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Betriebsärzte impfen gegen Corona: Kann mein Chef den Piks verlangen?


Betriebsärzte impfen gegen Corona
Kann mein Chef den Piks verlangen?


Aktualisiert am 05.06.2021Lesedauer: 3 Min.
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Der Gesprächspartner muss auf jede unserer Fragen antworten. Anschließend bekommt er seine Antworten vorgelegt und kann sie autorisieren.

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Corona-Impfung im Betrieb: Ab Montag wird es möglich.Vergrößern des Bildes
Corona-Impfung im Betrieb: Ab Montag wird es möglich. (Quelle: picture alliance/dpa | Swen Pförtner)

Am Montag startet eine neue Phase in der deutschen Impfkampagne: Die Impfpriorisierung wird aufgehoben und auch die Betriebsärzte setzen dann die Anti-Corona-Spritze. Was arbeitsrechtlich dabei zu beachten ist, erklären zwei Expertinnen.

6.000 Betriebsärzte haben Impfstoff gegen das Coronavirus für ihre Firmen geordert. Ob er wirklich überall ankommt, ist noch ungewiss. Aber generell gilt: Auch in Unternehmen kann ab Montag der schützende Piks verabreicht werden. Was bedeutet das für Impfwillige und Impfverweigerer? t-online fragte Nathalie Oberthür aus Köln und Claudia Frank aus Berlin. Die beiden Arbeitsrechtlerinnen klären die wichtigsten Fragen und zeigen die Widersprüche in der Rechtslage auf.

t-online: Darf mein Chef mich fragen, ob ich geimpft bin?

Claudia Frank: Dazu gibt es bislang keine Rechtsprechung. Die Frage ist aber sicherlich erlaubt und Sie müssen sie auch wahrheitsgemäß beantworten, denn es geht um den Gesundheitsschutz von anderen. Möglicherweise werden Arbeitnehmer, die nicht geimpft sind, länger im Homeoffice eingesetzt, bis die anderen Arbeitnehmer den vollen Impfschutz erlangt haben.

Darf er eine Impfung verlangen?

Nathalie Oberthür: Nein, auch hier gilt: Solange es keine Impfpflicht gibt, kann der Chef die Corona-Impfung nicht verlangen. Er kann jedoch Anreize setzen. Zum Beispiel kann er am Impftag einen halben oder ganzen Arbeitstag freigeben. Oder Erleichterungen für Geimpfte im Betrieb schaffen, etwa dahingehend, dass diese keine Maske mehr tragen müssen.

Claudia Frank: Es gibt allerdings die arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchung, diese kann gefordert werden und es gibt eine Eignungsuntersuchung. Inwieweit daraus eine Verpflichtung erwächst, den Impfpass zu zeigen, kann mit Sicherheit noch nicht beantwortet werden.

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Kann ich ohne Impfung abgemahnt oder gar gekündigt werden?

Nathalie Oberthür: Nein. Der Chef kann sich aber vorbehalten, Nicht-Geimpfte auf anderen Arbeitsplätzen einzusetzen, zum Beispiel nicht am Empfang oder Krankenschwestern auf anderen Stationen mit geringerem Ansteckungsrisiko. Das könnte durch Ausübung des Direktionsrechts erfolgen.

Claudia Frank: Eine kurzfristige Versetzung ist wohl möglich, sofern diese angemessen und zumutbar ist. Bei einer Weigerung oder wenn kein anderer gleichwertiger Arbeitsplatz vorhanden ist, kann der Arbeitgeber auch eine Änderungskündigung aussprechen. Das muss allerdings wohlüberlegt sein.

Nathalie Oberthür: Allenfalls in extremen Ausnahmefällen könnte der Chef auch eine personenbedingte Kündigung aussprechen, wenn ein Mitarbeiter ohne Impfung auf dem ursprünglichen Arbeitsplatz nicht mehr eingesetzt werden kann, ohne für andere eine Gefährdung darzustellen, die anders nicht beseitigt werden kann.

Können bestimmte Bereiche innerhalb eines Betriebes für Nicht-Geimpfte gesperrt werden, zum Beispiel der Aufzug oder die Kantine?

Claudia Frank: Das hängt davon ab, wie viele Menschen im Betrieb bereits geimpft sind. Haben schon acht von zehn die Spritze bekommen, haben Sie eine Art Herdenimmunität im Betrieb. Dann sind diese Maßnahmen wahrscheinlich nicht durchsetzbar. Aber prinzipiell kann der Chef aus Gründen des Gesundheitsschutzes bestimmte Bereiche sperren. Oder er schafft innerhalb der Kantine Areale, in denen eine bestimmte Personenanzahl mit entsprechenden Abständen sitzen kann. Ich empfehle in diesem Punkt, sich mit dem Betriebsrat zu verständigen.

Kann ich als geimpfte Kollegin beanspruchen, nicht mehr neben einer ungeimpften Kollegin zu sitzen?

Claudia Frank: Das müssten Sie gut begründen. Eigentlich können Sie sich ja nicht mehr anstecken. Doch ein Restrisiko bleibt. Wenn die Kollegin offen bekundet, dass sie jedes Wochenende auf Party verbringt, sich aber "natürlich" nicht impfen lässt, dann muss der Arbeitgeber zu Ihrem Schutz eine Trennung vornehmen. Der Chef könnte durchaus Bereiche schaffen, in denen Geimpfte zusammengesetzt werden.

Darf der Chef Schwurblern oder Verschwörungsideologen kündigen?

Claudia Frank: Sie können wegen Störung des Betriebsfriedens abgemahnt werden. Der Chef kann klarstellen: Eure persönliche Meinung könnt ihr nach Feierabend unter Freunden oder auf Facebook verbreiten, aber nicht im Betrieb.

Muss ich für die Impfung Urlaub nehmen?

Claudia Frank: Nein, das fällt unter die Regelung eines Arzttermins zum Gesundheitsschutz. Aber Sie müssen es natürlich anmelden und Bescheid sagen.

Muss ich Urlaub nehmen, wenn ich meine Eltern zum Beispiel zur Impfung begleite?

Claudia Frank: Auch dann nicht. Hier greift möglicherweise das Pflegegesetz, nachdem Sie kurzfristig bei Ihren pflegebedürftigen Verwandten einspringen müssen. Dies gilt jedoch nur, wenn die Eltern keinen Krankentransport erhalten oder plötzlich so erkranken, dass Sie so schnell eine Hilfe nicht organisieren können. Sind die Eltern schon länger pflegebedürftig, dann hat man sicherlich eine Pflegerin oder eine Sozialstation. Die Hausärzte dürfen ja auch impfen.

Transparenzhinweis
  • Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
Verwendete Quellen
  • Interviews mit Nathalie Oberthür und Claudia Frank vom 1. Juni 2021
  • Eigene Recherche
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