niclaas
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Hl. Radegund (13. August, überlieferter Kalender)

Heiligenvita aus:
Alban Stolz, Legende. oder: Der christliche Sternenhimmel, Freiburg i. Br. 1867.


13. August.

Die heilige Radegund. † 578.
(Läßliche Sünde.)

Was achtet man im gewöhnlichen Leben geringer, als eine Dienstmagd? Und doch kann eine arme, einfältige Dienstmagd vor Gott und allen himmlischen Geistern sich ein Ansehen und eine Geltung verschaffen, wie kein König und Kaiser durch alle Macht und Herrlichkeit sich zu erwerben vermag, nämlich durch Heiligkeit in Gesinnung und Wandel. Ja selbst die Welt hat sich schon gezwungen gefühlt, mancher Person später große Verehrung darzubringen, die während ihrer Lebzeiten im niedersten Stande gedient hat. Derartiges wird in einer ältern Schrift also berichtet: „Im Jahr 1691 wurden die Gebeine der h. Radegund, die vorher mit einem großen Stein bedeckt waren, erhoben, zur Form der menschlichen Gestalt wieder zusammengesetzt und mit sehr schönem Schmuck, namentlich mit einem seidenen, goldgestickten Kleide von der Gräfin Fugger von Wellenburg angethan. Sodann wurde der Leib der h. Radegund herrlich geziert in feierlicher Prozession aus der Kirche zu Berkheim in ihre Kirche übergetragen, vor den Hauptaltar gestellt und den Blicken der Andächtigen ausgesetzt. Gegenwärtig waren die Herren Leonard Frey, Dekan der Kathedralkirche von Augsburg, Franziskus Ziegler, Generalvikar, Johann Augustin, Sekretär, und ein Kanonikus. Im Jahr 1703, bevor Augsburg belagert wurde, trug man den Leib der h. Radegund der Sicherheit wegen in die Stadt und gab den Patres vom Predigerorden denselben in Verwahrung. Als später die Kriegsgefahr aufgehört, wurde der h. Leib wieder anno 1705 am dritten Sonntag nach Pfingsten feierlich zurückgetragen und ehrerbietig im Grabmal ihrer Kirche beigesetzt, wo die Ueberreste der Heiligen jetzt noch besucht und andächtig verehrt werden.“

Diese Radegund war aber während ihrer Lebzeiten nur eine Stallmagd und diente als Magd bis zu ihrem seligen End. Geboren in einem Dorfe bei Augsburg, verdingte sie sich bei der Herrschaft auf dem Schloß Wellenburg. Sie war ganz zufrieden mit ihrem niedern Stand, überzeugt, daß Gott sie in denselben versetzt habe in der Voraussicht und Absicht, daß sie hier am besten ihr Seelenheil gewinnen könne. Ihre Arbeiten verrichtete sie mit vieler Freude und großer Treue ganz den Worten des Apostels Paulus gemäß im Brief an die Kolosser 3,22: „Ihr Dienstboten, gehorcht in Allem den leiblichen Herrn, nicht als Augendiener, die sich bei Menschen einschmeicheln, sondern mit aufrichtigem Herzen, aus Ehrfurcht vor dem Herrn. Ja Alles, was ihr thut, das thut mit Eifer, als wenn es dem Herrn und nicht den Menschen geschieht.“ Da Radegund alle ihre Arbeiten in der Liebe Gottes that und durch eine gute Meinung weihte und heiligte, so hatten alle ihre Verrichtungen vor Gott einen Werth, wenn sie in den Augen der Welt noch so gering waren. Verachtung, Schmähung und harte Behandlung trug sie von Herzen gern, um dadurch ihrem Heilande gleichförmiger zu werden.

