Sonia Chrisye
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Islam-Debatte: Nachhilfe für Wolfgang Schäuble

Foto: CDU CC BY-SA 3.0 de via Wikimedia Commons

Zur Islamdebatte:
Der weltweite Terror im Namen des Islam ist längst auch in Europa zu einem relativ konstanten Alltagsphänomen geworden. Jeder von uns hat - um nur einige zu nennen - die schrecklichen Bilder der Anschläge von Madrid, London, Paris, Nizza, Kopenhagen, Brüssel, Berlin und Manchester im Kopf. Anstatt nun aber die Ursachen dieser religiös inspirierten Welle von abscheulichen Gewalttaten einer tabufreien Analyse zu unterziehen und daraus entsprechende Schlussfolgerungen abzuleiten, reagieren die politisch und medial dominierenden Kräfte stets mit den gleichen substanzlosen Phrasen, stereotypen Betroffenheitsritualen und vor allem realitätswidrigen Behauptungen.

Nach dieser Litanei hat der islamische Terror und die ihm zugrunde liegende Ideologie nichts mit dem Islam zu tun. „Der Islam“, so der saudi-arabische König Salman, seines Zeichens Repräsentant eines der reaktionärsten und repressivsten Regime weltweit, wo öffentliche Enthauptungen gemäß der Scharia gang und gäbe sind, „war und ist die Religion der Gnade, der Toleranz und der friedlichen Koexistenz.“ Wolfgang Schäuble, der Pate der Deutschen Islamkonferenz, mag da nicht zurück stehen: Der Islam stehe für Gastfreundschaft und Toleranz und die Deutschen könnten von ihm viel lernen. Auch Hitler und Himmler, allerdings mit Hinweis auf die muslimische Kriegermoral und Opferbereitschaft, hatten dem deutschen Volk bereits den Islam anempfohlen.

Im Gegensatz zur medialen Standardbehauptung, wonach die gewalttätigen Dschihadisten den Islam für die Durchsetzung ihrer Machtziele gezielt missbrauchten, handelt es sich bei den islamistischen Terroristen und Selbstmordattentätern keinesfalls um Akteure, die ihre Religion strategisch bewusst verfälschen und zweckentfremden, also im Sinne eines vorsätzlichen Betrügers vorgehen. Vielmehr sehen wir hier Menschen am Werk, die subjektiv zutiefst religiös überzeugt sind und ihre Glaubensauslegung für die ‚einzig wahre‘ halten. Das objektiv Verhängnisvolle besteht darin, dass sich sehr wohl aus dem Koran und der Hadith-Sammlung* Aussagen und Vorbilder herausholen lassen, die ihr gewalttätiges Tun begründen und rechtfertigen.

Eine zutiefst autoritäre Weltanschauung mit einem absoluten Geltungsanspruch

Nach dem Kerndogma des Islam ist der Wille Allahs vermittels des Propheten Mohammed offenbart worden und liegt objektiv vergegenständlicht im Koran vor. Dabei gilt der Text des Korans als unmittelbares Gotteswort, das nach seiner Verkündung absolute, räumlich und zeitlich uneingeschränkte Gültigkeit beansprucht. Weitere objektive Quellen und Fundamente des Islam sind die gesammelten Aussagen, Anweisungen, Empfehlungen, Taten etc. des Propheten Mohammed und seiner engsten Gefährten, wie sie in den Hadithsammlungen sowie der Sira, der Prophetenbiographie, vorliegen (Sunna). Hinzu kommt das primär aus Koran und Sunna abgeleitete islamische Recht (Scharia), konkretisiert in Form von vier Rechtsschulen und einigen schiitischen Rechtsschulen.

Wenn wir nun den Islam inhaltlich in seiner orthodoxen Ursprungs- und Grundgestalt betrachten, dann erkennen wir eine zutiefst autoritäre Weltanschauung mit einem absoluten Geltungsanspruch und einem umfassenden Regelkanon, der eine vormoderne Herrschaftsordnung festlegt und den einzelnen Menschen zu absolutem Gehorsam verpflichtet. Das herausragende Statusmerkmal des Islam ist folglich dessen Auftreten als unverrückbarer Vorschriftenkatalog, der Regeln, Gebote, Verbote, Handlungsanweisungen für nahezu sämtliche Lebensbereiche bereithält, denen der muslimische Gläubige als treu ergebener Gottesknecht bedingungslos zu folgen hat.

