Donnerstag, 9. Mai 2013

Die drei Briefe des heiligen Joannes aus der Heiligen Schrift (Allioli-Bibel)

Die drei Briefe des heiligen Joannes aus der Heiligen Schrift (Allioli-Bibel)

mit allen Anmerkungen erläutert von Dr. Joseph Franz Allioli 2. Auflage. München und Landshut, 1854.

1.Brief
Capitel 1. 2. 3. 4. 5.
2.Brief
3.Brief
Die drei Briefe des heiligen Joannes

Vorbericht
zu den drei Briefen des heiligen Joannes


Der erste Brief des heiligen Joannes ist seit. den ältesten Zeiten des Christenthums als eine ächte Schrift dieses Apostels so allgemein anerkannt worden, daß dasjenige, was Einzelne gegen seine Aechtheit vorgebracht haben, ganz unbedeutend und keiner Beachtung werth erscheinen muß. Nicht nur sprechen dafür die gewichtigsten äußeren Zeugnisse eines Polycarp, der ein Schüler des heiligen Joannes war, eines Irenäus und anderer Vater aus der altesten Zeit, auch der ganze Inhalt, die Darstellung und Sprache nöthigen uns in dem Briefe denselben Verfasser zu erkennen, welcher das vierte Evangelium geschrieben hat. Wie in diesem der heilige Joannes den Satz zu beweisen sucht, daß Jesus Christus der Sohn Gottes, Gott sey, so weiset der Brief beständig darauf hin, und die Gläubigen werden vor den Irrlehrern, welche dieß leugneten, beständig gewarnt. Die Anmahnungen zur gegenseitigen Liebe, die im Evangelium so nachdrücklich gegeben werden, kehren in dem Briefe fast wörtlich wieder (2.7—11.). und in den weiteren Erklärungen der Liebe (5, 3. 3, 22.——24. 2, 24.) kann man den Verfasser von Joan. 14, 15. 21. 15,9.10. unmöglich verkennen, gleichwie auch in der Sprache und Darstellung des Briefes dieselbe Tiefe der Empfindung, dieselbe ungezwungene
natürliche Folge der vorgetragenen Gedanken sichtbar sind, wie sie in dem Evangelium bewundert werden. Nach dem allgemeinen Urtheile der christlichen Kirche war dieser Brief das Begleitungsschreiben des Evangeliums (1,1——3.), und wurde also nach dem Evangelium, und wahrscheinlich wie dieses zu Ephesus verfaßt (sieh. Einleitung zu dem Evangelium des Joannes). Der Apostel warnt darin die Christen der kleinasiatischen Gemeinden, die unter seiner oberhirtlichen Sorge standen, sich vor der Welt, vor allen ungöttlich-gesinnten Menschen sorgfältig zu hüten, und zeigt, daß mit dem Glauben ein christlicher Wandel verbunden seyn müsse; hierauf bekämpft er insbesondere jene Irrlehrer, die sich einer höhern Weisheit rühmten, die wirkliche Erscheinung und Geschichte Jesu entweder ganz leugneten oder als bedeutungslos schilderten, und durch ihre bösen Sitten und Spaltungen das größte Aergerniß gaben. Der zweite Brief ist an eine Frau Namens Electa (Auserwählte) geschrieben, um dieselbe in der christlichen Wahrheit und Liebe zu befestigen und vor Irrlehrern zu zu warnen; der dritte ist an einen gewissen Gaius gerichtet, vorzüglich um ihn zu ermahnen, gastfreundschaftlich zu seyn. In beiden Briefen nennt sich Joannes nicht persönlich als Verfasser, sondern schreibt unter dem allgemeinen Namen "Aeltester;" daß er indeß wirklich der Verfasser sey, dafür sprechen nicht nur Inhalt und Darstellung dieser Briefe, die mit dem Evangelium und dem ersten Briefe ganz übereinstimmend sind, sondern auch die Ueberlieferung der christlichen Kirche, auf deren Grund die Concilien von Carthago, Rom und Trient sie in das Verzeichnis der heiligen Schriften aufgenommen haben. Ueber Zeit und Ort der Abfassung weiß man nichts Zuverlässiges.

1.Brief

Capitel 1


Vom ewigen Worte des Lebens, das ich selbst gesehen und betastet (denn das Leben, welches bei dem Vater wart, ist auf Erden erschienen), verkündige ich euch, damit auch ihr, genau unterrichtet, in ganz genaue Vereinigung mit Gott dem Vater und seinem Sohne kommet, und eure Freude vollkommen werde. Der Hauptinhalt meiner Verkündignng ist aber dieser: daß Gott heilig ist, und wir es werden sollen. Wenn wir Böses thun, haben wir keine Gemeinschaft mit ihm; wenn wir aber Gutes thun, sind wir unter einander und mit ihm vereint, und wir nehmen Theil an dem Erlösungstode Jesu Christi, der uns von allen Sünden reiniget, denn Sünden haben wir auf uns; sie bekennen, erwirkt uns Vergebung; sie verleugnen, hieße lügen und Gott selbst zum Lügner machen.

Kommentare und Verweise
1. Was vom Anfange war, was wir gehört, was wir mit unsern Augen gesehen, was wir beschauet, und unsere Hände betastet haben, von dem Worte des Lebens, (1) (1) Der Schluß des Satzes folgt V. 3. V. 2 ist einschaltungsweise zu fassen. Unter "Wort des Lebens" hat der heil. Joannes nicht die Lehre Christi, sondern diesen selbst, das menschgewordene Wort Gottes, den als Mensch erschienenen Logos verstanden; denn er spricht nicht bloß vom Hören, sondern auch vom Sehen und Betasten desselben. Ueber das Seyn vom Anfange s. Joan. 1, 1. Wort des Lebens heißt das göttliche Wort, welches das Leben ist und alles Leben verleiht.
2. (denn das Leben hat sich geoffenbaret, und wir haben es gesehen, und geben Zeugniß davon, und verkündigen euch das ewige Leben, welches bei dem Vater war, und uns erschienen ist,)
3. was wir gesehen und gehört haben, verkündigen wir euch,(2) damit auch ihr Gemeinschaft mit uns habet, unsere Gemeinschaft eine Gemeinschaft seh mit dem Vater und mit seinem Sohne, Jesu Christo.(3) (2) hier in dem mitfolgenden Evangelium. S. Einleitung. — (3) damit ihr zu gleicher Erkenntniß, zu gleichen Einsichten, zu gleicher Liebe erhoben werdet, wie wir sie besitzen, und damit wir so mit einander in die Gemeinschaft mit dem Vater und seinem Sohne kommen, alle mit einander in Gott vereinigt werden und an seiner Güte theil nehmen. Gemeinschaft mit uns, d. i. mit dem heiligen Apostel Joannes, haben, heißt hier auf gleicher geistiger Stufe stehen. Die Gemeinschaft mit Gott dem Vater und seinem Sohne ist die innige Liebesverbindung mit ihnen und die Theilnahme an ihren Gütern. Sie wird erreicht durch den Wachsthum in der Erkenntniß und Liebe. (Joan. 14, 23.) Zu diesem Wachsthume sollten die Christen, an welche Joannes schrieb, durch sein Evangelium gelangen. Die Gemeinschaft wird nur auf den Vater und Sohn, nicht auch auf den heil. Geist bezogen, weil dieser mit dem Christen ohnedieß schon verbunden gedacht wird; denn nicht nur erhält ihn der Christ in der Taufe, sondern er ist auch die Grundlage seines ganzen geistigen Lebens, der Geist seines Geistes, seines Denkens und Handelns. Auch ist der heil. Geist zugleich unter Vater und Sohn mitverstanden, da er der Geist beider ist.
4. Und dieß schreiben wir euch, damit ihr euch freuet und eure Freude vollkommen sey.(4) (4) Von dieser seligen Gemeinschaft schreiben wir euch, daß euch heilige Freude darüber erfülle. Die Worte "ihr euch freuet und" sind nicht im Griechischen.
5. Das ist aber die Verkündigung, die wir von ihm gehört haben, und euch verkündigen: Gott ist Licht, und in ihm ist keine Finsterniß.(5) (5) Das aber ist die Hauptsumme, der Hauptinhalt des ganzen Evangeliums, worauf alles zurückkommt, daß Gott ganz Heiligkeit ist, und (dieß liegt zugleich im Zusammenhange, wie der folgende Vers zeigt) daß wir heilig werden, und alles Böse hassen. Das ganze Christenthum zielt dahin, uns heilig zu machen, so wie Gott heilig ist. S. 1. Petr. 1, 15. Matth. 5, 48. Röm. 13, .12. 1. Thess. 5, 5. ff. Wie die Finsterniß hier die Sünde bedeutet (V. 6.), so das Licht — Heiligkeit.
6. Wenn wir sagen: "Wir haben Gemeinschaft mit ihm," und wandeln doch in der Finsterniß,(6) so lügen wir, und handeln nicht nach der Wahrheit. (6) thun doch Böses.
7. Wenn wir aber im Lichte wandeln,(7) wie auch er im Lichte ist, so haben wir Gemeinschaft mit einander,(8) und das Blut Jesu Christi, seines Sohnes, reiniget uns von aller Sünde.(9) Hebr. 9, 14. (7) Gutes thun. (8) mit Gott und unter einander. — (9) so nehmen wir Theil an allen seinen Gnaden, insbesondere bleiben wir der Frucht des Erlösungstodes Jesu Christi theilhaftig, die wir in der Taufe und Buße erlangt haben (Aug., Hieron.).
8. Wenn wir sagen: "Wir haben keine Sünde," so verführen wir uns selbst, und die Wahrheit ist nicht in uns. (10) Spr. 20, 9. (10) Das Wort "Sünde" im vorigen Verse führt den Apostel auf jene Selbstgerechten, die bei einem äußerlichen, gesetzlichen Wandel sich einbilden, sie seyen ohne Sünde, und die Verbindung ist: Ich sage: das Blut Christi reinigt uns von aller Sünde; denn Sünder sind wir alle, und wenn wir sagten: Wir haben x.
9. Bekennen wir aber unsere Sünden,(11) so ist er treu und gerecht,(12) daß er uns unsere Sünden vergibt, und uns von aller Ungegerechtigkeit reiniget. (11) seinen dazu verordneten Stellvertretern, wie er selbst befohlen hat. Joannes kann kein anderes Bekenntniß als die Beichte verstehen; denn in seinem Evangelium weiset er die Gläubigen an, die Sündenvergebung bei den Aposteln und ihren Nachfolgern zu suchen. S. Joan. 20, 22—23. Note 15. —— (12) hält richtig, was er versprochen hat.
10. Wenn wir sagen: "Wir haben nicht gesündigt," so machen wir ihn zum Lügner,(13) und sein Wort ist nicht in uns. (14) (13) wir sagen damit, es sey nicht wahr, was er in den heiligen Schriften gesagt, daß alle Menschen sündhaft und strafwürdig seyen. S. Röm.1, 2. — (14) Wir haben die rechte Erkenntniß, den rechten Glauben nicht.

