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Die „Weigerung des modernen Menschen“. Gedanken über Vorurteile.

„Schuld an der #Kirchenkrise in Mitteleuropa ist die Weigerung des modernen Menschen, auch im 21. Jahrhundert die Welt und Wissenschaft mit einem rational begründeten Glauben zu durchdringen." (cathwalk)

Die Kirchenkrise ist eine globale Erscheinung. Und ob Mitteleuropa, also Deutschland, in der Welt des 21. Jahrhunderts noch eine Rolle spielen wird, hängt auch davon ab, ob Deutschland sich seiner Vergangenheit wieder erinnert. Ohne Erinnern und Gedenken keine Zukunft, ohne Wurzeln im alten Rebstock keine Gegenwart, jedenfalls keine Gegenwart, die Zukunft hat.

Die Weigerung des modernen Menschen, Welt und Wissenschaft rational zu durchdringen, ist keine Weigerung, sondern Wille – aber eben Wille, dem seine Vernunft abhanden kam. Deshalb kann der Glaube durchaus rational begründet werden, aber dieser Ratio wohnt keine Kraft, kein Hauch, kein Geist mehr ein. Geistlos.

Die moderne Ratio kann in der Schöpfung nur Machwerk erkennen, Machwerk, das bestenfalls noch nicht ganz verstanden, Schöpfwerk, das noch nicht durchschaut sein mag. Die Ratio des modernen Menschen ist ohne Gott auf sich selbst zurückgeworfen und bewegt sich im Hamsterrad ewiger Unrast des Schaffens, Machens, Durchdringens, aber Erkenntnis ist letztendlich sinnlos, wenn der Erkennende überall auf sich selbst als das Erkannte trifft. Wer alles weiß, braucht keine Erkenntnis, kann auch keine mehr haben und wird auch keine mehr wollen. Angekommen im schwarzen Loch des eigenen Ich gibt es weder Zeit noch Raum, kein Sehnen mehr nach dem Anderen.

Die Welt als Schöpfung lässt den Menschen zu allen Zeiten erstaunen und sein Staunen ist der Anfang jeder Philosophie und Wissenschaft, die nicht das Ich in der Welt sucht und ersehnt, sondern in seinem Ich die Welt gespiegelt findet. Wer Schöpfung sieht, der bewundert und erforscht, wie dieses Wunder der Welt vonstatten gegangen sein könnte. Die Wissenschaft aber ist ohne diesen Glauben experimentell, utilitaristisch, funktional und letztlich binär, maschinell. Gott aber ist in seiner Barmherzigkeit mehr als das Ja und Nein, als Wahr und Falsch. Der Zerfall des Denkens ins Dualistische des Widerspruchs und das Instrumentelle der Datenverarbeitung raubt uns die Möglichkeit, das Eine zu erahnen, zu erspüren, geschweige zu denken.

Glaube begründet nicht und Grund glaubt nicht. Grund muss nicht glauben und kann nicht glauben. Grund weiß, kennt, misst, plant und experimentiert. Grund kämpft um Nützlichkeiten und um Zwecke. Und Grund will durchdringen und Durchdringen zerstört. Glaube aber ist spontan, ursprünglich und schön, und das auch grundlos. Glaube ist grundlos schön, auch schön grundlos? Glaube muss nicht begründet oder gegründet werden, von wem auch? Glaube muss auch nicht durchdrungen oder bedrungen werden. Begründete und gegründete Glauben sind schwach, kaum überstehen sie den Tag ihrer Geburt. Nichts für ewig, weil begründete Glauben schon bald Durchdrungene sind. Das Unergründliche gründet im Glauben, aber die Gründung des Unergründlichen aus der Ratio ist Durchdringen, Zerstören, Rationalisieren. Glaube aber ist erahnen, staunen, bewundern, anerkennen. Glaube ist zusehen und hinhören. Glaube ist Grund, Urgrund – aber grundlos.
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Tina 13
"Glaube ist zusehen und hinhören. Glaube ist Grund, Urgrund – aber grundlos."
Tina 13
"Gott aber ist in seiner Barmherzigkeit mehr als das Ja und Nein, als Wahr und Falsch. Der Zerfall des Denkens ins Dualistische des Widerspruchs und das Instrumentelle der Datenverarbeitung raubt uns die Möglichkeit, das Eine zu erahnen, zu erspüren, geschweige zu denken."