Anzeige
Sämtliche Inhalte dieser Seite sind ein Angebot des Anzeigenpartners. Für den Inhalt ist der Anzeigenpartner verantwortlich.
Interview: Die Zukunft des Bezahlens

Tanja FutureMe – Wie werden wir im Jahr 2040 bezahlen?

Gibt es in 20 Jahren überhaupt noch Bargeld? Haben die Kassen in den Supermärkten bald ausgedient? Wie können neue Bezahlverfahren bei den Verbrauchern punkten? Und was bitte ist ein digitaler Handshake? Über diese und andere spannende Fragen rund um die Zukunft des Bezahlens haben wir mit Tanja Schindler aus Berlin gesprochen. Sie ist Futuristin und beschäftigt sich jeden Tag mit dem Thema Zukunft.

EuroKartenSysteme

Womit beschäftigst du dich in deinem Beruf als Futuristin?

Mein Beruf als Futuristin hat mit dem berühmten Blick in die Glaskugel nichts zu tun. Viel eher kann man den Prozess als Kartographie beschreiben, bei dem eine Vielzahl von Menschen mögliche Pfade alternativer Zukünfte erkunden, um daraus Handlungsempfehlungen abzuleiten. Alternative Zukünfte deshalb, da das Kommende bekanntlich noch nicht feststeht. Foresight oder die Denkweise des Futures Thinking beschreibt vielmehr ein Gedankenexperiment, bei dem wir unser Gehirn trainieren, mit der Unsicherheit und Komplexität der Zukunft umzugehen. Dabei definieren wir einen Weg, den wir aktiv in der Gegenwart gestalten wollen, ohne dabei alternative Entwicklungsmöglichkeiten zu vernachlässigen.

Wie können solche Gedankenexperimente mit Blick auf die Zukunft des Bezahlens im Jahr 2040 aussehen?

In diesem Zusammenhang ist es wichtig, dass wir von Zukunftsbildern sprechen. Trends sind Momentaufnahmen in der Gegenwart und haben nur bedingt eine Aussagekraft über die Zukunft. Zudem priorisieren sie oft die reine Technologie, da diese den Naturgesetzen folgt. Als Futuristen versuchen wir in Bildern auch die soziale Komponente mitzudenken, um die Zukunft umfassender zu erkunden und den komplexen Faktor Mensch zu berücksichtigen.

Ein Zukunftsbild geht sicherlich in die Richtung eines deutlich schnelleren Bezahlvorgangs. Bereits heute wird an der Supermarktkasse der gravierende Unterschied zwischen kontaktlosem Bezahlen ohne Eingabe der PIN auf der einen und der Kleingeldzählerei auf der anderen Seite spürbar. Niemand wartet gerne an der Kasse. Das heißt, dass Methoden, die diese Zeit merklich verkürzen, zukünftig mit Sicherheit eine hohe Akzeptanz haben werden. In diese Richtung wird auch viel diskutiert, dass die bisherige Hardware durch einen digitalen Handshake mit Mode-Accessoires wie Ringe, oder sogar Chips unter der Haut, ersetzt werden und biometrische Daten eine deutlich prominentere Rolle spielen könnten. Wir müssen hierbei nur überlegen, ob wir dies als Gesellschaft auch sowollen.

Ein weiteres spannendes Zukunftsbild sehe ich beim Thema Gamification, wenn man zum Beispiel Vorteile, Rabatte oder Micropayments für Daten erhält, die man teilt. In diesem Bild wird eine ganz neue Art des Bezahlens salonfähig, bei der meine Daten zur Währung werden. Ein transparenter Prozess, bei dem ich mir genau bewusst bin, was ich an Informationen hergebe. Denn eigentlich bezahlen wir bereits heute in vielen vermeintlich kostenlosen Social-Media-Netzwerken unbewusst mit unseren Daten, haben dabei aktuell jedoch nur eine eingeschränkte Kontrolle.

Lassen sich auch Zukunftsbilder skizzieren, bei denen sich aktuelle Entwicklungen, etwa die zunehmende Digitalisierung des Zahlungsverkehrs, umkehren? Und was können wir aus solchen Bildern ableiten?

Ein drittes interessantes Bild konträr zur fortschreitenden Digitalisierung stellt die Frage danach, was wäre, wenn Stromausfälle und Hackerangriffe alles so unsicher machen würden, dass Bargeld wieder massiv an Bedeutung gewinnt oder wir sogar zurück zum Tauschhandel gehen. Genau solche Bilder helfen uns wiederum in der Gegenwart, zu erkennen, was wir aktiv tun müssen, um diese zu beeinflussen. Und auf welche Szenarien wir uns vorbereiten müssen, damit wir entsprechend abgesichert sind und digital weiterbezahlen können oder eben alternative Lösungen parat haben.

Werden wir in 20 Jahren noch mit Bargeld bezahlen? Verschiedene Umfragen deuten zumindest darauf hin, dass das Bargeld auch in Zukunft ein beliebtes Zahlungsmittel bleibt und viele Menschen nicht darauf verzichten wollen.