Capitel 2


Von der Sünde und der Vergebung derselben schreibe ich nicht, um euch leichtsinnig zu machen, sondern damit ihr die Sünde meidetund Gottes Gebote haltet, obwohl wir, wenn wir gesündigt, an Jesus einen Versöhner haben. Wer Gottes Gebote hält, hat die wahre Erkenntniß und Liebe Gottes. Dieß ist eine alte Lehre, die ihr gleich anfangs bei eurer Bekehrung gehört habt; aber auch ein neues Gebot schreibe ich euch das Gebot der Bruderliebe, das Jesus neu genanntk, und welches auch für euch neu ist, weil es zur neuen Lichtlehre, zum Evangelium gehört; denn wer Christ seyn will, muß seinen Bruder lieben. Nebst dieser Liebe muß ich euch allen wegen der großen Gnaden, die ihr empfangen und der gtoßen Fortschritte, die ihr gemacht, auch einschärfen, dieWelt und ihre Lüste nicht zu lieben; denn die Welt vergeht zuletzt und nur der Gott Liebende bleibt ewig. Das Ende der Welt ist auch nicht sehr ferne; denn wir stehen in der letzten Zeit, wie wir aus den Widerchristen, den Irrlehrern sehen. Ich brauche euch nichtdavor zu warnen; denn durch die Lehre, die ihr erhalten, wisset ihr Lüge von Wahrheit zu unterscheiden. Ihre Lüge ist, daß sie in Jesu den Sohn Gottes, und also auch den Vater leugnen. Bleibet bei dem anfangs erhaltenen Unterrichte, so werdet ihr das ewige Leben empfangen, bleibet bei der Lehre und Gnade,mit denen ihr gesalbt worden, damit ihr getrost seinerr Wiederkunft entgegensehen könnet, bleibet gerecht in ihm, dem Gerechten, um als Kinder Gottes sicher auch mit ihm zu erben.