Die alltagspraktische Befolgung des islamischen Regelkanons ist der wahre Gottesdienst und bildet den grundlegenden Kern des gesamten Islam = Hingabe an Gott. Aus diesem Grund ist auch eine Trennung von Staat, Religion, Politik, Recht und Privatsphäre grundsätzlich ausgeschlossen. Religiöse Praxis ist zugleich immer auch politische Praxis (und umgekehrt); religiöse Gemeinschaft ist zugleich immer auch politische Gemeinschaft.

Ungläubige sind „minderwertig“ und „unrein“

Dieser ausschlaggebende und dogmatisch unrevidierte Kernislam, um den es bei allen sekundären Unterschieden im Wesentlichen geht, ist durch folgende Merkmale gekennzeichnet:

Er schließt eine Gleichberechtigung zwischen Muslimen und Nichtmuslimen grundsätzlich aus und legt stattdessen eine hierarchische Rangabstufung zwischen ihnen fest.
Dabei wird der absolute Geltungsanspruch des Islam ebenso prägnant wie unmissverständlich in Sure 3, Vers 19 zum Ausdruck gebracht „Als (einzig wahre) Religion gilt bei Gott der Islam“.
Sehr klar kommt der islamische Herrschafts-, Überlegenheits- und Führungsanspruch auch in Sure 3, Vers 110 des Korans zum Ausdruck: „Ihr seid die beste Gemeinde, die für die Menschen erstand. Ihr heißet, was Rechtens ist, und ihr verbietet das Unrechte und glaubet an Allah“. Folgerichtig akzeptiert das islamische Glaubensbekenntnis keine interkulturelle Gleichberechtigung, sondern enthält die Forderung nach Unterordnung/Unterwerfung der Anders- und Nichtgläubigen.
„Ungläubige“ (Kafire) werden demgegenüber als „minderwertig“ und „unrein“ definiert und unter islamischen Vorherrschaftsverhältnissen dementsprechend behandelt. Als Feinde der islamischen Weltherrschaft und Hindernisse des umfassenden Islamisierungsstrebens sind die „Ungläubigen“ als Objekte der Bekämpfung, Tötung, Schmähung, Herabwürdigung et cetera herausragendes und übergreifendes Kernthema der islamischen Quellen. „Der Koran widmet 64 Prozent seines Texts den Ungläubigen und die Trilogie als Ganzes (Koran, Hadithsammlung und Prophetenbiographie, H.K.) beschäftigt sich mit 60 Prozent ihres Gesamttexts mit den Ungläubigen.“ (Bill Warner: Scharia für Nicht-Muslime 2013, S. 8f.).
Die Selbstformung des Einzelnen zu einem treu ergebenen Gottesknecht

Da Nichtunterwerfung und Widerstand gegen den islamischen Herrschaftsanspruch als Handlungen gegen Gott/Allah grundsätzlich ausgeschlossen sind und die Lebensordnung, ja die pure Existenz der Kafire gegen Allahs Gesetz verstößt, ist es erlaubt bzw. gemäß den islamischen Quellenaussagen sogar geboten - natürlich immer in Abhängigkeit von konkret vorliegenden Kräfteverhältnissen -, „Ungläubige“ zu töten, zu versklaven, zu berauben, zu foltern, zu betrügen, zu verspotten et cetera; kurzum: als minderwertig zu behandeln. Dabei besitzen die Kafire im islamischen Diskurs den Status von Untermenschen. So heißt es in Sure 8, Vers 5: „Siehe, schlimmer als das Vieh sind bei Allah die Ungläubigen, die nicht glauben.“ Generell sind die autoritativen Texte des Islam eine permanent sprudelnde Legitimationsquelle von muslimischen Gewalthandlungen gegen Ungläubige, Frauen, Abtrünnige, Abweichler aller Art.

Das grundlegende islamische Tätigkeitsprinzip zur letztendlichen Erringung der Weltherrschaft und zur Bezwingung der Kafire und ihrer unbotmäßigen Lebensordnung ist der Dschihad. Dabei umfasst der Dschihad als multistrategisches beziehungsweise mehrdimensional angewandtes Kampfkonzept drei wesentliche Bereiche:

1. Die Selbstformung des Einzelnen zu einem treu ergebenen Gottesknecht im Sinne der disziplinierten Einhaltung des islamischen Regelkanons.

