Labre
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FEST VERKLÄRUNG JESU - ABSTIEG VOM BERGE TABOR Predigt v. Kaplan A. Betschart

Die Kirche gedenkt heute der geheimnisvollen Verklärung des Herrn, “abseits auf einem hohen Berg” (Mt 17,1). Sie war das erste Aufleuchten Seiner Herrlichkeit. Mitten in der Erniedrigung als “Gottesknecht”, wie der Prophet Isaias Christus vorausschauend nennt, wurde für drei Seiner Apostel sichtbar, wer Er war. Wie durch einen schmalen Spalt brach mit Macht jenes göttliche Licht hervor, das Seinen Leib, die Materie, verklärte, ein erstes Aufleuchten des Glanzes Seines göttlichen Wesens, ein Aufleuchten des Glanzes Seiner Auferstehung:

“GOTT VON GOTT, LICHT VOM LICHTE, WAHRER GOTT VOM WAHREN GOTT” (Credo der Hl. Messe).

Sechs Tage zuvor hatte Petrus bei Cäsarea Philippi sein prachtvolles Messiasbekenntnis abgelegt:

“Du bist Christus, der Sohn des lebendigen Gottes” (Mt 16,16).

Und Christus hatte ihm geantwortet:

“Du bist Petrus (der Fels), und auf diesen Felsen will ich Meine Kirche bauen, und die Pforten der Hölle werden sie nicht überwältigen” (16,18).

Und dann heisst es in der Hl. Schrift:

“Von dieser Zeit an begann Jesus Seinen Jüngern zu zeigen, dass Er nach Jerusalem hinaufgehen, von den Ältesten, den Hohenpriestern und Schriftgelehrten vieles leiden und getötet werden müsse, am dritten Tage aber auferstehen werde. Da nahm Ihn Petrus auf die Seite und fing an, Ihm Vorhaltungen zu machen, indem er sprach: ‘Gott bewahre, Herr, das soll Dir nicht widerfahren.’ Er aber wandte sich um und sprach zu Petrus: 'Hinweg von Mir, Satan, denn du denkst nicht das, was Gottes, sondern was der Menschen ist” (Mt 16,21-23).

Und nun, sechs Tage danach, nimmt der Herr den Petrus und die beiden Brüder Johannes und Jakobus mit sich, verlässt mit ihnen die übrigen Jünger und steigt mit ihnen auf einen hohen Berg, abseits von allen Menschen:

“Dort ward Er vor ihnen verklärt. Sein Angesicht leuchtete wie die Sonne, und Seine Kleider wurden weiss wie Schnee. Und siehe, es erschienen ihnen Moses und Elias und redeten mit Ihm” (17,2 f.).

Dieser Vorgang hat eine geheimnisvolle Grösse. Die grossen Gotteserscheinungen des Alten Testamentes, selbst die des Sinai, leuchten nicht in diesem strahlenden Glanz. Petrus, überwältigt von einem unermesslichen Glück über die sichtbar gewordene Herrlichkeit des Herrn, versucht seinen Gefühlen Ausdruck zu geben.

Für uns drängt sich die Frage auf, was Christus mit der Verklärung beabsichtigte. Im Zusammenhang mit der Ankündigung Seines Leidens wird dies klar: Christus will den Glauben der Apostel festigen, die von dieser Ankündigung zutiefst verwirrt und schockiert waren, besonders Petrus. Nun hat Christus dem Petrus und zwei anderen Auserwählten ein Weniges von Seiner Herrlichkeit geoffenbart, weil, wie der hl. Papst Leo d. Gr. sagte, sie auch die Zeugen Seines Leidens sein sollten. Denn sie erlebten später ja die furchtbare Todesangst Jesu im Garten Gethsemani. Es geschah aber auch, wie Papst Leo d. Gr. sagte,

“damit mit ihnen die ganze Kirche wisse, dass sie einst in all ihren Gliedern an der Herrlichkeit teilhaben wird, die hier in ihrem Haupte voraus leuchtete”.

Dieser Jesus, den der Vater aus der “lichten Wolke” als Seinen geliebten Sohn bezeugt, leuchtete auf dem Berge als das Urbild der wahren Gotteskinder. Wie Christus, unser Haupt, dort unter der Wolke des abendlosen, nie vergehenden Lichtes stand, so stehen auch wir unter der Wolke der heiligmachenden Gnade und dürfen im weissen Taufkleid zum Himmel rufen: Abba - Vater.
Die Augenzeugen der Verklärung haben dieses Ereignis nie vergessen. Als Christus von den Toten auferstanden war, durften sie darüber sprechen, und sie haben nicht geschwiegen. Das Evangelium des hl. Apostels Johannes ist geradezu übergossen vom unerschaffenen, göttlichem Licht. Und der hl. Apostel Petrus schrieb kurz vor seinem Märtyrertode aus dem Babylon des Kaisers Nero, aus der sittenlosen, heidnischen Weltstadt Rom, in seinem zweiten Brief an die christlichen Gemeinden:

“Wir haben nicht künstlich ersonnene Märchen nachgeschwätzt, als wir euch die Macht und die Ankunft unseres Herrn Jesus Christus verkündeten, sondern wir waren Augenzeugen Seiner erhabenen Grösse. Denn Er empfing von Gott Vater Ehre und Verherrlichung, als aus glanzvoller Erhabenheit diese Stimme auf Ihn herniederkam: ‘Dieser ist Mein geliebter Sohn, an dem Ich Mein Wohlgefallen habe, auf Ihn sollt ihr hören.’ Und diese Stimme hörten wir vom Himmel herabkommen, als wir mit Ihm zusammen auf dem heiligen Berge waren. Und so besitzen wir umso gesicherter das prophetische Wort, und ihr tut gut daran, dass ihr darauf achtet wie auf eine Leuchte, die aufstrahlt am finsteren Ort, bis der Tag anbricht und der Morgenstern aufgeht in euren Herzen” (1,16-19).

