da besteht ein großer Konsens in Kirchenvolk und Klerus. Da ließe sich die Barmherzigkeit, von der er so oft redet, in die Tat umsetzen. (...)

Würden Sie ihm zu einer Politik der kleinen Schritte raten oder dass er gleich weit ausholt?

Küng: Er braucht eine kühne Vision. Aber mir wäre unwohl, wenn er einen Schritt vollzöge, den ich als illusorisch ansehe. Insofern ist es weise, bestimmte Themen zurückzustellen und Schritt für Schritt voranzugehen.

Was ist vorläufig zurückzustellen?


Küng: Fragen, bei denen am wenigsten Konsens besteht, wie die Frauenordination, die ich persönlich befürworte. Einwände sind hier noch schwerer zu überwinden als beim Zölibat. (...)

Schon bei "einfacheren" Themen äußert der neue Kardinal Müller Kritik. Wie groß ist der innerkirchliche Widerstand gegen Reformen?

Küng: Das ist nicht einfach einzuschätzen, denn es gibt in Kurie und Kirche Hardliner. Es gibt auch unter den Laien Widerstandsgruppen wie das konservative Katholische Forum. Doch diesem Papst ist es erstaunlicherweise gelungen, viele Menschen aller Lager quasi in kürzester Zeit für sich und seinen Kurs einzunehmen.

Wie bewerten Sie dann, dass der Vorsitzende der Glaubenskongregation, Gerhard Ludwig Müller, nun zu Kardinalsehren gekommen ist?


Küng: Das war in dieser Position vermutlich unvermeidlich. Wäre ein Mann an dieser zentralen Schaltstelle, der zudem als Vertrauter von Joseph Ratzinger gilt und sich als Säule der Orthodoxie begreift, übergangen worden, hätte das Auswirkungen auf Kurie und Kirche gehabt. Das hätte eine Konfrontation heraufbeschworen, die niemandem dienen würde. (...) Aber bezeichnender Weise hat Franziskus für das Einführungsreferat vor dem Kardinalskollegium nicht Müller, sondern den emeritierten Kardinal Walter Kasper gewählt, zweifellos der geeignetste Theologe im Kollegium. Es darf halt keine falschen Kompromisse geben. In seinem jüngsten Brief schrieb mir Joseph Ratzinger, dass er es als seine einzige Aufgabe ansehe, Franziskus durch sein Gebet zu helfen. All das sind Zeichen eines brüderlichen, respektvollen Umgangs miteinander. Das hat auch meine Sorge vermindert, Benedikt XVI. könnte ein Schattenpapst werden.

Papst Franziskus ist wegen seiner Kritik am Kapitalismus auch in Deutschland kritisiert worden. Wie kommen seine Worte bei Ihnen an?


Küng: Ich sehe ihn da auf der Linie der lateinamerikanischen Befreiungstheologie. (...)

Jahrzehntelang wurden Sie als Papstkritiker bezeichnet. Was macht der Kritiker nun mit diesem Papst?

Küng: Sich freuen. (...) So bin ich jetzt hocherfreut, dass ich nicht mehr als Papstkritiker auftreten muss. (...)

Volltext: www.swp.de/…/Theologe-Hans-K…
Carlus teilt das
1
52.Progressisten & Zerstörungswerk.
In diesem Album werden die Texte, Filme gesammelt, ebenso die Richtigstellung der häretischen und schismatischen Einflüsse, die mit und seit dem 1. Pastoralkonzil von diesen Gruppen erfolgreich geleistet wurden.Mehr
52.Progressisten & Zerstörungswerk.

In diesem Album werden die Texte, Filme gesammelt, ebenso die Richtigstellung der häretischen und schismatischen Einflüsse, die mit und seit dem 1. Pastoralkonzil von diesen Gruppen erfolgreich geleistet wurden.
Hayat!
Wenn ich Küng richtig verstehe, ist Papst Franziskus kein Kirchenfürst [weil er keiner sein will], sondern der Protagonist an Demut.
Da fragt man sich doch sofort, wie das zweitausend Jahre lang gut gehen konnte.Mehr
Wenn ich Küng richtig verstehe, ist Papst Franziskus kein Kirchenfürst [weil er keiner sein will], sondern der Protagonist an Demut.