2. Der militante Dschihad bzw. „Dschihad des Schwertes“ als Durchsetzung islamischer Herrschaft unter Einsatz von Waffengewalt. Diese Form wird im Konzept des islamischen Irrationalismus (Paradiesglaube; koranische Aufwertung der bewaffneten Kämpfer; Märtyrerkult) besonders geadelt.

3. Der „friedliche“ politische, ideologische (missionarische), ökonomische und biologische Dschihad. Dabei geht es insbesondere um die Erringung von islamischen Einflusszonen auf nichtislamischem Gebiet sowie um die Aufrechterhaltung einer höheren Geburtenrate der muslimischen Gesamtgemeinde im Vergleich zu den nichtmuslimischen Bevölkerungen.

Eine menschenrechtsfeindliche Weltanschauung

Darüber hinaus zeigt sich der prinzipiell grund- und menschenrechtswidrige Charakter des Islam in Folgendem:

Er gewährt kein Recht auf die freie individuelle Wahl einer Weltanschauung sowie kein Recht auf freie (auch religionskritische) Meinungsäußerung.
Er legt eine repressiv-patriarchalische Geschlechterbeziehung fest, in der Frauen systematisch entrechtet, unterdrückt und als moralisch defizitäre Wesen angesehen und behandelt werden.
Er negiert nicht nur das Recht auf sanktionslosen Religionswechsel und Religionsaustritt (negative Religionsfreiheit), sondern bedroht Glaubensabtrünnige mit dem Tod bzw. drakonischen Ersatzstrafen.
Er schließt homosexuelle Orientierungen als „krankhaft“ und „gesetzwidrig“ aus und droht auch hier mit massiven Strafen.
Als vormoderne patriarchalische Herrschaftsideologie verletzt der Islam das Recht auf freie Partnerwahl und befestigt normativ das archaische Konzept der „Ehre“.
Damit erweist sich der orthodoxe „Mainstreamislam“ als eine menschenrechtsfeindliche Weltanschauung und kann in dieser Form niemals Bestandteil, sondern nur destruktiver Fremdkörper einer aufgeklärten, säkular-demokratischen Verfassungs- und Gesellschaftsordnung sein. Deshalb ist es auch absolut unverantwortlich, den Islam in das ohnehin überholte deutsche Staatskirchenrecht hinein zu holen.

Die komplexe Begegnung des Islam mit der westlichen Moderne hat nicht dazu geführt, dass sich ein „liberaler“ oder „aufgeklärter“ Islam durchgesetzt hätte. Tatsächlich ist das Gegenteil der Fall: Der konservative Scharia- und Macho-Islam hat sich operativ modernisiert und radikalisiert. Das bedeutet zum Beispiel Propaganda der Muslimbruderschaft via Facebook; dschihadistische Ideologie und Bastelanleitungen für Märtyrer im Internet; Aufbau einer Atomindustrie im iranischen Gottesstaat; islamische Frauenfeindlichkeit in Bushido-Sprache (Pop-Islam) etc. Mit einem Wort: erweiterte Reproduktion einer vormodernen religiösen Herrschaftsideologie mit modernen Mitteln. Was dabei herauskommt ist klar zu erkennen: Ein neuartiger islamischer Totalitarismus, der sich weltweit auf dem Vormarsch befindet. Die vorherrschende Legende „Guter Islam, böser Islamismus“, welche die engen ideologischen Verbindungen und Anknüpfungsverhältnisse zwischen traditionellem Islam und modernem „Islamismus“ ausblendet, hat sich demgegenüber als fataler Irrtum erweisen.

*Hadith ist ein arabisches Wort für Mitteilung, Bericht, Erzählung, mündliche Überlieferung. Im Kontext des Islam bildet die Gesamtheit der Hadithe als Summe der Überlieferungen über Aussagen, Anweisungen, Warnungen, Verbote, Handlungen etc. des Propheten Mohammed, aber auch seiner engsten Gefährten, die Sunna, d.h. das wegweisende, nachzuahmende und verbindliche Verhaltensvorbild für die Muslime nicht nur in spirituellen Belangen, sondern insbesondere auch in zahlreichen weltlich-diesseitigen Tätigkeitsbezügen. Neben dem Koran fungiert die Sammlung der Hadithe als zweitwichtigste Quelle des islamischen Rechts.

Autor des Artikels :
von Hartmut Krauss.

Ausführlich zum Thema:
Hartmut Krauss: Der Islam als grund- und menschenrechtswidrige Weltanschauung. Ein analytischer Leitfaden. HINTERGRUND-Verlag, Osnabrück 2013