Kommentare und Verweise
1. Meine Kindlein! dieß schreibe ich euch, damit ihr nicht sündiget. Wenn aber jemand gesündiget hat, so haben wir einen Fürsprecher bei dem Vater, Jesum Christum, den Gerechten, (1) (1) Meine christen! die ich so liebe, wie ein Vater seine Kinder liebt, von der Barmherzigkeit Gottes, womit er unsere gebeichteten Sünden vergibt (ob. 1, 9.), schreibe ich euch nicht, daß es euch leichtsinnig mache; vielmehr sollet ihr dadurch um so mehr aufgemuntert werden, die Sünde zn meiden, und Gottes Gebote zu vollziehen. Doch wenn jemand, wie es gebrechlichen Menschen geschehen kann, gesündigt hat, so soll er deßhalb nicht verzweifeln; denn Jesus ist bei seinem Vater und bittet für uns, indem er ihm beständig sein dargebrachtes Opfer zurt Versöhnung vorstellt (Hebr. 9.).
2. und dieser ist die Versöhnung für unsere Sünden; doch nicht allein für die unsrigen, sondern auch für die Sünden der ganzen Welt. (2) (2) Setze hinzu, um das Folgende anzuschließen: wenn wir ihn als Versöhner, Heiland, wahrhaft erkennen. Wie diese Erkenntniß beschaffen seyn müsse, wenn sie wahrhaft seyn soll, sagt der solgende Vers
3. Und daraus ersehen wir, daß wir ihn kennen, wenn wir seine Gebote halten.(3) (3) Unsere Kenntniß Christi, unser Glaube an ihn und seine Lehre, ist nur dann wahrhaft zu nennen, wenn wir damit einen heiligen Wandel, Gehorsam gegen Gottes Gebote, verbinden.
4. Wer da sagt, er kenne ihn, und hält doch seine Gebote nicht, ist ein Lügner, und in diesem ist die Wahrheit nicht.
5. Wer aber sein Wort hält, in dem ist wahrhaftig die Liebe Gottes vollkommen,(4) und daran erkennen wir, daß wir in ihm sind.(5) (4) der besitzt wahrhaftig nicht nur die Erkenntniß, sondern auch die Liebe Gottes. — (5) An diesem liebenden Gehorsam erkennen wir, daß wir mit ihm auf’s innigste verbunden sind, wie die Rebe mit dem Weinstocke (Joan. 15, 1. ff.).
6. Wer sagt, daß er in ihm bleibe, der muß auch wandeln, wie Er gewandelt hat.
7. Geliebteste! ich schreibe euch kein neues Gebot,(6) sondern ein altes Gebot, das ihr vom Anfange gehabt habet; das alte Gebot ist das Wort, das ihr gehört habet.(7) (6) darin, daß ich verlange, Erkenntniß müsse mit Gehorsam — Liebe, verbunden sehn. (7) das Gebot des Gehorsams — der Liebe, ist ein altes Gebot, ihr keunet es, seitdem ihr Christen seyd, aus dem ertheilten mündlichen Unterrichte.
8. Aber auch ein neues Gebot schreibe ich euch, was es sowohl bei ihm als bei euch wirklich ist, da die Finsterniß vergangen, und das wahre Licht jetzt scheinet.(8) (8) Aber auch vom Gebote der Bruderliebe schreibe ich euch. Dieses kann neu genannt werden sowohl in Beziehung auf Jesum als auf euch: auf Jesum, weil er es selbst ein neues Gebot genannt hat (Joan. 13, 43.); aus euch, weil ihr es erst, seit ihr Christen seyd, kennet und beobachtet; denn die heidnische Gesinnung, welche die übernatürliche Liebe nicht kennet, habt ihr abgelegt, die christliche, zu welcher die Liebe wesentlich gehört, angenommen. Daß die Liebe dem Christenthume wesentlich sey, erläutern die folgenden drei Verse.
9. Wer da sagt, er sey im Lichte,(9) und hasset seinen Bruder, der ist noch bis jetzt in der Finsterniß. (10) (9) er sey ein Christ, denke und handle wie ein Christ. — (10) noch immer heidnisch gesinnt.
10. Wer seinen Bruder liebet, der bleibet im Lichte, (11) und in ihm ist kein Aergerniß. (12) (11) bleibt Christ, mit Christo verbunden, wie die Rebe mit dein Weinstocke. (12) der stößt nicht an. Wie jemand, der im Tageslichte wandelt, nicht anzustoßen befürchten darf, so wandelt der geistlich Erleuchtete, der in Jesu, vermöge der Liebe Bleibende, sicher auf seinem Lebenswege, ohne durch Bruderhaß zur Sünde, zu Fall und Untergang verleitet zu werden.
11. Wer aber seinen Bruder hasset, der ist in der Finsterniß und wandelt in der Finsterniß, und weiß nicht, wohin er gehet, weil die Finsterniß seine Augen verblendet hat. (13) (13) Wer mit der Liebe Jesum verloren hat, der ist wie einer, der im Finstern tappt; er hat dir sichere, feste Richtschnur des Lebens Verloren, und wird von seinen Leidenschaften von Irrtum und sünde, die ihn verblenden, vom Wege ab ins Verderben geführt.
12. Ich schreibe euch, Kindlein!(14) weil euch die Sünden vergeben werden um seinesNamens willen.(15) (14) Was Joannes nun schreiben will, folgt V.15—17. Die Verbindung mit dem Vorhergehenden ist: Nebstdem, daß ich euch zur Liebe Gottes und des Nachsten auffordere (V. 7—11.), schreibe ich euch auch, daß ihr die Welt, ihre Güter und Freuden nicht liebet. Mit dem, Worte "Kindlein" spricht er die Christen im allgemeinen an; dann wendet er sich einzeln an sie nach ihrem Lebensalter, an die Väter, Jünglinge, kinder, um jede Altersklasse recht nachdrücklich auf seine Warnung aufmerksam zu machen. Bei jeder Altersklasse führt er einen besondern Beweggrund an, die Welt nicht zu lieben, der gerade recht passend dafür ist, obwohl er auch zugleich den andern dienen, kann. (15) um dessen willen, was er ist, um seiner Eigenschaft als Erlöser willen. Der Name steht wieder statt des Wesens. Alle Christen überhaupt sollen die Welt und ihre Lust nicht lieben, weil ihnen durch Jesus die große Wohlthat der Sündenvergebung zu Theil geworden ist.
13. Ich schreibe euch, Väter! weil ihr den kennet, der vom Anfang ist.(16) Ich schreibe euch, Jünglinge! weil ihr den Bösen überwunden habet. (17) (16) weil ihr die tiefere Erkenntniß von der göttlichen Würde Jesus Christi habet (ob. 1, 1.). Der stärkste Beweggrund, die Welt nicht zu lieben, soll für euch, Väter! der seyn, daß ihr in der christlichen Erkenntniß schon weitere Fortschritte gemacht habet. (17) Ihr, Jünglinge! habet in der Taufe, da ihr aus Kindern des Satans Kinder Gottes geworden seyd, durch euer standhaftes Bekenntniß (V. 14.) den Satan überwunden. Dieß sey euch ein Beweggrund, den Kampf zu vollenden, und auch die Welt zu überwinden, die alles aufbietet, euch an sich zu ziehen. Sehr passend stellt der Apostel die Jünglinge als Kämpfer hin, und ermuthigt sie zugleich zu fernerem Kampfe gegen die Versuchungen der Welt.
14. Ich schreibe euch, Kinder! weil ihr den Vater kennet. (17) Ich schreibe euch, Jünglinge! (18) weil ihr stark seyd, und das Wort Gottes in euch bleibt,(20) und ihr den Bösen überwunden habet. (18) Euch, Kinder! ermahne ich, darum die Welt nicht zu lieben, weil ihr den Vater iin Himmel kennet, und wisset, daß er nichts mit der Welt gemein hat (V.16.). Wie der Vater sollen die Kinder seyn; der passendste Beweggrund für das frühere Jugendalter. — (19) Die Jünglinge, welche den Versuchungen der Welt vorzüglich ausgesetzt sind, werden nocheinmal ermahnt; im Griechischen Werden überdieß auch die Väter wiederholt: Ich schreibe (eigentl. schrieb) euch, Väter! weil ihr den kennet, der vom Anfange ist. Ich schreibe (schrieb) euch, Jünglinge x. —— (20) durch standhaftes Bekenntniß.
15. Habet nicht lieb die Welt, noch was in der Welt ist. Wenn jemand die Welt lieb hat, so ist nicht die Liebe des Vaters in ihm.(21) (21) Euer Herz hänge nicht an den sinnlichen, begierlichen Menschen, noch überhaupt in dem irdischen; denn damit verträgt sich die Liebe Gottes nicht.
16. Denn alles, was in der Welt ist, das ist die Begierlichkeit des Fleisches, die Begierlichkeit der Augen und die Hoffart des Lebens, (22) was nicht vom Vater, sondern Voll der Welt ist.(23) (22)Genußsucht, Habsucht und Ehrfurcht. — (23) was seinen Ursprung nicht aus Gott, sondern aus der im Argen, in der Sünde liegenden Welt hat, aus der Begierlichkeit, die durch die Sünde in der Welt das Üebergewicht erhalten hat.
17. Und die Welt vergeht mit ihrer Lust; wer aber den Willen Gottes thut, der bleibt in Ewigkeit.(24) (24) S. 1. Cor. 6, 13.
18. Kindlein! es ist die letzte Stunde; und wie ihr gehört habt, wird der Widerchrist kommen, ja schon jetzt sind viele Widerchristen geworden, woraus wir erkennen, daß die letzte Stunde ist.(25) (25) Das Ende der Welt ist auch nicht so ferne, wie ihr etwa glaubet; denn wir stehen in der letzten Periode des göttlichen Reiches auf Erden, in welcher, wie euch gepredigt worden, der Antichrist kommen soll; es sind auch, schon seine Vorläufer, die falschen Lehrer, vorhanden, woraus wir erkennen, daß die letzte Periode wirklich eingetreten ist. Ueber die letzte Zeit sieh Hebr. 10, 37. 1. Thess. 4, 15. ff. Ueber den Antichrist und seine Vorläufer sieh 2. Thess. 2. Note 11.
19. Sie sind von uns ausgegangen, aber sie waren nicht von uns;(26) denn wenn sie von uns gewesen wären, so würden sie bei uns geblieben seyn; aber an ihnen zeigt sich, daß nicht alle von uns sind. (26) sie waren keine rechten Christen, die ausharren bis an’s Ende.
20. Doch ihr habet die Salbung vom Heiligen, und wisset alles.(27) (27) Doch ich habe nicht nöthig, euch vor diesen Widerchristen, den Irrlehrern, zu warnen; denn ihr seyd Christen, d. i. Gesalbte, seyd innerlich ausgestattet mit der Gnade und Weisheit des heiligen Geistes, so daß ihr befähigt seyd, das zu prüfen, was die Irrlehrer vorbringen, und vor ihren Täuschungen euch zu bewahren.
21. Ich schreibe euch nicht, als ob ihr die Wahrheit nicht wüßtet, sondern als solchen, die sie wissen, und (erkennen), daß keine Lüge aus der Wahrheit komme. (28) (28) Ich habe euch nicht geschrieben, als ob euch die christliche Wahrheit unbekannt wäre, sondern als solchen, die darin wohl unterrichtet sind, und die eben darum auch wissen, daß sie keine Lüge, keine falsche Lehre enthalten könne. Welche falsche Lehre der Apostel besonders im Auge habe, zeigt der folgende Vers.
22. Wer ist der Lügner, (29) als der. welcher leugnet, daß Jesus der Christus sey?(30) Das ist der Widerchrist, welcher den Vater und den Sohn leugnet. (31) (29) falsche Lehrer (30) daß in der Person Jesu der Sohn Gottes, der Messias, der Heiland erschienen sey. —— (31) Der ist der Widerchrist, welcher in Jesu den Christus und Sohn, und mit dem Sohne auch den Vater leugnet.
23. Jeder, der den Sohn verleugnet, hat auch den Vater nicht; wer aber den Sohn bekennt, hat auch den Vater. (32) (32) denn nur durch den Sohn lernen wir Gott, den Vater, kennen, verehren und lieben. Die Worte: wer x. sind nicht in allen griechischen Ausgaben.
24. Was ihr vom Anfange gehört habet, das bleibe in euch, wenn in euch bleibet, was ihr vom Anfange gehört habet, so werdet ihr auch in dem Sohne und in dem Vater bleiben. (33) (33) Bleibet bei der euch gepredigten Lehre dann werdet ihr aufs innigste mit Vater und Sohn verbunden bleiben.
25. Und das ist die Verheißung, die er ungegeben, das ewige Leben.
26. Dieß hab’ ich euch von denen geschrieben, die euch verführen.
27. Was euch betrifft, so bleibe (34) die Sal- bung, die ihr von ihm empfangen habet, in euch, und ihr habet nicht nöthig, daß euch jemand lehre; sondern sowie euch seine Salbung über alles belehret, so ist’s wahr und keine Lüge, und wie er euch gelehret hat, so bleibet in ihm. (35) (34) Im Griech.: so bleibt (35) So steht es mit euern Verführern,»sie leugnen in Jesu den Sohn und den Vater; was euch betrifft, so habt ihr der tiefern Weisheit, der sie sich rühmen, nicht nötig, beWahret nur die empfangenen Gnaden mit der empfangenen Lehre, so werdet ihr über alles Nöthige Aufschluß erhalten. So wie ihr in diesem Gnadenzustande und mittels der Lehre belehrt werdet, so ist es reine Wahrheit; ja, wie euch Jesus durch seine Stellvertreter gelehrt hat, so bleibet dabei und dadurch in ihm. Bemerke: die Worte "wie euch seine Salbung über alles belehret," stehen in Verbindung mit den folgenden: "wie er euch belehrt hat." Die Gnadensalbung darf also nicht von der Lehre Christi getrennt werden. Damit fällt von selbst das leere Geschwätz der Aftermystiker weg, als reiche die innerliche Erleuchtung hin, uns über das, was wir zu glauben und zu thun haben, zu belehren; denn der heilige Joannes spricht von der Gnadensalbung nur in Verbindung mit der Lehre, die gepredigt wird, und die man innerlich in sich aufnehmen muß, wie sie gepredigt wird.
28. Ja, Kindlein! bleibet in ihm, (36) damit wir, wenn er erscheinet,(37) Vertrauen haben können, und von ihm nicht beschämt werden bei seiner Ankunft. (36)durch Standhaftigkeit im rechten Glauben und der wahren Liebe. — (37) zum Gerichte
29. Wenn ihr wisset, daß er gerecht ist, so wisset auch, daß jeder, der Gerechtigkeit übet, aus ihm geboren ist.(38) (38) Diese Worte hängen mit "bleibet in ihm" zusammen. Ja, bleibet in ihm durch gläubigen, heiligen Wandel; denn so wie ihr wisset, daß er heilig ist, so wisset auch, daß nur der, welcher sich der Heiligkeit befleißt, ein sicheres Kennzeichen der göttlichen Wiedergeburt an sich trägt, und damit die Bürgschaft hat, mit ihm bei seiner Wiederkunft das göttliche Reich zu erben, weil, wenn wir Kinder Gottes sind, wir auch Erben Gottes und Miterben Christi werden (Röm. 8, 17.).


