Marc Ouellet

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Marc Kardinal Ouellet PSS (2012)
Wappen von Kardinal Ouellet: Damit sie eins seien, Joh 17,22

Marc Kardinal Ouellet PSS (* 8. Juni 1944 in La Motte, Québec als Joseph Armand Marc Ouellet) ist ein kanadischer Ordensgeistlicher und emeritierter Kurienkardinal der römisch-katholischen Kirche. Von 2010 bis 2023 war er Kardinalpräfekt der Bischofskongregation.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Marc Ouellet, Sohn einer Familie mit acht Kindern, besuchte das Berthier College (1958–1959) und studierte Philosophie und Pädagogik an der Pädagogischen Hochschule in Amos (1959–1964). 1964 erwarb er den Grad des Bachelor an der Universität Laval. Von 1964 bis 1968 studierte er Katholische Theologie am Großen Seminar von Montréal und der Universität Montreal. Am 25. Mai 1968 empfing er durch Gaston Hains das Sakrament der Priesterweihe. Anschließend wirkte er zwei Jahre lang in der Gemeindeseelsorge und war Kurat in der Pfarre Saint-Sauveur in Val-d’Or.[1]

Nach einer Sprachausbildung in Spanisch lehrte er von 1970 bis 1971 Philosophie am Großen Seminar von Bogotá, Kolumbien, das von der Priestergemeinschaft von Saint-Sulpice geleitet wurde. 1972 trat er den Sulpizianern bei. In Rom absolvierte er 1974 ein philosophisches Lizenziatsstudium an der Päpstlichen Universität Heiliger Thomas von Aquin und an der Theologischen Fakultät der Universität Innsbruck.[1]

Kardinal Ouellet (rechts) mit Jorge Mario Bergoglio, dem späteren Papst Franziskus (2008)

1974 wurde er Professor am Großen Seminar von Manizales in Kolumbien, ab 1976 am Grand Séminaire de Montréal. 1978 kehrte er nach Rom zurück und wurde 1983 im Fachbereich Dogmatik an der Päpstlichen Universität Gregoriana promoviert. Nach einer Sprachausbildung in Deutsch in Passau wurde er Professor am Großen Seminar von Cali in Kolumbien. Von 1984 bis 1989 war er Rektor des Priesterseminars von Manizales in Kolumbien. 1989 wurde er Rektor an der Grand Séminaire de Montréal, und dann im Jahre 1994 Rektor des St. Joseph-Priesterseminars in Edmonton und lehrte 1996/97 am Newman Theological College in Edmonton.[1] Von 1992 bis 2002 war Marc Ouellet Großprior der Statthalterei Kanada-Quebec des Ritterordens vom Heiligen Grab zu Jerusalem.

Von 1996 bis 2002 hatte er den Lehrstuhl für Dogmatische Theologie am Päpstlichen Institut „Johannes Paul II.“ für Studien zu Ehe und Familie der Lateranuniversität in Rom inne, an der er 1997 zum Titularprofessor ernannt wurde. Von 1995 bis 2000 war er Konsultor der Kongregation für den Klerus und 1996 Konsultor des Generalkapitels der Sulpizianer.[1]

Am 3. März 2001 ernannte ihn Papst Johannes Paul II. zum Titularerzbischof von Acropolis sowie zum Sekretär des Päpstlichen Rates für die Förderung der Einheit der Christen und spendete ihm am 3. März 2001 im Petersdom die Bischofsweihe; Mitkonsekratoren waren die Kurienkardinäle Angelo Sodano und Giovanni Battista Re. Sein bischöflicher Wahlspruch ist “Ut unum sint” (Joh 17,22 EU, deutsch: „Damit sie eins seien“).[1]

Am 15. November 2002 wurde er zum Erzbischof von Québec ernannt und am 26. Januar des folgenden Jahres in das Amt eingeführt. Am 21. Oktober 2003 nahm Papst Johannes Paul II. ihn als Kardinalpriester mit der Titelkirche Santa Maria in Traspontina in das Kardinalskollegium auf. Nach dem Tod des Papstes nahm Kardinal Ouellet am Konklave 2005 teil.

