Hat auch der heilige Franz von Assisi gegen ein Dogma verstoßen? Eine Totenerweckung.

Ja was ist denn da passiert! Der heilige Franz von Assisi habe gegen ein Dogma der katholischen Kirche verstoßen? Was also hat sich zugetragen? ich zitiere aus

P. DDr. Sophronius Classen OFM:
Franziskus Engel des sechsten Siegels. Sein Leben nach den Schriften des heiligen Bonaventura.
Dietrich Coelde-Verlag Werl/Westf., 1962, Seite 395 bis 396:

und bringe die erste von acht berichteten TOTENERWECKUNGEN

In dem Dorf Monte Marano bei Benevent war eine Frau, die dem heiligen Franziskus in besonderer Weise ergeben war, den Weg alles Fleisches gegangen. Als aber die Kleriker nachts zur Totenwache und zum Gesang des Totenoffiziums versammelt waren, erhob sich die Frau vor allen Augen von ihrem Lager und rief einen der Umstehenden, ihren Oheim,mit den Worten zu sich: "Ich möchte beichten, Vater. Höre meine Sünden. Nach meinem Tode wollte man mich in einen finsteren Kerker einschließen, weil ich die Sünde, die ich dir beichten will, nicht bekannt hatte. Weil aber Franziskus, den ich zeitlebens fromm verehrt habe, für mich Fürsprache einlegte, durfte ich jetzt zum Leben zurückkehren, um durch das Bekenntnis dieser Sünde das ewige Leben zu erlangen. Siehe, nachdem ich mich ihrer angeklagt habe, werde ich zur verheißenen Ruhe gelangen." Zitternd beichtete sie dem zitternden Priester. Als sie die Lossprechung empfangen hatte, streckte sie sich in Frieden auf ihrem Lager aus und entschlief selig im Herrn.

(Diese, aber auch weitere 7 Totenerweckungen sind hier wiedergegeben.)

Daraus, dass es heißt, dass sie durch das Beichten besagter Sünde das ewige Leben erlangt, können wir darauf schließen, dass der finstere Kerker ein Ort in der Hölle ist, in die sie nach dem Tode wegen einer einzigen Todsünde gelangt wäre. Nun aber lehrt uns die Dogmatik:

Die Seelen derer, die im Zustand der persönlichen schweren Sünde sterben, gehen in die Hölle ein. De fide.
(Ludwig Ott: Grundriss der Dogmatik, Herder, 10. Auflage 1981.)

Wenn die Frau also schon tot war, und das wird uns ja berichtet, hätte sie gemäß dem ersten Anschein des Dogmas wegen der einen Todsünde doch in die Hölle kommen müssen; der heilige Franz von Assisi hätte sie also nicht wieder zum Leben erwecken dürfen.

Das Nullsummenspiel funktioniert nicht

Na gut, könnte man sagen: Die Frau hat jetzt halt doch noch die Lossprechung von ihrer Todsünde erhalten und ist so halt anstatt in die Hölle in den Himmel gekommen, Franziskus aber habe gegen ein Dogma verstoßen und müsse deshalb dem Himmel ade sagen und von nun an in der Hölle schmoren. Der Thron Luzifers wäre so zum zweiten Mal vakant geworden. In der Summe aber habe sich weder die Bilanz in der Hölle noch die im Himmel geändert.

Doch funktioniert dieses Nullsummenspiel nicht, denn wer sich einmal die ewigen Seligkeit erworben hat, kann sie nie mehr verlieren. Auch das ein Dogma.

Präzisere Formulierung des Dogmas?

So rein vom Gefühl her würden wir aber eher sagen, dass es doch dem Franziskus erlaubt sein sollte, jemanden von den Toten zu erwecken, hat das Jesus doch auch getan. Und wenn er dadurch jemandem das ewige Höllendasein erspart und stattdessen das ewige Leben verleiht, dann umso besser. Also stellt sich die Frage, ob nicht das Dogma schlicht und einfach zu schlecht formuliert ist.

Wie aber hätte man es besser machen sollen? Etwa so:

1. Die Seelen derer, die im Zustand der persönlichen schweren Sünde sterben, werden entweder wieder zum Leben erweckt oder gehen in die Hölle ein.

Oder so:

2. Die Seelen derer, die den letzten Tod im Zustand der persönlichen schweren Sünde sterben, gehen in die Hölle ein.

Beide Definitionen würden die Lehre von der Wiedergeburt, die momentan die deutsche Religon, zumindest die der deutschen Akademiker ist, fördern. Auch die katholische Kirche lasse zu, dass man beliebig oft widergeboren werden kann. Die zweite Definition sei sogar für die Katz, sei für den letzten Tod definiert, den es ja gar nicht gebe. In der Tat wäre es da besser, in einem Zusatz-Dogma noch die Endlichkeit der Anzahl der Tode zu postulieren.

Die Dogmendefinition und "salus animarum suprema lex"

"Das Heil der Seelen ist das oberste Gebot", heißt dieses lateinische Prinzip. Die Dogmendefinition darf nicht zu kompliziert sein, darf nicht missverstanden werden können. Man muss sie leicht verstehen und sie sich leicht merken können. Anstatt mit der Erwähnung eines letzten Sterbens Wiedergburts-Phantasien zu erwecken, sollte es auch so klar sein, dass in diesem Dogma kein Sterben, dem eine Totenerweckung folgt, gemeint ist, sondern das endgültige Scheiden aus dem Leben, das uns zur Prüfung auferlegt ist. Dass es Totenerweckungen gibt, bezeugt uns die Heilige Schrift, und dieses Zeugnis schließt bereits aus, dass im Totenerweckungsfall obiges Dogma über das Eingehen in die Hölle bei einem Sterben vor der Totenerweckung nicht angewandt werden kann. Das sagt uns ja auch die Vernunft. Und es nahm doch bisher wirklich niemand daran Anstoß.

Warum war ich dann so penibel?

Ich möchte demnächst anhand der Visionen der A. K. Emmerick mit dem großen Irrtum aufräumen, die Gottesmutter Maria sei eine Erlösungsbedrüftige. Sie sei vorauserlöst worden, damit sie ohne Erbsünde ins Dasein treten konnte. Um das Dogma der Unbefleckten Empfängnis unter Zuhilfenahme der Visionen der A. K. Emmerich mit dem Erbsündendogma in Einklang bringen zu können, werden wir uns mit dem Begriff des "Nachkommen" auseinandersetzen müssen. Wie bei obigem Dogma über das In-die-Hölle-Eingehen könnte hier der Begriff des Nachkommen Schwierigkeiten bereiten. Im Dogma ist er ja nicht extra definiert. Der Inhalt des Dogmas selbst aber präzisiert ihn klar genug.
DrMartinBachmaier
@charlemagne: Wusste ich nicht, dass es sowas auch Bei Don Bosco gab.
charlemagne
Franziskus hat weder gegen ein Dogma verstoßen, noch muß das Dogma neu formuliert werden. Die Frau war noch nicht gerichtet! Durch eine besondere Gnade (auf Fürsprache von Franziskus) wurde sie nochmals zurückgeholt und konnte ihre Sünden bekennen.
So etwas ähnliches habe ich auch schon einmal bei Don Bosco gelesen.
Vered Lavan
Sehr interessante Darstellung. Ich kann aber leider schlecht mitreden, da mir die theologischen Hintergrundkenntnisse fehlen. Der heilige Prophet Elias (AT) hat auch Tote erweckt.