Capitel 3


Ja so groß ist Gottes Liebe, daß er uns zu seinen Kindern umschafft. Dies; erkennt die Welt nicht, weil sie Gott nicht kennt, und nur nach dem Aeußern urtheilet, eure Herrlichkeit aber noch nicht offenbar ist. Um die Hoffnung auf diese Herrlichkeit nicht zu verlieren, muß man sich von Sünden reinigen; denn die Sünde macht ungerecht, sie verträgt sich nicht mit dem sündenlosen Sündentilger, mit dem Bleiben in ihm und seiner Erkenntniß, indem nur, wer gerecht ist, ihm ähnlich wird, der Sünder aber dem Teufel gleicht. Sündigen verträgt sich auch nicht mit dem Zustande der Wiedergeburt, sondern wer wahrhaft Kind Gottes ist, übet Gerechtigkeit und Menschenliebe, wie es geboten ist, während die Ungerechten, wie Kain, Böses thun, und ihre Brüder hassen. Der Haß der Bösen kommt aus dem Tode und führt zum Tode. Der Liebende dagegen Opfert selbst sein Leben, oder hilft doch, so viel er vermag, seinem darbenden Bruder. Solche thätige Liebe lasset uns üben, um uns das Zeugniß, Kinder Gottes zu seyn, geben, und unserGewissen beruhigen zu können; denn wenn uns schon unser Gewissen verdammt, wie werden wir vor Gott bestehen? Wenn uns unser Gewissen frei spricht, erhört Gott unser Gebet, we1l wir Gottes Gebot halten, welches Glaube und Liebe fordert, und wir bleiben in Jesu.


Kommentare und Verweise
1. Sehet, welche Liebe uns der Vater erwiesen hat, daß wir Gottes Kinder heißen und sind. (1) Darum kennet uns die Welt nicht, weil sie ihn nicht kennet.(2) (1) Die Worte "und sind" hat das Griechische nicht, aber sie liegen im Zusammenhange; denn wir heißen nur darum Kinder Gottes, weil wir es wirklich sind, wie es auch V. 2 nachfolgt. Ueber die Kindschaft Gottes sich Joan. 1, 12. Röm. 8, 15. Gal. 4, 5. (2) Als Kinder Gottes erkennt uns die Welt nicht, ja sie verkennt uns, verfolgt uns, aber dieß darf euch nicht irre machen; der Grund liegt darin, weil sie auch Gott nicht kennt. Würde sie Gottes unendliche Heiligkeit, Liebe, Gerechtigkeit erkennen, so würde sie mich wohl einsehen, daß man in großer Sittenreinheit, Abtödtung, aufopfernder Liebe leben müsse, um ihm anzugehören.
2. Geliebteste! jetzt sind wir Gottes Kinder; aber es ist noch nicht offenbar, was wir seyn werden.(3) Wir wissen aber, daß wir, wenn er erscheinen wird, ihm ähnlich seyn werden: denn wir werden ihn sehen, wie er ist.(4) (3) Die Welt erkennt euch auch darum nicht. weil sie nur nach dem Aeußern urtheilt, ihr aber im Aeußern noch nicht als Kinder Gottes, in Gottes Herrlichkeit erscheint. (4) Aber obwohl- die Christen-Herrlichkeit noch jetzt verborgen ist (Col.3,3.), so wissen wir doch gewiß, daß, wenn Christusbei seiner Wiederkunft offenbar in seiner Herrlichkeit erscheinen wird, wir ihm an sichtbarer Herrlichkeit ahnlich sehn werden. Der Grund unserer Herrlichkeit ist dann unsere wesentliche Erkenntniß, die wir von ihm, von Gott haben, welche wieder aus unserer innigen Gemeinschaft mit ihm, auf unserer Heiligkeit beruht. Das ist: weil wir vermöge unserer Heiligkeit in inniger Gemeinschaft mit ihm stehen, und ihn vollkommen erkennen, nehmen wir auch Theil an seiner Herrlichkeit und Seligkeit. Unsere Heiligkeit und Erkenntniß sind der Grund unserer Herrlichkeit und Seligkeit. Ueber die künftige Herrlichkeit sieh 1. Cor. 15, 45. Col. 3, 3. Philip. 3, 21. 2. Cor. 3, 18. Röm. 8, 29. —
3. Und ein jeder, der diese Hoffnung auf ihn setzt, der heiligt sich, gleichwie auch er heilig ist.(5) (5) .Um also das Ziel der Herrlichkeit zu erreichen, muß jeder sich heiligen, wie Jesus heilig ist. Der Apostel zeigt um, wie sich die Sünde mit der Gerechtigkeit, mit Jesu, dem Gerechten, mit dem Bleiben in ihm, mit der Wiedergeburt aus Gott durchaus nicht vertrage. —
4. Jeder, der Sünde thut, wirkt auch Ungerechtigkeit, und die Sünde ist die Ungerechtigkeit.(6) (6) Gerecht zu sehn, zurecht gerichtet werden,so daß unser Geist Gott, unser Leib dem Geist gehorche, ist unser Ziel (sieh Joan. 3. Note 7.); dieses Ziel erreichen wir nicht, oder bewahren es nicht, wenn wir sündigen; denn die Sünde hebt die Ordnung, den gerechten Zustand in uns auf, indem sie eine Empörung des Geistes wider Gott, des Leibes wider den Geist wirkt, und so selbst Ungerechtigkeit ist. Die Sünde verträgt sich also nicht mit der Gerechtigkeit, die wir besitzen sollen.- Sie verträgt sich auch nicht mit unserm Verhältniß, in dem wir zu Jesu stehen, wie nun folgt.
5. Und ihr wisset, daß er erschienen ist, damit er unsere Sünden wegnehme, und in ihm ist keine Sünde.(7) (7) Jesus ist der sündlose Sündentilger, mit dem wir in Gemeinschaft stehen, wie sollten wir also sündigen dürfen?
6. Jeder, der in ihm bleibet, sündiget nicht; und jeder, der sündiget, hat ihn nicht gesehen, und hat ihn nicht erkannt.(8) (8) Auch die Gemeinschaft mit Jesu, die Verbindung mit ihm durch den Glauben, die Hoffnung und die Liebe setzen voraus, daß wir nicht sündigen, denn Bleiben in ihm und Sündigen können nicht beisammen seyn; wer in Glaube und Liebe bei ihm bleibet, sündiget nicht, und jeder, der sündigt, war zur Zeit, da er sündigte, nicht recht mit ihm verbunden, hat keine wahre Erkenntniß von ihm gehabt, weil seine Erkenntniß keine Früchte der Gerechtigkeit hervorgebracht hat. Wer seine unendliche Liebe immer vor Augen hätte, könnte unmöglich sündigen. Darum sagt der heil. Basilius: Des Christen Geschäft ist, den Herrn immer vor Augen zu haben.
7. Kindlein! lasset euch von niemanden verführen. Wer Gerechtigkeit übet, ist gerecht, gleichwie auch er gerecht ist.(9) (9) Lasset euch von den Irrlehrern nicht verführen: Nur wer gerecht handelt, ist gerecht, und ähnlich Jesu, dem Gerechten.
8. Wer Sünde thut, ist vom Teufel, (10) denn der Teufel sündigt vom Anfange; der Sohn Gottes ist aber dazu erschienen, die Werke des Teufels zu zerstören. (11) (10) Wer Sünde thut, gleichet dem Teufel, ist gleichen Wesens mit dem Teufel, ist gleichsam ein Kind des Teufels. Sieh Joan. 8, 44. Unt. Note 12. — (11) denn Sündigen ist des Teufels Sache von jeher, bei dem Sohne Gottes findet aber gerade das Gegentheil statt, denn er ist gekommen, die Werke des Teufels zu zerstören; wer Christo angehört, darf also nicht sündigen. Ueber die Zerstörung der Wirksamkeit des Teufels durch Christum sieh Joan. 12, 31. 16, 11.
9. Jeder, der aus Gott geboren ist, thut keine Sünde, weil sein Same in ihm bleibet, und er kann nicht sündigen, weil er aus Gott geboren ist. (12) (12) Jeder, der im Zustande der Wiedergeburt, im Stande der Gnade ist, thut insoferne er in diesem Zustande ist, insoferne er ein Wiedergeborner ist, keine Sünde, weil in einem solchen Gottes Same, die göttliche Gnade bleibet; er kann nicht sündigen, weil er ein Kind Gottes, gleichsam ein Göttlicher ist, der an der Unfähigkeit zu sündigen, in ähnlicher Weise, wie sie Gott hat, theilnimmt. Die obigen Worte wollen also nicht sagen, dass der im Zustande der Wiedergeburt, in der Gnade Befindliche diesen Zustand gar nicht verlieren, uberhaupt nicht sündigen könne, denn oben 1, 8. sagt der Apostel selbst, daß wir uns täuschen würden, wenn wir uns ohne Sünde glaubten; sondern sie haben nur den Sinn, daß der Zustand der Gnade sich nicht mit dem Zustande der Sünde vereinbare daß also der Wiedergeborene nicht sündigen dürfe. Bemerke: Das hier Gesagte gilt zwar von allen Sünden indem keine Sünde, sey sie auch noch so gering, sich mit der Wiedergeburt als Wiedergeburt vereinbaren läßt; aber wie aus dem Zusammenhange erhellt, versteht der Azpostel zunächst nur schwere, sogenannte Todsünden (unt. 5, 16.); denn V. 8, 10. wird der Sünder ein Kind des Satans genannt, es muß also ein solcher Sünder verstanden seyn, in welchem das Bose, die böse Begierlichkeit, gleichwie in dem Satan so sehr das Uebergewicht erhalten hat, daß das Leben der Seele in ihm getödtet worden, die heiligmachende Gnade in ihm verloren gegangen ist; dieser ist aber nur der schwere Sünder.
10. Darin erkennet man die Kinder Gottes. und die Kinder des Teufels; jeder, der nicht gerecht ist, ist nicht aus Gott, und wer seinen Bruder nicht liebt;(13) (13) Dadurch kann man die Kinder Gottes und die Kinder des Satans von einander unterscheiden; diese begehen schwere Sünden; jene nicht, und jeder also, der nicht rein von schweren Sünden, nicht gerecht ist, ist kein Kind Gottes, insbesondere der nicht, welcher die Nächstenliebe nicht beobachtet, seinen Bruder haßt, verfolgt oder wie immer auf schwere Weise die Liebe gegen ihn verletzt. Der Apostel hebt die Nächstenliebe hervor weil sie das Hauptgebot des Christen ist, und selbst die Gottesliebe daran hängt (unt. 4, 20.).
11. denn das ist die Verkündigung, die ihr vom Anfange gehört habt, daß ihr euch unter einander lieben sollet, Joan. 13, 34. 15, 12.
12. nicht so wie Kain, der aus dem Bösen war, und seinen Bruder erschlug. (14) Und warum erschlug er ihn? Weil seine Werke böse, die seines Bruders aber gerecht waren.(15) (14) der dem Bösen, dem Satan in sündhafter Gesinnung ähnlich war, und gleich ihm ein Menschenmörder ward. (15) Warum erschlug er ihn? Weil er ein Ungerechter, kein Wiedergeborner war, und die Ungerechten die Gerechten hassen.
13. Verwundert euch nicht, Brüder! wenn euch die Welt hasset. (16) (16) S. Matth. 10, 21. 22. und die Noten. Joan. 15, 18. ff.
14. Wir wissen, daß wir vom Tode ins Leben übersetzt worden sind, weil wir die Brüder lieben. (17) Wer nicht liebet,(18) der bleibet im Tode.(19) (17)Unsere Nächstenliebe ist ein Kennzeichen, daß wir wahrhaft Wiedergeborne, Kinder Gottes sind. Dieser Vers schließt sich wieder an V. 10 an, worin die Gerechtigkeit, insbesondere die Liebe, als Merkmal der Wiedergeburt angegeben ist; die Verse 11—13 erläutern nur das Gebot der Liebe, und wie der Haß, welcher mit der weltlichen Gesinnung verbunden, zu meiden sey. — (18) Im Griech.: den Bruder. (19) kann nicht wiedergeboren, kein Kind Gottes werden. Sieh da, wie nicht bloß der Glaube, sondern Glaube in Liebe thätig, gerecht machen.
15. Jeder, der seinen Bruder hasset, ist ein Menschenmörder;(20) und ihr wisset, daß kein Menschenmörder das ewige Leben in sich wohnend hat.(21) (20) denn er mordet nicht nur sich selbst geistiger Weise, sondern auch seinen Nächsten, indem der Haß gegen diesen mit dem Wunsche seiner Vernichtung verbunden ist, und dieser Wunsch ein geistiger Todtschlag ist , welches; selbst zum körperlichen werden kann, wenn dem Hasse nicht gesteuert wird. Darum heißt der heftige Haß auch der tödtliche Hass. (21) die Gnade der Wiedergeburt, die das ewige Leben verbürgt, in sich bewahren kann.)
16. Daran haben wir die Liebe Gottes erkannt, daß er sein Leben für uns dahingab;(22) und auch wir sollen für die Bruder das Leben lassen. (22) Der Liebende mordet also nicht nur seinen Bruder nicht; er gibt sogar sein eignes Leben für ihn, oder doch von seinem Überflusse. Sieh das Folgende.
17. 17. Wer die Güter dieser Welt hat, und doch, wenn er seinen Bruder Noth leiden sieht, sein Herz vor ihm verschließt, wie bleibet die Liebe Gottes in ihm?(23) (23) wie bleibet ein solcher in der Gnade Gottes, ein Freund Gottes?
18. Meine Kindlein! lasset uns nicht mit Worten und mit der Zunge lieben, sondern in der That und Wahrheit.
19. Daran (24) erkennen wir, daß wir aus der Wahrheit sind,(25) und wir werden vor seinem Angesichte unsere Herzen beruhigen. (24)an dieser wahrhaften Liebe. —— (25) aus Gott, daß wir Kinder Gottes sind.
20. Denn wenn uns unser Herz bestraft, ist Gott noch größer als unser Herz, da eralles weiß. (26) (26) denn wenn uns schon Unser Herz der Lieblosigkeit beschuldigt, wie werden wir vor dem Gerichte Gottes bestehen, da er noch mehr Weiß als unser Herz, da er alles weiß?
21. Geliebteste! wenn unser Herz uns nicht bestraft, so haben wir Zuversicht zu Gott,
22. und werden, was wir bitten, von ihm erlangen, weil wir seine Gebote halten, und thun, was ihm wohlgefällig ist.
23. Und das ist sein Gebot: Daß wir glauben an den Namen seines Sohnes Jesu Christi; und daß wir uns unter einander lieben, wie er uns befohlen hat.
24. Und wer seine Gebote hält, der bleibet in ihm, und er in demselben; und daran er kennen wir, daß er in uns bleibet, an dem Geiste, den er uns gegeben hat. Unt. 4, 13. Joan. 14, 23. Röm. 8, 9. 1. Cor. 12. 8.