Papst Benedikt XVI. berief ihn für die XII. ordentliche Generalversammlung der Bischofssynode, die vom 5. bis zum 26. Oktober 2008 in Rom tagte, zum Generalrelator. Am 30. Juni 2010 berief ihn Benedikt XVI. zum Kardinalpräfekten der Kongregation für die Bischöfe und zum Präsidenten der Päpstlichen Kommission für Lateinamerika.[2] Papst Franziskus bestätigte Ouellet im Zuge einer ersten Neuordnung der Kurie nach seiner Wahl zum Papst am 16. Dezember 2013 als Kardinalpräfekt der Bischofskongregation.[3]

Am 13. April 2012 leitete er als Sondergesandter des Papstes den Eröffnungsgottesdienst zur Heilig-Rock-Wallfahrt in Trier.

Kardinal Ouellet wurde vor dem Konklave 2013 in der Presse als papabile gehandelt, da er durch seine nordamerikanische Herkunft und die frühere Tätigkeit in Südamerika die Stimmen der amerikanischen Kardinäle auf sich hätte ziehen können.[4] Papst Franziskus erhob ihn mit Wirkung vom 28. Juni 2018 unter Beibehaltung seiner Titelkirche zum Kardinalbischof.[5]

Am 30. Januar 2023 nahm Papst Franziskus das von Marc Ouellet aus Altersgründen vorgebrachte Rücktrittsgesuch von den Ämtern des Präfekten des Dikasteriums für die Bischöfe und des Präsidenten der Päpstlichen Kommission für Lateinamerika an. Bis zum Amtsantritt seines Nachfolgers Robert F. Prevost OSA am 12. April 2023 führte er die Amtsgeschäfte fort.[6]

Wirken[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Marc Ouellet gilt als Intellektueller und Kosmopolit und in theologischen Fragen als konservativ. Er hat sich gegen Abtreibung und gegen die gleichgeschlechtliche Ehe ausgesprochen.[7] Im November 2021 sprach sich Kardinal Ouellet gegen die Zulassung von Frauen zur Priesterweihe aus, forderte allerdings auch, „Frauen in der Kirche Raum und Möglichkeiten zu geben und auf sie zu hören“.[8]

Im November 2022 äußerte sich Kardinal Ouellet kritisch über den Synodalen Weg in Deutschland, also an den Reformbestrebungen zur Aufarbeitung sexuellen Missbrauchs innerhalb der römisch-katholischen Kirche in Deutschland. Die Reformdebatte verletze die Gemeinschaft der Kirche und säe „Zweifel und Verwirrung unter dem Volk Gottes“. Er hatte die deutschen Bischöfe aufgefordert, den Synodalen Weg vorläufig auszusetzen.[9]

Ouellet steht der katholischen Zeitschrift Communio (Internationale Katholische Zeitschrift Communio; erscheint in etwa 17 Sprachen) nahe und bevorzugt die Theologie von Hans Urs von Balthasar (1905–1988).[10]

Ouellet spricht neben Französisch und Englisch auch fließend Italienisch, Deutsch, Portugiesisch, Spanisch und versteht Latein und Hebräisch.[11]

Rechtsstreite und Verurteilung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ouellet wurde durch ein Zivilgericht in Lorient, Frankreich, in erster Instanz verurteilt. Laut Urteil soll er Schadensersatz in sechsstelliger Höhe an die ehemalige Ordensfrau Sabine Baudin de la Valette (57), zahlen. Sie sei nach 34 Jahren und ohne Angabe von Gründen durch Ouellets Entscheidungen aus dem Orden entlassen, grundlegend verleumdet und geschädigt worden. Vorangegangen war Ouellets Entscheidung im Jahr 2021 und neue Vorwürfe gegen ihn im eigenen Verleumdungsprozess. Die verhängten Schadenersatzzahlungen gegen die Beklagten und den Orden belaufen sich etwa 300.000 Euro. Valette, mit Ordensname ist Mutter Marie Ferreol, hatte gegen den Kardinal und zwei Visitatoren sowie gegen ihre Gemeinschaft geklagt, auch wegen deren Vorwurf von Manipulation und geistlichen Missbräuchen gegen sie. Sie machte geltend, persönlich in 2011 „schwerwiegende Missbräuche und Tatbestände“ innerhalb der Gemeinschaft angeprangert zu haben. Die Verurteilten und die Ordensgemeinschaft der Dominikanerinnen vom Heiligen Geist kündigten Berufung an.[12][13]

