Labre
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ICH GLAUBE Predigtreihe über den Glauben 5. Predigt von Kaplan A. Betschart

"Der Glaube gleicht einer Blume, die wir Gott schenken."

Die Macht des Glaubens


Im Markusevangelium sagt Christus ein ganz bedeutsames Wort über den Glauben, das Gültigkeit hat bis zum Ende der Zeit:

“Alles ist dem möglich, der glaubt” (Mk 9,23).

Wenn man die Heilige Schrift liest, so scheint es tatsächlich so zu sein, dass Gott einem lebendigen, blinden, unbedingten Akt des Glaubens nicht zu widerstehen vermag und sich verpflichtet fühlt, unsere Bitten zu erhören. Das Evangelium sagt es uns auf vielen Seiten. Ehe Jesus ein Wunder wirkte, verlangte Er stets einen Glaubensakt:

“Glaubt ihr, dass ich dies vermag?” (Mt 9,28)

Und wenn der Glaube stark ist, wirkt Jesus sogleich das Wunder. Es sei erinnert an die beispielhafte, leuchtende Glaubenskraft jener Frau, die an Blutfluss litt. Der Evangelist Matthäus berichtet uns dieses Ereignis:

“Eine Frau, die seit zwölf Jahren an Blutfluss litt, trat von rückwärts hinzu und berührte den Saum Seines Kleides; denn sie sagte sich: 'Wenn ich nur Sein Kleid berühre, werde ich gesund.' Jesus wandte sich um, sah sie und sprach: 'Sei getrost, Tochter! Dein Glaube hat dir geholfen!' Und die Frau war geheilt von jener Stunde an” (Mt 9,20).

Jesus sagt nie: Meine Allmacht hat euch geheilt, hat euch gerettet, sondern euer Glaube. Er will uns so zu verstehen geben, dass der Glaube eine von ihm geforderte unerlässliche Bedingung ist, um Seine Allmacht zu unseren Gunsten einsetzen zu können.
Gott ist immer allmächtig. Aber Er will Seine Allmacht nur dem zugute kommen lassen, der fest an Ihn glaubt. Deshalb weigerte sich der Herr, in Seiner Heimatstadt Nazareth viele Wunder zu wirken wie anderswo. Christus selber sagt:

“'Ein Prophet ist nirgends so wenig geachtet wie in seiner Vaterstadt und in seinem Hause.' Und er wirkte dort nicht viele Wunder, ihres Unglaubens wegen” (Mt 13,57 f.).

Je lebendiger unser Glaube ist, um so allmächtiger setzt Gott Seine Allmacht ein. Nicht genug kann es Christus einschärfen:

“Hättet ihr nur Glauben wie ein Senfkörnlein, ihr könntet zu diesem Berge sagen: 'Hebe dich von da dorthin', und er täte es, und nichts wäre euch unmöglich” (Mt 17,20).

So wie alle Worte des Evangeliums wahr sind, so sind auch diese Worte nicht einfach ins Blaue hinein gesprochen, sondern sie sind wahr, buchstäblich wahr. Verwirklichen sie sich nicht für uns, dann nur deshalb, weil unser Glaube viel zu schwach ist. Wie vielen Schwierigkeiten begegnen wir doch im Leben, die für uns oft wahrhaft wie Berge sind! Schwierigkeiten im religiösen Leben: Sünden, die wir nicht zu überwinden vermögen; oder Probleme im täglichen Leben; Mangel an Mitteln; Arbeiten, die unsere Fähigkeiten und Kräfte übersteigen. Und wir bleiben entmutigt am Fusse dieses Berges stehen und denken, es ist unmöglich, ich bewältige dieses Problem nicht! Ein wenig Glaube würde genügen, bloss so gross wie ein Senfkörnlein, das in der Heiligen Schrift als das kleinste aller Samenkörner gilt. Dazu noch einmal ein wunderbares, wenig bekanntes Wort des Heilandes:

“Wenn ihr Glauben hättet wie ein Senfkorn gross, könntet ihr zu diesem Maulbeerbaum sagen: Nimm deine Wurzel heraus und verpflanze dich ins Meer!, und er würde euch gehorchen” (Lk 17,6).

