Traktor auf trockenem Feld
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Hitzesommer

Extrem ist das neue Normal

Eine der deutlichsten Auswirkungen der Klimakrise ist die stetige Erwärmung. In Österreich, Deutschland und der Schweiz sind die Sommer in allen Regionen und Höhenlagen heißer geworden, zeigen Auswertungen der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG), des Deutschen Wetterdiensts (DWD) und des Bundesamts für Meteorologie und Klimatologie (MeteoSchweiz). Was früher ein extrem heißer Sommer war, liegt heute im Durchschnitt.

Selbst die kühlsten Sommer der vergangenen 25 Jahre blieben meist deutlich über dem langjährigen Durchschnitt vor 1990. In den vergangenen vier Jahrzehnten zeichnet sich ein Trend zunehmender Hitzeextreme ab. Die jüngste Vergangenheit brachte in Deutschland, der Schweiz und Österreich fast durchwegs Sommer im Rekordbereich. Die drei heißesten Sommer der Messgeschichte waren alle in den 2000er und 2010er Jahren: in der Schweiz und in Österreich 2003, 2015, 2019, in Deutschland 2003, 2018 und 2019. Für die Gesundheit besonders relevant sind die häufigeren und längeren Hitzewellen sowie die geringere Abkühlung in den Nächten.

Die Sommer sind bereits seit den 1990ern deutlich wärmer geworden. Dabei fällt ein drastisches Phänomen auf: Die Temperatur der extremsten Sommer vor dem Jahr 1990 wurde in den letzten 30 Jahren zum Sommerdurchschnitt. Was früher ein extrem heißer Sommer war, ist heute ein durchschnittlicher Sommer. In Österreich war beispielsweise der Sommer 2014 ein für das aktuelle Klima durchschnittlicher Sommer. Vor 1990 wäre er einer der 15 wärmsten Sommer der Messgeschichte gewesen.

Tabelle zeigt die wärmsten Sommer des Messgeschichte
Grafik: ORF.at/Quelle: ZAMG

Diese Entwicklung setzt sich mit sehr großer Wahrscheinlichkeit in den nächsten Jahrzehnten fort. Bei weltweit unverändertem Ausstoß von Treibhausgasen werden Sommer, die heute extrem heiß sind, Ende des Jahrhunderts der Normalfall sein. Einzelne Hitzesommer werden dann noch extremer sein als heute.

Heiße Tage häufiger – auch in höheren Lagen

Ein Indikator für die Zunahme von Hitze ist die Zahl der Tage mit mindestens 30 Grad Celsius („heiße Tage“ oder „Hitzetage“). Die Zahl der Hitzetage ist in Deutschland, Österreich und der Schweiz in den vergangenen Jahrzehnten stark gestiegen und hat sich zum Beispiel in Berlin und Wien in etwa verdoppelt. Selbst in Lagen oberhalb von 1.000 Meter Seehöhe wurden Temperaturen über 30 Grad Celsius häufiger.

Grafik zeigt die Entwicklung der heißen Tage
Grafik: ORF.at/Quelle: ZAMG

In Österreich registrierte die ZAMG im Tiroler Seefeld auf rund 1.200 Meter Seehöhe im Zeitraum 1961 bis 1990 nur in fünf Jahren Höchsttemperaturen mit mindestens 30 Grad Celsius (durchschnittlich 0,3 Hitzetage pro Jahr). Im Zeitraum 1990 bis 2019 gab es in Seefeld in 13 Jahren zumindest einen Hitzetag (durchschnittlich 0,6 pro Jahr). Eine ähnliche Zunahme lässt sich auch in Deutschland und der Schweiz beobachten.

In den nächsten Jahrzehnten ist bei einem weltweit unveränderten Ausstoß von Treibhausgasen („ungünstigstes“ Szenario, RCP 8.5) eine weitere deutliche Zunahme der Hitzetage zu erwarten. Bei Einhaltung der Pariser Klimaziele (RCP 2.6) könnte sich die Entwicklung der Hitzetage in den nächsten Jahrzehnten auf dem aktuell hohen Niveau stabilisieren.

