Absolutes entweder oder: Papa oder emeritus
DrMartinBachmaier hat am 22.5.2017 in gloria.tv einen Artikel veröffentlicht mit dem Titel: Ist ein Papa emeritus möglich? Ja! – Das Durcheinanderbringen zweier Thesen. -
Stellungnahme von P. Michael Wildfeuer:
Als Fazit der Darlegungen von DrMartinBachmaier bzgl. Papa emeritus erkenne ich Folgendes:
1. Emeritierung ist zu unterscheiden von Pensionierung. „Bei der Pensionierung tritt man in den Ruhestand, verliert alle Rechte und Pflichten, während man bei der Emeritierung sozusagen als Entlohnung, nur keine Pflichten mehr erfüllen muss, aber alle Rechte und selbstverständlich das Amt behält.“
„In Wahrheit ist aber ein emeritierter Papst alleine (These A) selbstverständlich möglich, was nur nicht möglich ist, ist These B, dass es den emeritierten Papst neben dem, d.h. zusätzlich zum regierenden Papst gibt.“
2. „Im strengen Sinn ist ein Papst ja eigentlich bereits nach seiner Wahl emeritiert. … Der Papst aber ist, sobald er gewählt ist, keinem (außer Gott) mehr verpflichtet, da er ja der Souverän ist. …. Die Papstwahl emeritiert den Gewählten….“ (Bachmaier).
Was ist dazu von Doktrin und Kirchenrecht der katholischen Kirche aus zu sagen?
Zu 1: Die Begriffe Emeritierung und Pensionierung sind vom staatlichen Recht genommen, und zwar laut Text vom deutschen Recht. Es ist zu fragen: Kann diese weltliche Rechtsbestimmung auf die Kirche mit ihrem Recht und ihrer Doktrin übertragen werden?
Dr. Bachmaier gibt dafür keinen Grund an.
Nach kirchlichem Recht und kirchlicher Doktrin gilt folgende Definition des Papstes: Can 331,§1 neuer CIC: Der Bischof der Kirche von Rom, in dem das vom Herrn einzig dem Petrus, dem Ersten der Apostel, übertragene und seinen Nachfolgern zu vermittelnde Amt (lateinisch munus!) fortdauert, ist Haupt des Bischofskollegiums, Stellvertreter Christi und Hirte der Gesamtkirche hier auf Erden; deshalb verfügt er kraft seines Amtes in der Kirche über die höchste, volle, unmittelbare und universale ordentliche Gewalt, die er immer frei ausüben kann.
Ist eine Emeritierung im Sinne Bachmaiers auf den Papst anwendbar?
a) Bachmaier entnimmt den Begriff aus dem deutschen Recht des 20./21. Jahrhunderts. Kann man dies etwa auf China oder Moldavien anwenden? Kann man es auf einen „Professor“ im 5. Jahrhundert anwenden? Und kann man weltliches Recht auf kirchliches Recht anwenden?
Die Kirche ist übernational und überzeitlich, sie richtet sich nicht nach weltlichem Recht, schon gar nicht nach einem quasi räumlich und zeitlich punktuellen.
b) Die Kirche hat ihr Recht. Wenn ein Papst sein Amt beendet will, dann gilt kirchliches Recht: can 332 §2 regelt diesen Fall: Falls der Papst auf sein Amt verzichten sollte, ist zur Gültigkeit verlangt, dass der Verzicht frei geschieht und hinreichend kundgemacht wird, nicht jedoch dass er von irgendwem angenommen wird.