Eine solche Macht besitzt der Glaube! Aber es muss ein lebendiger Glaube sein, ein sicherer, ein entschlossener, ein übernatürlicher Glaube, der nur auf Gott zählt und einzig in Seinem Namen jeder Schwierigkeit mutig die Stirne bietet. Könnten wir doch so glauben!

“Alles ist möglich dem, der glaubt!” (Mk 9,23).

Auf unserem Lebenswegen werden wir ernsten Schwierigkeiten begegnen. Aber sie können niemals eine Rechtfertigung dafür sein, dass wir den Mut verlieren. Mutlos werden wir nur deshalb, weil wir auf unsere Ohnmacht schauen. Meistens läuft das in unserem Inneren so ab: auf der einen Seite steht die Erinnerung an erlittene Misserfolge, auf der anderen Seite erhebt sich eine Situation, die unsere Kräfte übersteigt; beides erscheint uns wie ein unüberwindlicher Berg, bedrückend und lähmend. Doch derjenige, der wirklich an Gott glaubt, der seines Gottes gewiss ist, weiss die Mittel zu finden, um aus diesem Engpass herauszukommen. Er benützt seine Hilflosigkeit und seine Not als Sprungbrett, um sich mit einem starken und entschiedenen Glaubensakt in Gottes Arme zu werfen.
Gott lässt manchmal sehr schwierige Lebensumstände zu, für die es, menschlich gesprochen, keine Lösung zu geben scheint. Er tut dies, weil Er uns zu einer intensiven Übung der Tugend des Glaubens veranlassen will, eines Glaubens, der manchmal heroisch sein muss. Fügt also Gott uns solche Dinge zu, so sollen wir überzeugt sein, dass Er es nicht tut, weil Er uns verlassen hätte oder uns gar vernichten will, sondern einzig und allein deshalb, um uns stark und heroisch im Glauben zu machen. In solchen Situationen müssen wir uns mit ganzer Willenskraft sagen: Ich glaube an Ihn, ich glaube an Seine helfende Allmacht, ich glaube an Sein Wort.
Vielleicht zögert Er, uns zu Hilfe zu kommen, deshalb, weil wir noch nicht imstande sind, einen vollen Akt des Glaubens zu erwecken. Er fragt uns wie die beiden Blinden des Evangeliums:

“Glaubt ihr, dass Ich dies vermag?” Sie antworteten ihm: 'Ja, Herr!' Da berührte Er ihre Augen und sprach: 'Nach eurem Glauben soll euch geschehen!'” (Mt 9,28).

Vielfach vermögen wir Ihm noch nicht mit einem starken und entschiedenen “Ja” zu antworten, mit einem Ja ohne “wenn und aber”. Aber selbst dann, wenn unser Glaube stark ist, kann Gott ihn prüfen, wie Er den Glauben Abrahams auf unerhörte Weise geprüft hat oder den Glauben der kananäischen Frau. In einem solchen Fall müssen wir es so machen wie sie: nicht nachlassen, nicht aufhören zu glauben, sondern immer mehr glauben, so dass Gott sich gezwungen sieht, uns voll Bewunderung über unseren unerschütterlichen Glauben zu antworten wie jener demütigen Kananäerin:

“'O Frau, gross ist dein Glaube; es geschehe dir, wie du verlangst.' Und ihre Tochter war gesund von jener Stunde an” (Mt 15,28).

Demütig wollen wir mit jenem Vater bitten, dessen Sohn Christus geheilt hatte:

“Herr, ich glaube; hilf meinem Unglauben!” (Mk 9,24)
Eugenia-Sarto
Wenn man mehr auf die "Kleinigkeiten" im Leben achtet, bemerkt man, wie oft unsere Gebete erhört wurden, wenn wir selbst keine Kraft in einer Sache fühlten und doch der Herr alles geschenkt hat auf kleine Akte des betenden Glaubens hin.