Grafik zeigt die mögliche Entwicklung der heißen Tage
Grafik: ORF.at/Quelle: ZAMG

Längere Hitzewellen

Hitzewellen sind in Deutschland, Österreich und der Schweiz in den vergangenen Jahrzehnten ebenfalls häufiger und länger geworden. Sie lassen sich unterschiedlich definieren. Eine Möglichkeit, um sehr extreme und lange Hitzewellen zu analysieren, ist folgende Definition: eine Serie von mindestens 14 Tagen, an denen der Durchschnitt der täglichen Höchsttemperatur mindestens 30 Grad Celsius beträgt.

Nach dieser Definition waren markante lange Hitzewellen in Deutschland, der Schweiz und Österreich vor dem Jahr 1990 relativ selten. In den vergangenen Jahren wurden sie häufiger und kommen in vielen Städten mittlerweile ungefähr alle zwei bis vier Jahre vor, zum Beispiel in Wien, Klagenfurt, Innsbruck, Genf, Lugano, Basel, München und Berlin.

Hitzewellen haben besonders in Städten eine große Auswirkung auf die Gesundheit der Bevölkerung. Eine Ursache dafür ist auch, dass es in den Nächten weniger abkühlt als auf dem Land und daher zum Beispiel die Belastung für das Herz-Kreislaufsystem sehr hoch ist. Die Zahl der Tropennächte (Tiefstwert nicht unter 20 Grad Celsius) hat stark zugenommen, auch dieser Trend dürfte sich fortsetzen.

Dürren nehmen zu, Flüsse werden wärmer

Bei der Entstehung von Dürreperioden spielt neben dem Niederschlag auch die Temperatur eine große Rolle. Je wärmer es ist, desto mehr Feuchtigkeit verdunstet aus dem Boden. Außerdem verlängern höhere Temperaturen die Vegetationszeit und somit die Zeit, in der Pflanzen dem Boden Wasser entnehmen.

Untersuchungen für Deutschland zeigen eine Abnahme der Bodenfeuchtigkeit im Frühling und im Sommer. In Österreich hat sich die klimatische Wasserbilanz im Sommerhalbjahr besonders im Osten und Norden des Landes zu trockeneren Verhältnissen verschoben. In der Schweiz zeigen Messungen in Bern, dass die vergangenen Jahre während der Vegetationsperiode allesamt trockener waren als im langjährigen Durchschnitt. Das ist einzigartig in dieser Messreihe seit 1864.

Parsterzen Gletscher im Moelltal am Grossglockner
APA/Barbara Gindl
Die Erderwärmung setzt den Gletschern zu – in Österreich haben sie seit 1850 60 Prozent ihrer Fläche verloren

Durch die Erwärmung steigt die Gefahr von Wald- und Flurbränden. Spürbar ist sie auch im Gebirge: Österreichs Gletscher etwa haben seit dem letzten Maximalstand der Alpen-Gletscher im Jahr 1850 (letzter Höhepunkt der „kleinen Eiszeit“) knapp 60 Prozent an Fläche verloren. Seen und Flüsse werden ebenfalls wärmer, die Zusammensetzung der darin lebenden Tiere und Pflanzen ändert sich. Eine Studie der ZAMG für zwölf Seen in Österreich zeigt, dass die Wassertemperaturen seit 1880 gestiegen sind, am stärksten seit den 1980ern im Frühling und im Sommer.

Zusammenarbeit über Staatsgrenzen hinweg nötig

„Deutschland, die Schweiz und Österreich stehen im Bereich Klimawandel vor ähnlichen Herausforderungen, daher arbeiten der Deutsche Wetterdienst, MeteoSchweiz und die Zentralanstalt für Meteorologie in vielen Bereichen eng zusammen“, sagte ZAMG-Direktor Michael Staudinger.

„In den Sommern sind vor allem die zunehmende Hitzebelastung, Dürre, Starkregen und Waldbrandgefahr ein Thema sowie die Gletscherschmelze und das Tauen des Permafrosts in den Alpen. Die Ursachen und Auswirkungen des Klimawandels können wir nur effektiv bekämpfen, wenn wir über die Grenzen von Staaten und Fachgebieten hinweg zusammenarbeiten“, so Staudinger.