Ein Verzicht auf die Pflichten unter Beibehaltung des Amtes ist danach nicht möglich. Das Amt kann nur als Ganzes angenommen oder abgegeben werden.
c) Es ist aber auch nicht nur vom Codex her nicht möglich, sondern von der Sache her nicht: Das Papstamt ist göttlichen Rechtes. Der Papst ist zwar supra canones (d. h. über den Canones), er ist nur an das göttliche Recht gebunden, aber an dieses ist er wirklich gebunden, und davon nicht dispensierbar. „Weide meine Lämmer, weide meine Schafe!“ (Joh 21,16f). So hat unser Herr zu Petrus gesprochen. Das ist göttliches Recht. Soll Petrus sagen können: Ich habe zwar die universale und volle Rechtsgewalt über die Lämmer und die Schafe, aber ich lehne es ab, meine Pflichten zu erfüllen und sie zu weiden?
d) Der Papst kann sich auch auf Grund seines Amtseides nicht von seinen Pflichten entbinden. Seit dem frühen Mittelalter haben die Päpste bei ihrer Inthronisation den Krönungseid abgelegt (jedenfalls bis Paul VI. einschl.):
“Ich gelobe, nichts an der Überlieferung, nichts an dem, was ich von meinen gottgefälligen Vorgängern bewahrt vorgefunden habe, zu schmälern, zu ändern oder darin irgendeine Neuerung zuzulassen, vielmehr mit glühender Hingabe als ihr wahrhaft treuer Schüler und Nachfolger mit meiner ganzen Kraft und Anstrengung das überlieferte Gut ehrfurchtsvoll zu bewahren; alles, was im Widerspruch zu der canonischen Ordnung auftauchen mag, zu reinigen; die heiligen Canones und Verordnungen unserer Päpste gleichwie göttliche Aufträge des Himmels zu hüten, da ich mir bewusst bin, Dir, dessen Platz ich durch göttliche Gnade einnehme, dessen Stellvertretung ich mit Deiner Unterstützung innehabe, strengste Rechenschaft über alles, was ich bekenne, im göttlichen Gericht ablegen zu müssen.
Wenn ich es unternehmen sollte, in irgendetwas nach anderem Sinn zu handeln, oder zulassen sollte, dass es unternommen wird, so wirst Du mir an jenem furchtbaren Tag des göttlichen Gerichtes nicht gnädig sein…. „
Ich frage: Kann es einen massiveren Pflichtcharakter geben?
(Der Krönungseid des Papstes entstammt dem Liber Diurnus romanorum pontificum [P. L. 105, S. 54], einer alten Text- und Gebetssammlung. Sie geht auf das 5. – 11. Jahrhundert zurück. Papst Paul VI soll der letzte Nachfolger Petri gewesen sein, der den Eid expressis Verbis abgelegt hat.)
e) Folgerung: Nach Doktrin und Recht der Kirche gibt es nur ein entweder oder: Entweder Papa oder emeritus. Aber niemals beides zugleich. Ein Papa emeritus ist eine Neueinführung, geht nicht auf die Apostel, geht nicht auf Christus zurück.
Das Petrusamt ist göttlichen Rechts. Man kann nur 100% oder 0% Papst sein. Einen 10- oder 20%igen Papst gibt es nicht.
Der Emeritus ist nicht mehr Papst und unter der vollen und universalen Gewalt des regierenden Papstes. Wenn er sich Papa emeritus nennt, ist das höchst irreführend. In diesem Sinn meine ich, muss man Johannes Paul II. Recht geben, wenn er sagt: „A pope emeritus is impossible.“
Zu 2: Nach Bachmaier kann der Terminus „emeritiert“ nicht nur im allgemeinen Sinn gebraucht werden wie in Punkt 1, sondern auch „im strengen Sinn“, d. h. der in diesem Sinn emeritierte ist ausschließlich Gott gegenüber verpflichtet.
Dass Petrus und seine Nachfolger ausschließlich Gott unterworfen sind, darin hat Bachmaier völlig Recht. Ich habe ich dies ja selbst ausdrücklich hervorgehoben: Er ist nur göttlichem Recht unterworfen. Das ist klar. Die hl. Kirche lehrt seit ihrem Bestehen, dass ihr oberster Jurisdiktionsträger nur Gott gegenüber Verantwortung ablegen muss, aber sie hat dies nie mit dem Ausdruck „emeritiert“ bezeichnet. Ein höchst verwirrender Sprachgebrauch.