Capitel 4


Geliebte! glaubet nicht jedem Lehrer. Nur solche, welche bekennen, daß der Sohn Gottes in Jesu Christo als wirklicher Mensch erschienen sey, sind wahre Lehrer; die es leugnen, sprechen in der Gesinnung des Antichrists, der jetzt schon in der Welt ist. Da ihr Kinder Gottes seyd, vermögen diese Weltkinder nichts über euch; denn wer aus Gott geboren ist, erkennet Gott, und höret auf die apostolische Lehre. Mit dieser Erkenntniß Gottes ist auch immer die Liebe verbunden; denn wer nicht liebt, kennt Gott nicht, da Gott die Liebe ist, wie er durch die Sendung seines Sohnes gezeigt, den er, ohne daß wir ihn vorher geliebt, für unsere Sünden dahingegeben hat. Weil uns Gott so sehr geliebt, müssen wir ihn, den Unsichtbaren, in seinen sichtbaren Ebenbildern lieben, damit wir mit ihm verbunden bleiben, und in der Liebe zu ihm selbst vollkommen werden. Das Merkmal seiner Vereinigung mit uns ist sein Geist, der sich einerseits in dem Bekenntnisse äußert, daß Jesus der Sohn Gottes sey, anderseits in der Liebe, welche uns, ohne Strafe zu fürchten, das Vertrauen einflößt, einst vor Gottes Gerichte zubestehen. Unsere Liebe zu Gott folgt also nothwendig aus der Liebe, die wir von Gott erfahren haben; sie ist aber unzertrennlich von der Nächstenliebe, wie auch das Gebot der Liebe deutlich aussagt.