Da fragt man sich doch sofort, wie das zweitausend Jahre lang gut gehen konnte.
Santiago_
Santiago_
2 weitere Kommentare von Santiago_
Santiago_
Schon interessant, dass dieses Interview aus der Anfangszeit des Pontifikats stammt. Küng antizipiert hier die Agenda des derzeitigen Papstes in glasklarer Weise.
Abramo
Küng ist natürlich im Unrecht, denn Papst Franziskus wird nur "falsch verstanden"... Genauso wie damals das Konzil und die Konzilspäpste, die wurden ja auch alle völlig falsch verstanden... Merkwürdig, dass die die "Missverstandenen" so gar keine Lust verspüren, die "Missverständisse" aufzuklären. Andererseits soll man als Katholik nicht zu viel denken und einfach dem Führer folgen. Denken ist …Mehr
Küng ist natürlich im Unrecht, denn Papst Franziskus wird nur "falsch verstanden"... Genauso wie damals das Konzil und die Konzilspäpste, die wurden ja auch alle völlig falsch verstanden... Merkwürdig, dass die die "Missverstandenen" so gar keine Lust verspüren, die "Missverständisse" aufzuklären. Andererseits soll man als Katholik nicht zu viel denken und einfach dem Führer folgen. Denken ist ja bekanntlich gegen den Glauben.
Iacobus
Auch die Freimaurerei ist entzückt:
Italian Freemasonry officially supports Pope Bergoglio
Santiago_
Santiago_
Den Zustand weiter Teile der "modernen" Theologie verglich Ratzinger bereits 1968 mit der Dummheit des "Hans im Glück": "Hat unsere Theologie nicht den Anspruch des Glaubens stufenweise herunterinterpretiert? Und wird der arme Hans, der Christ, der vertrauensvoll sich von Tausch zu Tausch, von Interpretation zu Interpretation führen ließ, nicht wirklich bald statt des Goldes, mit dem er begann,…Mehr
Den Zustand weiter Teile der "modernen" Theologie verglich Ratzinger bereits 1968 mit der Dummheit des "Hans im Glück": "Hat unsere Theologie nicht den Anspruch des Glaubens stufenweise herunterinterpretiert? Und wird der arme Hans, der Christ, der vertrauensvoll sich von Tausch zu Tausch, von Interpretation zu Interpretation führen ließ, nicht wirklich bald statt des Goldes, mit dem er begann, nur noch einen Schleifstein in Händen halten, den wegzuwerfen, man ihm getrost zuraten darf?"
Tradition und Kontinuität
@ B.arakuda
Gerade solche originellen Wortschöpfungen machten doch einen wesentlichen Reiz von kreuz.net aus. "Theolunke" ist nun aber wirklich harmlos. Kreuz.net und eben auch GTV arbeit(et)en mitunter mit einer Prise Satire. Das ist eine durchaus gerechtfertigte Art seine Meinung mit Ausdruckskraft zu verkünden. Aber vielleicht gehen Sie ja eh zum Lachen in den Keller. Haben Sie immer noch solche …Mehr
@ B.arakuda
Gerade solche originellen Wortschöpfungen machten doch einen wesentlichen Reiz von kreuz.net aus. "Theolunke" ist nun aber wirklich harmlos. Kreuz.net und eben auch GTV arbeit(et)en mitunter mit einer Prise Satire. Das ist eine durchaus gerechtfertigte Art seine Meinung mit Ausdruckskraft zu verkünden. Aber vielleicht gehen Sie ja eh zum Lachen in den Keller. Haben Sie immer noch solche Angst vor kreuz.net, dass Sie sich nicht getrauen den Namen richtig zu schreiben?
Tradition und Kontinuität
Ja, ja, der Hans und der Franz. Da haben zwei sich gefunden, die zusammenpassen! Zwei Brüder im Geiste!
🧐
Santiago_
Kasper Küng und Co. sind Bockbeinig wie die Pharisäer
Carlus
1. der arabische Frühling brachte den arabischen Untergang und in der Folge den europäischen Untergang hervor
2. der von Küng erwünschte kirchliche Frühling, bringt den Untergang von Besetzter Raum und den der ganzen NOVUS Ordo Weltlüge hervor, zur Verwunderung vpon Küng aber das Neuerblühen durch Jesus Christus dem ewigen und einzigen Hohenpriester, der das verschmutzte Petrusamt wieder reinigt, …Mehr
1. der arabische Frühling brachte den arabischen Untergang und in der Folge den europäischen Untergang hervor

2. der von Küng erwünschte kirchliche Frühling, bringt den Untergang von Besetzter Raum und den der ganzen NOVUS Ordo Weltlüge hervor, zur Verwunderung vpon Küng aber das Neuerblühen durch Jesus Christus dem ewigen und einzigen Hohenpriester, der das verschmutzte Petrusamt wieder reinigt,

3. da Küng nicht über seinen Tellerrand hinaussieht und nur mit oberflächlichen theologischen Teilwissen eine neue Grundlage für Besetzter Raum zu schaffen gedenkt und dadurch eine Beförderung durch Rotarius Franziskus erhofft, da er doch schon Logenbruder ist, kann ihm keine Aussage dumm genug sein um nicht mit der Blödheit der Welt zu kommunizieren.
elisabethvonthüringen
Wen interessiert schon noch ein "Theologischer Frühling"...wenn's rundherum Winter wird... 😀 🤗
Santiago_
"Sein Prinzip ist, die Zeit ist wichtiger als der Ort, d.h. er will nicht unbedingt Positionen besetzen, sondern Prozesse einleiten, die dann irgendwie unumkehrbar sind, die über sein Pontifikat hinauswirken. DAS ist so seine Philosophie." Walter Kasper