Hinweis: Vergleiche dazu auch meine Predigt vom 19. Mai 2017: Joh. Paul II.: "Ein emeritierter Papst ist unmöglich."
Stellungnahme von P. Michael Wildfeuer:
Als Fazit der Darlegungen von DrMartinBachmaier bzgl. Papa emeritus erkenne ich Folgendes:
1. Emeritierung ist zu unterscheiden von Pensionierung. „Bei der Pensionierung tritt man in den Ruhestand, verliert alle Rechte und Pflichten, während man bei der Emeritierung sozusagen als Entlohnung, nur keine Pflichten mehr erfüllen muss, aber alle Rechte und selbstverständlich das Amt behält.“
„In Wahrheit ist aber ein emeritierter Papst alleine (These A) selbstverständlich möglich, was nur nicht möglich ist, ist These B, dass es den emeritierten Papst neben dem, d.h. zusätzlich zum regierenden Papst gibt.“
2. „Im strengen Sinn ist ein Papst ja eigentlich bereits nach seiner Wahl emeritiert. … Der Papst aber ist, sobald er gewählt ist, keinem (außer Gott) mehr verpflichtet, da er ja der Souverän ist. …. Die Papstwahl emeritiert den Gewählten….“ (Bachmaier).
Was ist dazu von Doktrin und Kirchenrecht der katholischen Kirche aus zu sagen?
Zu 1: Die Begriffe Emeritierung und Pensionierung sind vom staatlichen Recht genommen, und zwar laut Text vom deutschen Recht. Es ist zu fragen: Kann diese weltliche Rechtsbestimmung auf die Kirche mit ihrem Recht und ihrer Doktrin übertragen werden?
Dr. Bachmaier gibt dafür keinen Grund an.
Nach kirchlichem Recht und kirchlicher Doktrin gilt folgende Definition des Papstes: Can 331,§1 neuer CIC: Der Bischof der Kirche von Rom, in dem das vom Herrn einzig dem Petrus, dem Ersten der Apostel, übertragene und seinen Nachfolgern zu vermittelnde Amt (lateinisch munus!) fortdauert, ist Haupt des Bischofskollegiums, Stellvertreter Christi und Hirte der Gesamtkirche hier auf Erden; deshalb verfügt er kraft seines Amtes in der Kirche über die höchste, volle, unmittelbare und universale ordentliche Gewalt, die er immer frei ausüben kann.
Ist eine Emeritierung im Sinne Bachmaiers auf den Papst anwendbar?
a) Bachmaier entnimmt den Begriff aus dem deutschen Recht des 20./21. Jahrhunderts. Kann man dies etwa auf China oder Moldavien anwenden? Kann man es auf einen „Professor“ im 5. Jahrhundert anwenden? Und kann man weltliches Recht auf kirchliches Recht anwenden?
Die Kirche ist übernational und überzeitlich, sie richtet sich nicht nach weltlichem Recht, schon gar nicht nach einem quasi räumlich und zeitlich punktuellen.
b) Die Kirche hat ihr Recht. Wenn ein Papst sein Amt beendet will, dann gilt kirchliches Recht: can 332 §2 regelt diesen Fall: Falls der Papst auf sein Amt verzichten sollte, ist zur Gültigkeit verlangt, dass der Verzicht frei geschieht und hinreichend kundgemacht wird, nicht jedoch dass er von irgendwem angenommen wird.
Ein Verzicht auf die Pflichten unter Beibehaltung des Amtes ist danach nicht möglich. Das Amt kann nur als Ganzes angenommen oder abgegeben werden.
c) Es ist aber auch nicht nur vom Codex her nicht möglich, sondern von der Sache her nicht: Das Papstamt ist göttlichen Rechtes. Der Papst ist zwar supra canones (d. h. über den Canones), er ist nur an das göttliche Recht gebunden, aber an dieses ist er wirklich gebunden, und davon nicht dispensierbar. „Weide meine Lämmer, weide meine Schafe!“ (Joh 21,16f). So hat unser Herr zu Petrus gesprochen. Das ist göttliches Recht. Soll Petrus sagen können: Ich habe zwar die universale und volle Rechtsgewalt über die Lämmer und die Schafe, aber ich lehne es ab, meine Pflichten zu erfüllen und sie zu weiden?