Kommentare und Verweise
1. Geliebteste! glaubet nicht jedem Geiste,(1) sondern prüfet die Geister,(2) ob sie aus Gott sind; (3) denn es sind viele falsche Propheten in die Welt ausgegangen. (1)jedem Lehrer, jeder Lehre. — (2) nach der Lehre, die euch gepredigt worden (V. 6.). Das Wort Gottes, wie es in der Kirche überliefert und bewahret wird, ist der Prüfstein jeder Lehre. (3) ob je ihren Ursprung aus der Wahrheit haben, ob sie Wahres mittheilen.
2. Daran wird der Geist Gottes erkannt:(4) Jeder Geist, der bekennet, daß Jesus Christus im Fleische gekommen sey, ist aus Gott.(5) (4)daran erkennt man, ob jemand aus dem Geiste Gottes, aus der Wahrheit spreche, wenn er bekennt, daß x. (5) der bekennet, daß der sohn gottes (Matth. 26,63.) die menschliche Natur angenommen, und in Jesu von Nazareth auf Erden erschienen seh, ist ein wahrer, von Gott gesandter Lehrer. Joannes hat Irrlehrer im Auge, welche die wahre menschliche Natur Christi leugneten, oder die Geschichte Jesu in Zweifel setzten.
3. Und jeder Geist, der Jesum aufhebt,(6) ist nicht aus Gott, und dieser(7) ist der Widerchrist,(8) von dem ihr gehört habet, daß er kommt, und er ist schon jetzt in der Welt. (6) entweder seine menschliche Natur und Erscheinung, oder seine göttliche Würde, oder überhaupt die Nothwendigkeit seines Erlösungswerkes leugnet. Andere geben: der Jesum theilt, d. i. welcher leugnet, daß Jesus von Nazareth der verheißene göttliche Messias sey (ob. 2, 22.). Im Griech.: Und jeder Geist, der nicht bekennt, daß Jesus Christus im Fleische gekommen sey, ist nicht aus Gott. Diese Leseart findet sich bei einigen Vätern, insbesondere bei dem heiligen Polycarp, einem Schüler des heiligen Joannes. — (7) Geist. — (8) nicht in Person, aber dem Geiste nach in seinen Vorläufern. S. ob. 2, 18.
4. Ihr seyd aus Gott, (9) Kindlein! und habet ihn überwunden;(10) denn der in euch ist, ist mächtiger, als der in der Welt ist.(11) (9) S. ob. 3, 1. (10) den Widerchrist, nämlich jene Lehrer, die als seine Vorläufer in seiner Gesinnung auftreten. In Griech.: habt sie überwunden. — (11) denn der Geist Gottes, der euch beseelt, gibt euch Kraft, wenn ihr anders ihm treu bleibet, den Geist des Widerchrists, seine falschen Lehren und Grundsätze zu überwinden, und in ihrer Nichtigkeit zu erkennen.
5. Jene sind von der Welt,(12) darum reden sie von der Welt, und die Welt höret auf sie. (12) werden von dem Geiste der Sinnlichkeit, Selbstsucht getrieben.
6. Wir sind aus Gott. (13) Wer Gott kennet, höret auf uns; wer nicht aus Gott ist, höret nicht auf uns; daraus erkennen wir den Geist der Wahrheit, und den Geist des Irrthums.(14) (13)Wir Apostel sind göttlicher Gesinnung — (14) Wer göttliche Gesinnung die wahre Erkenntniß von Gott hat, höret auf die apostolische Lehre; wer weltliche Gesinnung hat, will unsere Lehre nicht hören. An diesem Hören oder Nichthören erkennen wir, wer von dem Geiste der Wahrheit, und wer von dem Geiste des Irrthums getrieben wird.
7. Geliebteste! lasset uns einander lieben,(15) denn die Liebe ist aus Gott;(16) und jeder, der liebt, ist aus Gott geboren, und kennet Gott. (15) Der Apostel geht auf die Liebe über, Weil der wahrhaft Wiedergeborne nicht nur die wahre Erkenntniß hat, sondern auch darnach handelt d.i. liebt; denn die Liebe ist die Seele des Handelns, und in ihr vereinigen sich alle Tugenden. (16) denn die Liebe ist eine Frucht der Wiedergeburt, der Kindschaft Gottes.
8. Wer nicht liebt, der kennet Gott nicht; denn Gott ist die Liebe.
9. Dadurch hat sich Gottes Liebe gegen uns geoffenbaret, daß Gott seinen eingebornen Sohn in die Welt gesandt, damit wir durch ihn leben. Joan. 3, 16.
10. Darin bestehet diese Liebe; nicht daß wir Gott geliebt, sondern daß er uns zuvor geliebt und seinen Sohn gesandt hat zur Versöhnung für unsere Sünden. Ob. 2, 2.
11. Geliebteste! da Gott und so geliebt, so müssen wir und auch einander lieben.
12. Niemand hat Gott jemals gesehen. Wenn wir aber einander lieben, so bleibet Gott in uns, und seine Liebe ist in uns vollkommen. (17) (17) Dem unsichtbaren Gott können wir unmittelbar seine Liebe nicht sichtbar vergelten; wenn wir uns aber unter einander lieben, so lieben wir ihn mittelbar in seinen Ebenbildern, wir bleiben in Gemeinschaft mit ihm, und unsere Liebe zu ihm selbst erreicht so ihre Vollkommenheit.
13. Daran erkennen wir, daß wir in ihm bleiben, und er in uns, daß er uns von seinem Geiste gegeben hat. (18) (18) daß er uns die wahre Erkenntniß (Glauben) und die wahre Liebe gegeben hat, wie die folgenden Verse erläutern, von denen V. 14 und 15 die Vereinigung mit Gott von der Erkenntniß abhängig machen, V. 16 von der Liebe.
14. Und wir haben es gesehen, und bezeugen es, daß der Vater seinen Sohn als Heiland der Welt gesendet hat.
15. Wer da bekennet, daß Jesus der Sohn Gottes ist, in dem bleibet Gott, und er in Gott. (19) (19) Der Glaube an Jesum, den Sohn Gottes, steht für den ganzen christlichen Glauben; denn in Jesu läßt sich nichts trennen, und der glaubt an ihn nicht wahrhaft, der nicht alles glaubt, was er gelehrt und was seine Stellvertreter, die Apostel und Bischöfe, als seine Lehre überliefert haben.
16. Und wir haben erkannt und geglaubt die Liebe, die Gott zu und hat. (20) Gott ist die Liebe, und wer in der Liebe bleibet, der bleibet in Gott, und Gott in ihm. (20) s. ob. V. 9 und 10
17. 17. Dadurch ist die Liebe Gottes vollkommen bei uns, wenn wir, wie er ist, ebenso in dieser Welt sind,(21) so daß wir Vertrauen auf den Tag des Gerichtes haben können.(22) (21) ebenso den Nächsten lieben, wie er uns geliebt hat; wenn wir lieben, wie er liebt. S. ob. Note 17.— —— (22) ohne uns vor Strafe fürchten zu müssen.
18. Furcht ist nicht in der Liebe,(23) sondern die vollkommene Liebe treibet die Furcht aus, denn die Furcht hat Pein;(24) wer aber Furcht hat, der ist nicht vollkommen in der Liebe. (23) nämlich die knechtliche Furcht vor der Strafe, weil der Liebende kein schwerer Sünder ist, und also auch keine Strafe zu fürchten hat. Dagegen verträgt sich mit der Liebe vollkommen die kindliche Furcht, den geliebten Gegenstand zu beleidigen, ja sie ist elblt diese Furcht. (24) denn die Furcht ist ein ängstliches Gefühl vor der Strafe; da diese nicht dem Liebenden gedroht ist, so kann bei der Liebe auch keine solche Furcht seyn.
19. Lasset uns also Gott lieben, weil uns Gott zuerst geliebt hat. (25) (25) Und diese Liebe beweisen in der Nächstenliebe.
20. Wenn jemand sagt:"Ich liebe Gott," und hasset doch seinen Bruder, der ist ein Lügner. Denn wer seinen Bruder, den er sieht, nicht liebet, wie kann er Gott lieben, den er nicht sieht?(26) (26) denn wenn jemand seinen Bruder, der einr Kind Gottes, Gottes Ebenbild ist (unten 5, 1.), in dem Gott also gleichsam sichtbar geworden ist, nitcht liebet, wie kann man von einem solchen glauben, daß er den unsichtbaren Gott liebe? er täuscht sich selbst und täuscht auch andere, wenn er es behauptet; er ist ein Lügner.
21. Auch haben wir dieses Gebot von Gott, daß, wer Gott liebet, auch seinen Bruder liebe. Joan. 13,34. 15,12. Eph. 5,2.


Capitel 5


Die Bruderiiebe hängt auch mit der Wiedergeburt aus dem Vater zusammen; denn da der Wiedergeborene seinen Vater liebt, liebt er auch seine Brüder. Gott, den Vater, lieben wir aber, wenn wir seine Gebote halten, die nicht schwer sind, weil der lebendige Glaube an Jesus, den Sohn Gottes, alle Hindernisse, welche die Welt einem heiligen Leben entgegensetzt, überwinden kann. Dieser Glaube beruht auf der wirklichen Etscheinug Jesu Christi auf Erden, der nicht bloß in der Taufe zum Lehrer bestellt worden, sondern sich auch durch seinen blutigen Tod als Versöhner dargestellt hat und durch den heiligen Geist bestätigt worden ist. So ist die Wahrheit nicht bloß himmlisch durch die drei göttlichen Personen, sondern auch; irdisch durch den Geist, das Wasser und das Blut bezeugt, und diese Zeugen stimmen zusammen, wie sie wesentlich Eins sind. Es sind göttliche Zeugnisse. Der Gläubige nimmt sie an, und erkennt, daß uns Gott in seinem Sohne das Leben gegeben hat, welches uns das Vertrauen einflößt, in allem, was nach Gottes Willen ist, erhört zu werden, z.B. einem Sünder zum Leben verhelfen zu können, obwohl hierin bei leichtern und Todfünden ein Unterschied obwaltet. Was aber die Sünde betrifft, so wisset ihr, daß sie sich mit der Wiedergeburt nicht vereinbare, und daß Jesus Christus uns die wahre Erkenntniß gegeben, um uns vor allem Unheiligen hüten zu können.