Der Orden führt in Frankreich mehrere Schulen. Dort wurden auch ausgebildet Marion Maréchal, die Enkelin von Jean-Marie Le Pen und Nichte von Marine Le Pen, die bereits französische Parlamentsabgeordnete war und seit 2022 stellvertretende Vorsitzende der Rechtspartei Reconquête des Journalisten und Buchautors Éric Zemmour ist.[14]

Seit August 2022 ist Ouellet von einer Missbrauchs-Sammelklage gegen das Erzbistum Quebec betroffen.[15][16]

Mitgliedschaften[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Marc Kardinal Ouellet ist Mitglied folgender Dikasterien der römischen Kurie:

Schriften[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • L’existence comme mission. L’anthropologie théologique de Hans Urs von Balthasar. Rom, Pontificia Universitas Gregoriana, Diss. 1983.
  • Divina somiglianza: antropologia trinitaria della famiglia. Rom, Pontificia Università Lateranense, 2004, ISBN 978-88-465-0450-0.
  • Charismen. Eine Herausforderung. Johannes, Einsiedeln 2011, ISBN 978-3-89411-414-5.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Marc Ouellet – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b c d e Biography of Cardinal Marc Ouellet PSS (Memento vom 15. April 2012 im Internet Archive), abgerufen am 21. Februar 2013 (englisch)
  2. Rinuncia del Prefetto della Congregazione per i Vescovi e Presidente della Pontificia Commissione per l’America Latina e nomina del successore. In: Tägliches Bulletin. Presseamt des Heiligen Stuhls, 30. Juni 2010, abgerufen am 7. Januar 2023 (italienisch).
  3. Conferma del Prefetto della Congregazione per i Vescovi e nomine e conferme di membri e consultori nel medesimo dicastero. In: Tägliches Bulletin. Presseamt des Heiligen Stuhls, 16. Dezember 2013, abgerufen am 7. Januar 2023 (italienisch).
  4. Fiona Ehlers, Jens Glüsing, Frank Hornig, Matthias Matussek, Conny Neumann, Alexander Smoltczyk und Peter Wensierski: Römische Zeitenwende. Der Spiegel, 17. Februar 2013, abgerufen am 7. Januar 2023.
  5. RESCRIPTUM EX AUDIENTIA SS.MI: Rescritto del Santo Padre Francesco con cui ha deciso di cooptare nell’Ordine dei Vescovi, equiparandoli in tutto ai Cardinali insigniti del titolo di una Chiesa suburbicaria, i Cardinali Parolin, Sandri, Ouellet e Filoni. In: Tägliches Bulletin. Presseamt des Heiligen Stuhls, 26. Juni 2018, abgerufen am 28. Juni 2018 (italienisch).
  6. Rinuncia del Prefetto del Dicastero per i Vescovi e Presidente della Pontificia Commissione per l’America Latina e Nomina del successore. In: Tägliches Bulletin. Presseamt des Heiligen Stuhls, 30. Januar 2023, abgerufen am 30. Januar 2023 (italienisch).
  7. Möglicher Papst-Nachfolger: Hardliner Marc Ouellet. Salzburger Nachrichten, 13. Februar 2013, abgerufen am 7. Januar 2023.
  8. Kardinal Ouellet schließt Weihe von Frauen aus. Vatican News, 30. November 2021, abgerufen am 31. Dezember 2021.
  9. Katholische Kirche: "Zweifel und Verwirrung unter dem Volk Gottes". Süddeutsche Zeitung (Artikel über msn.com abgerufen), 25. November 2022, abgerufen am 26. November 2022.
  10. John L. Allen Jr.: Who Will Be the Next Pope? National Catholic Reporter, 2005, abgerufen am 7. Januar 2023.
  11. John L. Allen Jr.: Papabile of the Day: The Men Who Could Be Pope. National Catholic Reporter, 20. Februar 2013, abgerufen am 7. Januar 2023 (englisch).
