Vatikansprecher rechnet mit baldiger Antwort von Piusbrüdern

Vatikansprecher rechnet mit baldiger Antwort von Piusbrüdern

14.09.2011
Vatikansprecher Federico Lombardi rechnet in absehbarer Zeit mit einer Antwort der traditionalistischen Piusbrüder auf die vom Vatikan vorgelegten Bedingungen für eine Versöhnung mit der schismatischen Gruppierung. Es gebe zwar kein Ultimatum, als Richtgröße könne jedoch eine Zeitspanne von "einem bis mehreren Monaten" gelten, sagte Lombardi am Mittwoch im Vatikan.

Zuvor war der Präfekt der Glaubenskongregation, Kardinal William Levada, mit dem Generaloberen der Priesterbruderschaft St. Pius X., Bernard Fellay, im Vatikan zu einem Gespräch zusammengetroffen. Die zweieinhalbstündige Begegnung fand nach Lombardis Worten in einem "herzlichen und fairen Klima" statt. Die Unterredung sei intensiv und zeitweilig lebhaft gewesen.

Bei der "Lehrmäßigen Erklärung", die der Vatikan den Piusbrüdern bei dem Treffen zur Unterzeichnung gegeben habe, handle es sich um ein Papier im Umfang von zwei bis drei Seiten. In diesem werde das Verhältnis von Tradition und Lehramt behandelt, so der Sprecher weiter. Die Unterzeichnung des Dokuments stelle die "unabdingbare Grundlage" für eine Versöhnung dar, hob der Vatikansprecher hervor.

Ausdrücklich unterstreicht das Kommunique die vom Papst seit Dezember 2005 geforderte Auslegung des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962-65) in einem Geist der Kontinuität mit der kirchlichen Tradition. Für mediale Aufregung, vorerst vor allem im französischsprachigen Raum, sorgt diesbezüglich bereits, dass eine Debatte über die theologische Auslegung einzelner Formulierungen des Konzils für zulässig erklärt wird.

Als gegenwärtig wahrscheinlichste kirchenrechtliche Lösung im Falle einer Einigung bezeichnete Lombardi die Errichtung einer Personalprälatur für Mitglieder und Anhänger der Priesterbruderschaft.

Bis wann sich die Piusbrüder entscheiden sollen, ist im Kommunique nicht vermerkt. Im Vatikan spricht man von einer mehrmonatigen "Bedenkzeit", nicht aber von einem "Ultimatum". Auf jeden Fall liege der Ball jetzt im Feld der Bruderschaft. Erst nach einer klaren und positiven Antwort werde man Gespräche über Strukturfragen führen.

Was die rund zwei Seiten lange "Präambel" zu den Lehrfragen exakt beinhaltet, ist bis dato geheim. Bereits vor 23 Jahren gab es schon einmal eine lehramtliche Erklärung: Am 5. Mai 1988 unterzeichneten Kurienkardinal Joseph Ratzinger und Erzbischof Marcel Lefebvre das Protokoll einer Einigung - das Lefebvre jedoch kurz darauf widerrief. Damals versprach er, der katholischen Kirche und dem Bischof von Rom und seinem Primat als Oberhaupt der Gesamtheit der Bischöfe "immer treu zu sein". Er erklärte seine Zustimmung zur Konzilserklärung "über das kirchliche Lehramt und die ihm geschuldete Zustimmung".

Im Dezember 2008 hatte Ratzinger, nunmehr Papst Benedikt XVI., die Rücknahme der Exkommunikation von vier durch Lefebvre geweihte Bischöfe mit der Vorgabe verbunden, offene Lehrfragen zu klären und den bestehenden Bruch zu überwinden. Nach dem Eklat um den Holocaustleugner Richard Williamson, der unter den Vieren war, fanden von Oktober 2009 bis April 2011 in Rom acht Treffen von Experten beider Seiten statt. Von den Bischöfen der Bruderschaft nahm daran nur der Spanier Alfonso de Galarreta teil. Williamson wurde nach seinen Holocaust-Äußerungen vom Oberen Fellay aller Funktionen enthoben und lebt seither zurückgezogen in England.

Über den Verlauf der Dialogrunde in Rom waren zunächst unterschiedliche Signale nach außen gedrungen. Nach der vatikanischen Präzisierung müssen sich Fellay und seine Anhänger nun festlegen, ob sie wirklich die Aussöhnung mit Rom wollen - und was sie ihren Anhängern zuzumuten bereit sind. Bemerkenswert ist jedenfalls, dass die Glaubenskongregation ihnen eine "legitime Debatte" über die Auslegung einzelner Konzilsformulierungen und späterer Aussagen des kirchlichen Lehramtes zubilligt.