Kommentare und Verweise
1. Jeder, der glaubt, daß Jesus der Christus sey, (1) ist aus Gott geboren; und jeder, welcher den Erzeuger liebet, liebet auch den, der aus ihm erzeugt ist.(2) (1)der als Heiland erschienene Sohn Gottes, der Messias sey. — (2) Der Apostel fährt fort, die nothwendige Verbindung der Gottes- und Bruderliebe zu zeigen. Diese Verbindung, sagt er, folgt auch aus der Wiedergeburt. Der Wiedergeborne liebt nicht nur seinen Vater, Gott, sondern auch, die andern wiedergebornen Brüder, mit denen er so enge verbunden ist. —
2. Daran erkennen wir, daß wir Gottes Kinder lieben, wenn wir Gott lieben, und seine Gebote halten.(3) (3) Wie das Kennzeichen der wahren Gottesliebe die Bruderliebe ist (ob. 4, 11. ff.), so ist hinwiederum das Kennzeichen der wahren Bruderliebe die Gottesliebe, welche in der Beobachtung seiner Gebote sich äußert. Wir dürfen also aus Bruderliebe die Gottesliebe nicht verletzen. —
3. Denn das ist (4) die Liebe zu Gott, daß wir seine Gebote halten, und seine Gebote sind nicht schwer; (4) Darin äußert, offenbart sich
4. denn alles, was aus Gott geboren ist, überwindet die Welt, und das ist der Sieg, welcher die Welt überwindet, unser Glaube.
5. Wer ist es, der die Welt überwindet, als der, welcher glaubt, daß Jesus der Sohn Gottes ist?(5) (5) Die Gebote Gottes zu halten, ist nicht schwer; denn der Wiedergeborne, der Christ überwindet die Welt, alles Ungöttliche, was ihn zur Sünde reizt und lockt, durch den Glauben, und zwar durch den Glauben an den göttlichen Erlöser; denndurch diesen Glauben erhält er alle Gnadenmittel zur Ueberwindung der Feinde seines Heiles.
6. Dieser ist es, (6) der durch Wasser und Blut gekommen, Jesus Christus, nicht durch das Wasser allein, sondern durch das Wasser und durch das Blut, und der Geist bezeuget; daß Christus die wahrheit sey. (7) (6) Der Apostel beweist nun, daß dieser Glaube an Jesum, der so mächtig ist, auf den sichersten Zeugnissen beruhe, keine bloße Einbildung sey, sondern auf geschichtliche Thatsachen sich stütze. — (7) Jesus ist durch Thatsachen, die sich mit ihm zutrugen, wahrhaftig als Erlöser und Heiland der Welt erwiesen, dadurch nämlich, daß er gekommen ist durch Wasser, d. h. durch die Taufe, welche er von Joannes, dem Täufer, am Jordan empfing, und welche die feierliche Weihe zu seinem Amte war; ferner dadurch, daß er mit Blut gekommen ist, d. i. daß er sein Versöhnungsopfer, welches von den Propheten vorhergesagt war und nicht ohne Blut zu Stande gebracht werden konnte (Hebr. 9, 22. 10, 22.), wirklich dargebracht hat. Endlich Ist auch der Geist Gottes ein Zeuge dafür, d. h. der über die Gläubigen ausgegossene Geist, die gleichsam sichtbaren Wirkungen desselben, welche von der Wahrhaftigkeit Jesu (Joan. 15, 26.) und also von diesem selbst zeugen. — Im Griech.: und der Geist bezeuget es; denn der Geist ist Wahrheit.
7. denn drei sind, die Zeugniß geben im Himmel: Der Vater, das Wort und der heilige Geist; und diese drei sind Eins.
8. Und drei sind, die Zeugniß geben auf Erden: Der Geist und das Wasser, und das Blut; und diese drei sind Eins.(8) (8) Diese Verse 7 und 8 geben nicht die Ursache von V 6., sondern erklären diesen Vers nur weiter, so daß der Sinn ist: denn für die wirkliche Erscheinung Christi als Erlöser auf Erden zeugen nicht bloß die drei himmlischen, unsichtbaren Zeugen, der Vater, das Wort und der heilige Geist in völliger Uebereinstimmung unter einander, sondern dahin stimmen auch drei irdische, sichtbare Zeugen auf Erden zusammen: der heilige Geist in seinen Gnadenwirkuugen, die Taufe und der blutige Tod Christi. Die Worte: "»diese drei sind Eins," bedeuten in beiden Versen zunächst: und diese drei stimmen in ihrem Zeugnisse zusammen; zugleich aber sprechen sie die Wesensgleichheit der angeführten Zeugen aus. Der Vater, das Wort und der heilige Geist sind von Einer göttlichen Wesenheit; die Geistesgaben, das Wasser und das Blut sind ebenfalls von Einer Wesenheit; denn allen liegt der göttliche Geist zu Grunde: den Geistesgaben, weil sie seine Wirkungen sind; der Taufe Christi, sofern er sich dabei über Christum in unendlicher Fülle ergoß; und dem Blute Christi, soferne Christus im heiligen Geiste sein unendliches Opfer darbrachte, und die Gnade des heiligen Geistes allen Menschen dadurch verdient hat. Die Aechtheit des VerseS 7 ist in der christlichen Kirche vielfach angestritten worden, weil ihn die ältesten griechischen Handschriften nicht haben, und die Väter nicht anführen; indessen findet er sich doch in der alten englischen Handschrift und in einiger jüngern; der heilige Cyprian spielt darauf in seinem Werke über die Einheit der Kirche zum Beweise der Dreieinigkeit an, und die afrikanische Kirche gründet daraus in ihrem Glaubensbekenntnisse, welches sie im Jahr 484 nach Chr. dem König der Vandalen, Hunerich, überreichte, ihren Glauben an die Gottheit des Sohnes.
9. Wenn wir der Menschen Zeugniß annehmen, so ist das Zeugniß Gottes größer; dieß aber ist das Zeugniß Gottes, welches größer ist, daß er von seinem Sohne bezeuget hat. (9) (9) bei der Taufe (Matth. 3, 16. 17.) und in seinem göttlichen Leben und Wirken (Joan.5, 32. 36.).
10. Wer an den Sohn Gottes glaubet, der hat Gottes Zeugniß in sich; wer dem Sohne (10) nicht glaubet, der macht ihn zum Lügner, weil er an das Zeugniß nicht glaubt, welches Gott von seinem Sohne bezeuget hat. (11) (10) Im Griech.: wer Gott nicht ec. — (11) Der Gläubige hält an Gottes Zeugniß, der Ungläubige erklärt Gott als Lügner, weil er sein Zeugniß verwirft, indem er der Meinung ist, Gott könne auch das Unwahre bezeugen.
11. Und das ist das Zeugniß, daß uns Gott das ewige Leben gegeben hat; und dieses Leben ist in seinem Sohne. (12) (12) Die Absicht des göttlichen Zeugnisses geht dahin, uns zu überzeugen, daß uns Gott in seinem Sohne das ewige Leben gegeben hat.
12. Wer den Sohn hat, der hat das Leben; wer den Sohn nicht hat, der hat das Leben nicht.
13. Das schreibe ich euch, damit ihr wisset, daß ihr das ewige Leben habet, die ihr an den Namen des Sohnes Gottes glaubet.
14. Und dieß ist das Vertrauen, das wir zu ihm haben, daß er uns in allem, was wir nach seinem Willen begehren werden; erhöret. (13) (13) Mit dem Leben, das wir durch den Sohn erhalten, ist das Vertrauen verbunden, in allem erhört zu werden, was nach Gottes Willen ist. Oder: der lebendige Christ, der wahre Geist darf das Vertrauen haben, in allem erhört zu Werden, um was er nach Gottes Willen bittet. Sieh Matth. 7, ff. Note 6.
15. Und da wir wissen, (14) das er uns erhöret, was wir immer bitten, so wissen wir, daß wir das von ihm Erbetene (15) erlangen. (14) im allgemeinen (V. 14.). (15) in einem besondern Falle, wie der Apostel V. 16 einen als Beispiel anführt.
16. Wer da weiß, daß sein Bruder sündige, aber nicht zum Tode, (16) der bitte, und es wird dem, der nicht zum Tode sündiget , das Leben gegeben werden. (17) Es gibt eine Sünde zum Tode; und nicht für diese, sage ich, daß jemand bitten solle. (18) (16) sündige, ohne daß doch das Leben seiner Seele, die heiligmachende Gnade verloren gehe. Dieß gehtbei jeder Todsünde verloren; der Apostel scheint indeß nur solche besonders schwere Sünden im Auge zu haben, mit welchen der Zustand der Unbußfertigkeit verbunden ist, wie z. B. schwere Gewohnheitssünden, der Unmäßigkeit, Unzucht, Habsucht, die Sünde wider den heiligen Geist. Sieh das Folgende. — (17) die Gnade der Besserung. — (18) Versteh: mit dem aus die Verheißung sich gründenden Vertrauen, erhört zu werden; denn nur von dem Bittgebete, dem die Erhörung verheißen ist, ist hier die Rede (V. 15.). Der Apostel untersagt also nicht überhaupt das Gebet für derlei Sünder, sondern sagt nur, daß man für sie nicht mit der sichern Ueberzeugung beten solle, erhört zu werden. Der Grund, warum die Erhörung bei solchen Sündern zwar nicht unmöglich, aber äußerst selten eintritt, ist, weil ihr freier Wille sich so sehr im Bösen gefällt und festsetzt, daß er der göttlichen Gnade die größten Hindernisse entgegenstellt, und sie fast immer unkräftig macht. Bemerke auch: Wenn Christus (Joan. 14, 13.) allgemein ausspricht, daß wir in allem erhört werden, was wir im Namem Jesu bitten, so hat er die Regel, der heilige Joannes hier die Ausnahme gegeben.
17. Alle Ungerechtigkeit ist Sünde;(19) und es gibt eine Sünde zum Tode. (20) (19)Alles, was das Rechte, nämlich das Gesetz verletzt, ist Sünde. (20) Im Griech.: und es gibt eine Sünde, die nicht zum Tode ist. Der heil. Apostel unterscheidet also sowohl nach dem lateinischen als griechischen Texte zwischen Todsünden und leichteren, sogenannten läßlichen Sünden.
18. Wir wissen, daß jeder, der aus Gott geboren ist, nicht sündiget, sondern die Geburt aus Gott bewahret ihn, und der Böse tastet ihn nicht an. (21) (21) Die Sünde (V. 17.) führt den Apostel wieder aus den schon oben (3,9.) geäußerten Gedanken, daß sich mit der Wiedergeburt Sündigen nicht vertrage, und daß deßhalb der christ nicht sündigen solle, Wenigstens von allen schweren Sünden frei seyn müsse. Im Griech: sondern durch die Geburt aus Gott bewahret er sich, und x.
19. Wir wissen, daß wir aus Gott sind; und die ganze Welt liegt im Bösen.(22) (22) dem Satan unterworfen, voll der Laster und Lüste.
20. Und wir wissen, daß der Sohn Gottes gekommen ist, und uns den Sinn gegeben hat, den wahren Gott zu erkennen, und mit seinem wahren Sohne vereinigt zu seyn. Dieser ist der wahre Gott, und das ewige Leben.(23) (23) Dieser, Christus, ist der wahre Gott, der das ewige Leben gibt.
21. Kindlein! hütet euch vor den Götzen.(24) Amen. (24) vor jedem falschen Gotte, vor jedem Götzen. Bemerke: Götzendienst ist immer da, wo man etwas mehr als Gott oder wider Gottes Willen liebt.