  12. Wegen Entlassung: Ordensfrau gewinnt vor Gericht gegen Kardinal Ouellet. Kirche und Leben, 4. April 2024, abgerufen am 14. April 2024.
  13. Kardinal Ouellet ist zivilgerichtlich verurteilt worden. Domradio, 11. April 2024, abgerufen am 14. April 2024.
  14. Die "Normalisierung" der Dominikanerinnen von Pontcallec. Katholisches, 17. Juli 2023, abgerufen am 14. April 2024.
  15. Neue Vorwürfe gegen Kardinal Ouellet im eigenen Verleumdungsprozess. katholisch.de, 14. Juni 2023, abgerufen am 14. April 2024.
  16. Neue Zivilklage gegen Kardinal Ouellet in Frankreich eingereicht. katholisch.de, 8. August 2023, abgerufen am 14. April 2024.
  17. Nomina di Membri del Consiglio di Cardinali e Vescovi della Sezione per i Rapporti con gli Stati della Segreteria di Stato,. In: Tägliches Bulletin. Presseamt des Heiligen Stuhls, 29. Januar 2011, abgerufen am 7. Januar 2023 (italienisch).
  18. Nomina di Membri della Congregazione per la Dottrina della Fede. In: Tägliches Bulletin. Presseamt des Heiligen Stuhls, 16. Oktober 2010, abgerufen am 8. Januar 2023 (italienisch).
  19. Nomina di Membri dei Dicasteri della Curia Romana. In: Tägliches Bulletin. Presseamt des Heiligen Stuhls, 24. November 2003, abgerufen am 8. Januar 2023 (italienisch).
  20. Nomina di membro della Congregazione per l’Educazione Cattolica. In: Tägliches Bulletin. Presseamt des Heiligen Stuhls, 24. Mai 2007, abgerufen am 8. Januar 2023 (italienisch).
  21. Nomina di Membri del Dicastero per la Cultura e l’Educazione. In: Tägliches Bulletin. Presseamt des Heiligen Stuhls, 18. Februar 2023, abgerufen am 18. Februar 2023 (italienisch).
  22. Nomina di Membri della Congregazione per il Clero. In: Tägliches Bulletin. Presseamt des Heiligen Stuhls, 6. Mai 2008, abgerufen am 8. Januar 2023 (italienisch).
  23. Nomina di Membri e conferme nella Congregazione per il Clero. In: Tägliches Bulletin. Presseamt des Heiligen Stuhls, 9. Juni 2014, abgerufen am 10. Juni 2014 (italienisch).
  24. Conferma del Prefetto della Congregazione per gli Istituti di vita consacrata e le Società di vita apostolica e Nomine e Conferme dei Membri nel medesimo Dicastero. In: Tägliches Bulletin. Presseamt des Heiligen Stuhls, 29. März 2014, abgerufen am 8. Januar 2023 (italienisch).
  25. Nomina di Membri del Pontificio Consiglio per la Promozione della Nuova Evangelizzazione. In: Tägliches Bulletin. Presseamt des Heiligen Stuhls, 5. Januar 2011, abgerufen am 8. Januar 2023 (italienisch).
  26. Nomina di Membro del Pontificio Consiglio per Testi Legislativi. In: Tägliches Bulletin. Presseamt des Heiligen Stuhls, 6. April 2011, abgerufen am 8. Januar 2023 (italienisch).
  27. Nomine nella Pontificia Commissione per l’America Latina. In: Tägliches Bulletin. Presseamt des Heiligen Stuhls, 8. Oktober 2009, abgerufen am 8. Januar 2023 (italienisch).
VorgängerAmtNachfolger
Louis-Albert Vachon Großprior der Statthalterei Kanada-Quebec des Ritterordens vom Heiligen Grab zu Jerusalem
1992–2002
Maurice Couture
Maurice CoutureErzbischof von Québec
2002–2010
Gérald Cyprien Kardinal Lacroix ISPX
Giovanni Battista Kardinal RePräfekt der Kongregation für die Bischöfe
2010–2023
Robert F. Kardinal Prevost OSA