d) Der Papst kann sich auch auf Grund seines Amtseides nicht von seinen Pflichten entbinden. Seit dem frühen Mittelalter haben die Päpste bei ihrer Inthronisation den Krönungseid abgelegt (jedenfalls bis Paul VI. einschl.):
“Ich gelobe, nichts an der Überlieferung, nichts an dem, was ich von meinen gottgefälligen Vorgängern bewahrt vorgefunden habe, zu schmälern, zu ändern oder darin irgendeine Neuerung zuzulassen, vielmehr mit glühender Hingabe als ihr wahrhaft treuer Schüler und Nachfolger mit meiner ganzen Kraft und Anstrengung das überlieferte Gut ehrfurchtsvoll zu bewahren; alles, was im Widerspruch zu der canonischen Ordnung auftauchen mag, zu reinigen; die heiligen Canones und Verordnungen unserer Päpste gleichwie göttliche Aufträge des Himmels zu hüten, da ich mir bewusst bin, Dir, dessen Platz ich durch göttliche Gnade einnehme, dessen Stellvertretung ich mit Deiner Unterstützung innehabe, strengste Rechenschaft über alles, was ich bekenne, im göttlichen Gericht ablegen zu müssen.
Wenn ich es unternehmen sollte, in irgendetwas nach anderem Sinn zu handeln, oder zulassen sollte, dass es unternommen wird, so wirst Du mir an jenem furchtbaren Tag des göttlichen Gerichtes nicht gnädig sein…. „
Ich frage: Kann es einen massiveren Pflichtcharakter geben?
(Der Krönungseid des Papstes entstammt dem Liber Diurnus romanorum pontificum [P. L. 105, S. 54], einer alten Text- und Gebetssammlung. Sie geht auf das 5. – 11. Jahrhundert zurück. Papst Paul VI soll der letzte Nachfolger Petri gewesen sein, der den Eid expressis Verbis abgelegt hat.)
e) Folgerung: Nach Doktrin und Recht der Kirche gibt es nur ein entweder oder: Entweder Papa oder emeritus. Aber niemals beides zugleich. Ein Papa emeritus ist eine Neueinführung, geht nicht auf die Apostel, geht nicht auf Christus zurück.
Das Petrusamt ist göttlichen Rechts. Man kann nur 100% oder 0% Papst sein. Einen 10- oder 20%igen Papst gibt es nicht.
Der Emeritus ist nicht mehr Papst und unter der vollen und universalen Gewalt des regierenden Papstes. Wenn er sich Papa emeritus nennt, ist das höchst irreführend. In diesem Sinn meine ich, muss man Johannes Paul II. Recht geben, wenn er sagt: „A pope emeritus is impossible.“
Zu 2: Nach Bachmaier kann der Terminus „emeritiert“ nicht nur im allgemeinen Sinn gebraucht werden wie in Punkt 1, sondern auch „im strengen Sinn“, d. h. der in diesem Sinn emeritierte ist ausschließlich Gott gegenüber verpflichtet.
Dass Petrus und seine Nachfolger ausschließlich Gott unterworfen sind, darin hat Bachmaier völlig Recht. Ich habe ich dies ja selbst ausdrücklich hervorgehoben: Er ist nur göttlichem Recht unterworfen. Das ist klar. Die hl. Kirche lehrt seit ihrem Bestehen, dass ihr oberster Jurisdiktionsträger nur Gott gegenüber Verantwortung ablegen muss, aber sie hat dies nie mit dem Ausdruck „emeritiert“ bezeichnet. Ein höchst verwirrender Sprachgebrauch.
Hinweis: Vergleiche dazu auch meine Predigt vom 19. Mai 2017: Joh. Paul II.: "Ein emeritierter Papst ist unmöglich."