Wie wir uns die Zukunft vorstellen, hängt entscheidend von unseren Erfahrungen und unserer kulturellen Prägung ab. Die Traditionen und Geschichten, die wir als Kinder gelernt haben, beeinflussen unsere heutigen Entscheidungen maßgeblich, sodass wir diese Ansätze in die Zukunft übertragen. Wenn wir die Ansätze also nicht hinterfragen, werden wir die Zukunft hauptsächlich aus der Vergangenheit projizieren.

Fragen wir heute Menschen, wie sie in Zukunft bezahlen, können viele sich nicht vorstellen, dass sich ihre Gewohnheiten, etwa die bevorzugte Nutzung von Bargeld, spürbar verändern werden. Wir müssen aber hinterfragen, welche Ereignisse uns dennoch dazu bewegen würden, wie beispielsweise der Wunsch nach einer schnelleren Zahlung an der Kasse. Deshalb ist es besser, nicht von der Gegenwart in die Zukunft zu schauen, sondern uns verschiedene Zukünfte vorzustellen und dann zurück ins Heute zu blicken. Auf der Grundlage dieses „Rückblicks“ leiten wir dann die Frage ab, was passieren müsste, damit diese bestimmte, bevorzugte Zukunft eintrifft und wie wir mit unseren heutigen Entscheidungen bewusst die Weichen dafür stellen können.

Tanja_Neu

Steckbrief Tanja Schindler

Als leidenschaftliche Futuristin mit internationaler Erfahrung in den Bereichen Foresight und Strategie betrachtet Tanja die Welt aus verschiedenen Blickwinkeln und rückt bei ihrem Publikum das Umdenken im Hier und Jetzt in den Fokus. Neben der Zukunft der Arbeit, der Städte und der Bildung nehmen auch die digitale Transformation und der Wandel der Unternehmenskultur einen wichtigen Platz in ihrer täglichen Arbeit ein.

Wird die Vielfalt an Bezahlmöglichkeiten und -verfahren in Zukunft noch weiter zunehmen?

In Deutschland wird heute schon zunehmend mit NFC-Technologie, die unter anderem auch in der girocard verbaut ist, bezahlt. Wenn wir hier einen Blick über den Tellerrand werfen, stellen wir aber auch fest, dass es in anderen Ländern bereits eine noch höhere Vielfalt und Akzeptanz gibt. In China bezahlen etwa viele Menschen per WeChat (ähnlich zu unserem WhatsApp) oder auch schon mit Gesichtserkennung im Laden. Die USA sind und bleiben das Land der Kreditkarten, die in Verbindung mit NFC-Technik zunehmend auf das Smartphone wandern und mit denen auch digitale Spenden an Straßenmusiker bereits möglich sind.

Ich glaube zudem, dass viele andere Formen von Währungen hinzukommen, die auch die Art des Einkaufens und Bezahlens verändern werden – neben Kryptowährungen etwa lokale oder globale Währungen. Während globale Währungssysteme in manchen Ländern für mehr Stabilität sorgen könnten, sind lokale Währungen, zum Beispiel für die Anerkennung ehrenamtlicher Arbeit, die man bei den Geschäften um die Ecke ausgeben kann, ein spannendes Zukunftsbild.

Was müssen neue Bezahlverfahren bieten, damit sie akzeptiert werden und sich durchsetzen können?

Das Bezahlen hat immer auch eine kulturelle Komponente. Hier reden wir hier von erlernten Verhaltensformen, die sich allerdings, und das ist das Entscheidende, je nach Situation schnell ändern können. Gerade in der aktuellen Pandemie sehen wir, dass etwa das kontaktlose Bezahlen mit der girocard stark zunimmt. Eben weil es hygienischer ist und somit als vorteilhaft gegenüber dem Bargeld angesehen wird. Noch dazu braucht es Vertrauen in neue Bezahlmethoden. Um sie zu etablieren, gilt es, die aktuellen Ängste und Bedenken der Menschen zu verstehen, zu berücksichtigen und zu beseitigen, damit zentrale Vorteile wie Einfachheit, Schnelligkeit, Vielseitigkeit und Sicherheit sichtbar und vor allem erlebbar werden.

Kannst du dir in Deutschland ein Bezahlen ohne Kasse vorstellen?

Solche Bezahlsysteme gibt es bereits. Beispielsweise kann man heute schon beim Self-Checkout im Supermarkt mit der girocard zahlen, und es gibt auch andere erfolgversprechende Projekte. Ich kann mir dieses Zukunftsbild sehr gut vorstellen, aber nicht in die Richtung, dass Mitarbeiter durch die Technik wegrationalisiert werden. Stattdessen kommen sie – im Gegensatz zu ihrer heute meist monotonen Tätigkeit – verstärkt in der Kundenberatung zum Einsatz oder können älteren Menschen beim Einkaufen helfen. Durch den Einsatz von Technik können wir also den zwischenmenschlichen Aspekt sogar fördern. Das steigert die Wertschätzung für die Mitarbeiter und die Zufriedenheit bei den Kunden.

Artikel teilen