Daß jedesmal auch die Nächstenliebe zu finden, wo ächte Liebe zu Gott ist, erwies sich auch bei Radegund. Nicht weit vom Schloß Wellenburg stand ein Siechenhaus, worin besonders Aussätzige untergebracht waren. Damals (vor 600 Jahren) war diese Krankheit häufig zu finden; man sieht noch solche Aussätzige häufig in Palästina. Die Aussätzigen sind ganz abscheulich entstellt, die Glieder und das Gesicht sind schief gezogen und theilweise geschwollen; ihr Aussehen hat eine Bleifarbe; manche verbreiten einen abscheulichen Gestank; die Nägel und Haare fallen aus, allmählig kommen auch Eiterbeulen und es faulen ihnen einzelne Theile des Leibes ab. Diese schreckliche Krankheit ist aber ansteckend, weßhalb schon Moses die Vorschrift gab, daß die Aussätzigen aus den Wohnorten entfernt werden und in freiem Felde abgesondert von andern Menschen leben müssen.

Zu diesen Kranken im Siechenhaus ging Radegund, so oft sie von ihrem Dienste Zeit erübrigen konnte, um jene zu pflegen; sie reinigte und verband ihre Geschwüre, sorgte aber eben so sehr für das Seelenheil dieser Unglücklichen. Die fromme Magd lehrte sie ihre Sünden erkennen, bereuen, Gott lieben und auf Jesus Christus vertrauen. Und ihre Worte mußten bei den Kranken um so mehr Eindruck machen, da diese an Radegund zugleich das schönste Vorbild einer wahren Christin sahen, die neben ihrer eigenen Dürftigkeit jeden ersparten Kreuzer wieder an diese armen Aussätzigen wandte.

Nun geschah es einmal, daß Radegund gerade wieder Speis und Trank in das Siechenhaus trug, da ihr Herr ihr entgegenkam. Sie war aber schon vorher bei ihm von andern Dienstboten angeschwärzt worden, als veruntreue sie Manches der Herrschaft und schleppe es den Armen zu. Ihr Herr faßte deßhalb Argwohn und fuhr sie an, was sie da im Korbe habe. In der augenblicklichen Angst, schwer gescholten zu werden, nahm sie, was niemals erlaubt ist, zu einer sogenannten Nothlüge ihre Zuflucht und sagte, sie habe Kamm und Seife darin, um die Kranken zu reinigen. Radegund entging auf diese Weise der Rüge oder Strafe ihres Herrn. Als sie aber einige Zeit später wieder durch den Wald ging, der zwischen dem Schloß und dem Siechenhaus lag, wurde sie von Wölfen angefallen und ganz zerbissen. Wegen ihres langen Ausbleibens wurde man unruhig und es wurden zwei Knechte ausgesandt, sie zu suchen; diese fanden die Magd halbtodt in ihrem Blute liegen. Man trug sie nach Haus, wo sie noch drei Tage lebte und dann ihren Geist aufgab. Sie wurde dann neben dem Siechenhause begraben, und weil man sie alsbald für eine Heilige ansah, über ihrem Grabe eine Kapelle erbaut.

Dieses Unglück, welches der h. Radegund begegnete, wird als Strafe angesehen für die Sünde, von welcher sie sich überraschen ließ, nämlich ihrem Herrn eine Unwahrheit zu sagen. Papst Gregor der Große spricht sich über ein ähnliches Ereigniß aus, das im 3. Buche der Könige, Kap. 13, erzählt wird. Dort heißt es von einem Propheten aus Juda, daß er sich bereden und täuschen ließ, gegen das Gebot des Herrn Brod zu essen und Wasser zu trinken in dem Lande, dessen Könige er den Fluch Gottes ankündigen mußte. Da erging das Wort des Herrn an ihn: „dein Leichnam soll nicht kommen in das Grab deiner Väter.“ Nachdem der Prophet dieses gehört und fortzog, traf ihn ein Löwe auf dem Wege und tödtete ihn, und sein Leichnam lag hingeworfen auf dem Wege und der Esel, auf welchem der Prophet geritten, stand daneben. Der Löwe hatte den Leichnam nicht gefressen und den Esel nicht zerrissen. Dazu sagt nun der h. Gregor: Die Sünde des Ungehorsams wurde durch den Tod gesühnt und vergeben. Solches ist dadurch gezeigt worden, daß derselbe Löwe, welcher den Lebenden zu tödten wagte, nicht wagte, den Getödteten weiter zu berühren. Denn, der die Erlaubniß hatte, zu tödten, bekam nicht auch die Erlaubniß, von dem Leichnam des Getödteten zu fressen, weil der, welcher im Leben schuldig war, nachdem sein Ungehorsam gestraft war, durch den Tod wieder gerecht wurde.