Durch Kreuz und Leid zur Verklärung

Wie gesagt, ist der Sinn, das Ziel der Verklärung gewesen, die Jünger auf das kommende Leiden und Sterben vorzubereiten und zu stärken. Das Evangelium zeigt die unlösbare Beziehung zwischen der Verklärung Jesu und Seinem Leiden auf. Moses und Elias erschienen dem Heiland auf dem Tabor und sprachen mit Ihm gemäss Lukasevangelium von Seinem nahen Leiden und “vom Ende, das Er in Jerusalem finden sollte” (9,31).
Christus wollte damit Seine Jünger, die Jünger aller Zeiten lehren, dass es für Ihn selbst und für die Jünger unmöglich sei, zur Herrlichkeit der Verklärung zu gelangen, ohne durch das Leiden zu gehen. Dieselbe Lehre erteilte Er später den beiden Emmausjüngern:

“Musste nicht Christus dies alles leiden und so in Seine Herrlichkeit eingehen?” (Lk 24,26

Was bei uns durch die Sünde entstellt worden ist, das kann die erste übernatürliche Schönheit nicht wieder erlangen, ausser durch reinigendes Leiden.

Und noch eine bedeutende Wahrheit will uns das Taborereignis lehren: Petrus, ausser sich vor Freude über das Geschehen, will für Jesus, Moses und Elias drei Hütten bauen. Doch die Stimme Gottes aus der Wolke unterbricht seinen Vorschlag. Und die Verklärung ist vorbei. Alles ist wieder wie zuvor: Jesus und die drei Apostel sind allein. Der geistliche Trost und die übernatürliche Freude, die den Drei zuteil geworden ist, wird nicht um ihrer selbst willen gegeben. Auch wir sollen solchen Trost weder ersehnen noch, wenn er geschenkt wird, uns daran klammern, wie Petrus das wollte. Auch uns gilt die Antwort Gottes an Petrus, auf die Lehren des geliebten Sohnes zu hören und sie zu befolgen. Und Christus nachfolgen heisst, täglich sein Kreuz auf sich nehmen und Ihm folgen.
Bezeichnend ist die Aussage des Evangeliums: nach der Verklärung sahen die Apostel “niemand als Jesus allein” (Mt 17,8). Und mit “Jesus allein” stiegen sie den Berg hinab. Dies ist es, was wir suchen müssen: Jesus allein, Gott allein. Alles übrige - Trost, Hilfe der Mitmenschen, Freundschaft, Verständnis, Achtung und Ehre von seiten der Mitmenschen - all dies kann wohl gut sein in dem Masse, als Gott sich dessen bedient, um unsere Schwachheit zu stützen. Nimmt uns Gott dies aber weg, dann dürfen wir nicht erschrecken und irre werden. Gerade in solchen Fällen vermögen wir mehr denn je Gott zu beweisen - und zwar durch Taten und nicht bloss durch Worte -, dass Er uns wirklich alles ist, dass Er uns allein genügt.
Dies ist einer der schönsten Liebesbeweise, die wir Gott zu geben vermögen: nämlich Ihm die Treue wahren, Ihm das volle Vertrauen schenken, auch wenn Er alle diese äusseren Gaben zurückzieht und uns allein zu lassen scheint, allein in der Dunkelheit des Nichtverstandenwerdens, in der Bitterkeit des Misserfolges, der äusseren und inneren Verlassenheit. Dies ist der Augenblick, das “Jesus allein” zu beten, mit Ihm herabzusteigen vom Berge Tabor und mit Ihm das Kreuz zu tragen bis hinauf nach Golgotha, bis zur Erlösung und Auferstehung. Mit einer Bitte an den Heiland wollen wir schliessen:

“Herr Jesus Christus, vernichte in mir die Sünde, die Dein Antlitz entstellt hat, jene Sünde, die meine Seele entstellt hat, die nach Deinem Bild und Gleichnis erschaffen ward. Doch dazu muss ich mit Dir auf Kalvaria Anteil an Deinem Kreuze haben. Füge also gnädig, o Herr, alle kleinen und grossen Leiden meines Lebens Deiner Passion ein, damit ich durch sie gereinigt werde und bereitet, von Herrlichkeit zu Herrlichkeit emporzusteigen bis zur vollen Umgestaltung in Dich!” (P. Gabriel a Santa Maria Magdalena OCD).

Quellenhinweis:

▸ P. Gabriel a S. Maria Magdalena OCD, Geheimnis der Gottesfreundschaft, Bd. I, Herder 1958; Lizenzausgabe Lins-Verlag, Feldkirch.

▸ Bild: Giovanni Bellini
Bernhard Bez
Ein ganz herzliches Vergelt's Gott
Klaus Peter
Danke besonders für die wahren Worte im letzten Abschnitt wo es um die ganz und gar selbstlose Liebe geht, die von uns gefordert wird. Da kommt mir folgender Liedtext in Erinnerung:
Ich will Dich lieben, meine Krone, ich will Dich lieben meinen Gott,
aus freier Liebe, nicht zum Lohne, auch in der allerhöchsten Not…
michael7
Wertvolle Gedanken zum heutigen Fest! 👍 🙏
Eugenia-Sarto
Diese wunderbare Fest ist für uns Katholiken wirklich ein Trost, der uns wieder stärkt im Kampf um unsere geschundenen Kirche.