2.Brief


Ein Capitel


Joannes, der Aelteste, schreibt an die auserwählte Frau und ihre Kinder und wünscht ihnen Gnade und Friede. Ich freue mic, daß deine Kinder in der Wahrheit wandeln, und bitte dich gemäß dem alten Gebote, in der gegenseitigen Liebe zu beharrnu, wie die Liebe überhaupt in der Beobachtung der Gebote besteht. Die Ermahnug, bei den gehörten Lehren zu beharren. thut noth: denn viele falsche Lehrer leugnen selbst die Grundwahrheit, daß Christus als wirklicher Mensch erschienen sey. Hütet euch, durch Abweichung von der wahren Lehre die Gemeinschaft mit Gott zu verlieren, und zeiget solchen Irrlehrern, daß ihr keine ’ Gemeinschaft mit ihnen habet. Mehreres mündlich. Grüße.


Kommentare und Verweise
1. Der Aelteste (1) an die ausertwählte Frau und ihre Kinder,(2) welche ich in der Wahrheit liebe, und nicht nur ich, sondern auch alle, welche die Wahrheit erkannt haben, (1) So nennt sich Joannes, theils weil er Oberbischof war, theils schon ein sehr hohes alter erreicht hatte. S. 1. Petr.5, 1. —— (2) Sieh Einleitung zu dem ersten Briefe. —
2. um der Wahrheit willen, die in uns bleibet, und bei uns seyn wird in Ewigkeit. (3) (3) d.i. welche wir lieben, um der Wahrheit, um des Christenthums willen. welches die Bruderliebe gebietet. Das wahre Christenthum verbindet uns zu wahrer Liebe, und diese Wahrheit wird, möge bei uns seyn in Ewigkeit, ewig also mit ihr auch die herzliche, gegenseitige Liebe.
3. Gnade sey mit euch, Barmherzigkeit, Friede von Gott, dem Vater, und von Christo Jesu, dem Sohne des Vaters, in der Wahrheit und Liebe!(4) (4) Vermöge. der Wahrheit und Liebe des Glaubens und der Liebe, des thätigen Glaubens. Dieser macht uns fähig, immer mehr Gnade und Barmherzigkeit und eben deßhalb auch mehr Friede von Gott zu erhalten. Der heilige Geist steht nicht dabei, weil er unter Vater und sohn mitverstanden ist, indem er de Geist des Vaters und Sohnes ist.
4. Ich bin sehr erfreut, daß ich unter deinen Kindern einige gefunden,(5) welche in der Wahrheit (6) wandeln, sowie wir das Gebot vom Vater empfangen haden. (5) die ihn wahrscheinlich besucht hatten. (6) nach der wahren Lehre.
5. Unb nun ditte ich dich, Frau! nicht als ob ich dir ein neues Gebot schreibe, sondern was wir vom Anfange (7) gehabt haben, daß wir einander lieben. Joan. 13, 34. 15. 12. (7) beim Anfange des christlichen Unterrichtes
6. Und dieß ist die Liebe,(8) daß wir nach seinen Geboten wandeln. Denn dies ist das Gebot, daß, wie ihr es vom Anfange gehört habet, ihr darin wandelt; 1.Joan. 2,7. 5,3. (8) Darin zeigt sich die Liebe überhaupt
7. denn (9) sind viele Verführer in die Welt ausgegangen, welche nicht bekennen, daß Jesus Christus im Fleische gekommen sey; ein solcher ist der Verführer und der Widerchrist. 1. Joan. 4. 2. 3. (9) über die Verbindung sieh die Inhaltsanzeige
8. Sehet euch vor, daß ihr nicht verlieret, was ihr erwirkt habet, (10) sondern. vollen Lohn empfanget! (10) daß ihr durch Abfall von dem wahren Glauben nicht das Heil, die ewige Seligkeit verlieret, auf die ihr durch die Annahme des Glaubens Ansprüche erworben habet.
9. Jeder, der abweicht, und nicht in der Lehre Christi bleibet, hatt Gott nicht; (11) wer in der Lehre bleibet, (12) der hat den Vater und den Sohn. (11)zum Vater undd Freunde. — (12) Im Griech.: in der Lehre Christi bleibet. —
10. Wenn jemand zu euch kommt, und diese Lehre nicht mitbringt, so nehmet ihn nicht in’s Haus auf, und grüßet ihn auch nicht. (13) (13) Meidet alle Gemeinschaft mit einem solchen.
11. Denn wer ihn grüßet, der macht sicht seiner bösen Werke theilhaftig. (14) (14) In dem Friedensgruße lag zugleich die Erklärung, daß man jemanden als einen Gleichgesinnten anerkenne und als Freund verehre, noch mehr lag es in der gastfreundlichen Aufnahme; deshalb musste der Apostel verbieten, beides bei Irrlehrern in Anwendung zu bringen.
12. Ich hätte euch noch viel zu schreiben, aber ich wollte es nicht durch Papier und Dinte; denn ich hoffe , zu euch zu kommen, und von Mund zu Mund zu reden, damit! eure Freude vollkommen werde.
13. Es grüßen dich die Kinder deiner auserwählten Schwester. (15) (15) Einer aussgezeichneten Christen.

3.Brief


Ein Capitel


Joannes schreibt an Gaius, wünscht ihm Wohlergehen, und freut sich seines christltchen Wandels so wie seiner Liebe für die Glaubensprediger. Diotrcphes wird seiner Lieblosigkeit wegen getadelt, für Demetrius ein gutes Zeugniß abgelegt. Segenwunsch und Grüße.


Kommentare und Verweise
1. Der Aelteste an den geliebtesten Gaius,(1) den ich in der Wahrheit liebe. (1) S. Apostg. 19, 29
2. Geliebtester! ich bete, daß es dir in allem wohl gehe und du gesund seyest, wie es denn auch deiner Seele wohl geht.
3. Ich wurde sehr erfreut, als Brüder kamen, und deiner Wahrheit Zeugniß gaben, wie du in der Wahrheit wandelst.(2) (2) nach der wahren Lehre.
4. Eine größere Freude habe ich nicht als die, daß ich höre, meine Kinder wandeln in der Wahrheit.
5. Geliebtester! du handelst treulich in dem, was du an den Brüdern, und zwar an den Fremden thust,
6. die das Zeugniß von deiner Liebe von der Gemeinde abgelegt haben; du thust wohlwenn du ihnen das Geleite gibst, wie es sich vor Gott gebührt;(3) (3) S. Apostg. 15, 3. Röm. 15,24.
7. denn sie und um seines Namens willen ausgezogen,(4) und haben von den Heiden(5) nichts erhalten. (4)der Vorbereitung des Christenthums wegen, als Glaubensprediger. (5) denen sie gepredigt haben.
8. Wir müssen uns daher solcher annehmen, damit wir Mitarbeiter an der Wahrheit werden.
9. Ich hätte vielleicht auch an die Gemeinde geschrieben, aber Diotrephes, welcher der Erste unter ihnen seyn will, nimmt uns nicht an.(6) (6) Der ehrgeizige Diotrephes, der sein Ansehen beeinträchtigt glaubt, wenn Glaubensprediger kommen, nimmt uns nicht an, und sucht unsere Aufnahme bei der Gemeinde zu hintertreiben.
10. Darum will ich ihm, wenn ich komme, seine Werke, die er thut, vorhalten, indem er uns durch üble Nachrede verhöhnt, und, damit noch nicht zufrieden, weder selbst die Brüder aufnimmt, noch es denen, die es thun wollen, gestattet, und sie aus der Gemeinde ausstößt.
11. Geliebtester! ahme nicht das Böse, sondern das Gute nach. Wer Gutes thut, der ist aus Gott;(7) wer Böses thut, der hat Gott nicht erkannt. 1. Joan. 3, 6. 10. (7) Kind Gottes
12. Demetrius hat von jedermann und von der Wahrheit selbst ein gutes Zeugniß. Aber auch wir zeugen für ihn, und du weißt, daß unser Zeugniß wahr ist.
13. Ich hätte noch viel dir zu schreiben, aber ich wollte nicht durch Dinte und Feder dir schreiben.
14. Ich hoffe aber dich bald zu sehen, und wir werden von Mund zu Mund reden. Friede seh mit dir! Es grüßen dich die Freunde. Grüße die Freunde namentlich.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen