Eugenia-Sarto
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Die Ordnung der Gerechtigkeit erfordert es, dass die Sünde bestraft wird.

St. Thomas schreibt:"...Darum aber, dass in den Dingen Ordnung gewahrt wird, ist die Weisheit des lenkenden Gottes offensichtlich.
Darum gehört es zur Offenbarung der göttlichen Gutheit und zur Ehre Gottes, dass
die Sünde bestraft wird. Der Sünder aber handelt in der Sünde gegen die durch göttlichen Einfluss eingerichtete Ordnung, indem er Gottes Gesetze übertritt. Also ist es angemessen, dass er wiedergutmacht in seiner Bestrafung, was er vorher gesündigt hatte: denn so wird er vollständig aus der Ungeordnetheit herausgeholt werden.
Hierdurch ist also ersichtlich, dass ein Mensch, nachdem er durch die Gnade Vergebung seiner Sünde erlangt hat und in den stand der Gnade zurückgeführt worden ist, um Gottes Gerechtigkeit willen zu einer Strafe für die begangene Sünde verpflichtet bleibt.

Wenn er nun die Strafe aus eigenem Willen von sich gefordert hat, sagt man, er leiste Gott "Genugtuung", insofern er nämlich mit Mühe und Strafe die durch göttlichen Einfluss eingerichtete Ordnung, die er durch die Sünde übertreten hatte, als er dem eigenen Willen folgte, erlangt, indem er sich für die Sünde bestraft.-
Wenn er aber diese strafe nicht von sich fordert, wird sie ihm von Gott auferlegt, weil nicht ungeordnet bleiben darf, was der göttlichen Vorsehung unterliegt. Eine solche Strafe wird man nicht Genugtuung nennen, weil sie nicht aus der Entscheidung des Sünders kam: sondern man wird sie "reinigend" nennen, weil der Mensch, wenn ein anderer straft, gleichsam gereinigt wird, bis alles, was in ihm ungeordnet war, wieder zur pflichtgemässen Ordnung zurückgeführt worden ist.
Daher sagt Paulus 1 Kor 11, 31:" Wenn wir uns selbst richten würden, würden wir wohl nicht gerichtet: wenn wir gerichtet werden, werden wir vom Herrn ergriffen, um nicht zusammen mit dieser Welt verdammt zu werden."

Es ist aber zu bedenken, dass die Abneigung gegen die Sünde, wenn der Geist sich von ihr abwendet, und sein Hingezogensein zu Gott so heftig sein können, dass keine Verpflichtung zu einer Strafe übrigbleibt.

Denn wie man folgern kann, ist die Strafe, die jemand nach der Vergebung der Sünde erleidet, dazu nötig, dass der Geist stärker am Guten hängt, wobei der Mensch durch Strafen zurechtgewiesen wird, denn strafen sind gewissermassen Heilmittel; und sie sind nötig, damit auch die Ordnung der Gerechtigkeit gewahrt wird: wer gesündigt hat, nimmt Strafe auf sich.

Die Liebe zu Gott genügt aber, um den Geist zu stärken, vor allem wenn sie heftig entflammt ist....

Quelle Thomas von Aquin, Contra gentiles.