In ähnlicher Weise sagt der h. Johannes Cassianus: „Wir wissen, daß auch heilige Männer körperlich dem Satan oder schweren Krankheiten übergeben wurden für manche ganz leichte Vergehungen; denn die göttliche Barmherzigkeit will nicht den geringsten Flecken auf jenem Gerichtstag an ihnen finden lassen, und brennt in diesem Leben jeden Rost ihres Herzens hinweg, damit sie wie im Feuer geläutertes Gold oder Silber ohne weitere Reinigung des Fegfeuers in die selige Ewigkeit aufgenommen werden können. Dieses sehen wir auch an jenem Mann Gottes, welcher wegen der Schuld eines einmaligen Ungehorsams, der nicht aus bösem Willen, sondern aus Irrthum hervorgegangen war, von einem Löwen getödtet wurde.“

Wenn somit so heilige Personen, wie dieser Prophet, und auch Moses, und die h. Radegund wegen einer läßlichen Sünde schon schwer gestraft wurden, so muß man auch mit dem Apostel Petrus sagen: „Wenn kaum der Gerechte gerettet wird, wo wird der Sünder bleiben?“ – und mag denken, wie viel und schwer im Fegfeuer auch an den Menschen noch zu strafen sein wird, die sich zwar vor Todsünden hüten, aber es mit den läßlichen nicht genau nehmen. Denn auch eine läßliche Sünde ist vor dem unendlich heiligen Gott ein Abscheu und großes Uebel.
RupertvonSalzburg
@Viandonta
Kennt überhaupt jemand noch den Pater Damian?
Meinen Sie diesen: www.heiligenlexikon.de/BiographienD/Damian_de_Veust…
Von dem hab ich schon ein Buch gelesen über seine Missionsarbeit.
Vered Lavan
Hier gibt es auch eine Liste: www.heiligenlexikon.de/KalenderAugust/13.htm
niclaas
@stefan4711
Gute Frage – es ist der/die Heilige im Buch für den angegebenen Tag, was bisher stets gepaßt hat. In einem schweizer kath. Kalender von 1981 fand ich die Radegund am 12. August, was mir den 13. zusätzlich plausibel machte.
Über das hier angegebene Todesjahr 578 bin ich auch gestolpert, denn die beschriebene Radegund paßt eher ins 13. Jh., entsprechend dem Bezug im Text »vor 600 Jahren …Mehr
@stefan4711
Gute Frage – es ist der/die Heilige im Buch für den angegebenen Tag, was bisher stets gepaßt hat. In einem schweizer kath. Kalender von 1981 fand ich die Radegund am 12. August, was mir den 13. zusätzlich plausibel machte.

Über das hier angegebene Todesjahr 578 bin ich auch gestolpert, denn die beschriebene Radegund paßt eher ins 13. Jh., entsprechend dem Bezug im Text »vor 600 Jahren«, da ist wohl bei der Namensgleichheit eine andere Vita reingerutscht.

Ansonsten tippe ich die Tagesheiligen nur ab und verändere selbst die alte Schreibweise nicht. Dabei bemerkt man schon wie sorgfältig damals redigiert wurde – man bedenke die damaligen Möglichkeiten am Bleisatz – auch wenn hier bei der Jahreszahl mal gepatzt wurde …
RupertvonSalzburg
Radegundis von Thüringen (um 520–587), fränkische Königin (Gedenktag 13. August)