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Im Corona-Jahr starben ähnlich viele wie 2015

Wie hier auf dem Katholischen Friedhof an der Cronenberger Straße brannten zahlreiche Grablichter an Allerheiligen. Foto: Christian Beier

Wie hier auf dem Katholischen Friedhof an der Cronenberger Straße brannten zahlreiche Grablichter an Allerheiligen. Foto: Christian Beier

Remscheid. Im Dezember 2020 stellte das Gesundheitsamt in Remscheid 174 Todesbescheinigungen aus. Im Dezember 2019 waren es 116. Auch im Jahresvergleich starben mehr Remscheider als im Vorjahr. Die Zahl der Sterbefälle stieg um mehr als 100 auf 1469. Von einer überhöhten Sterberate als Folge der Coronapandemie kann auf Grundlage der Zahlen aber nicht die Rede sein. Jedenfalls noch nicht.

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„Um die Frage zu beantworten, ob Covid-19 zu einer Übersterblichkeit geführt hat, müssen die Daten zuvor um andere Faktoren bereinigt werden“, sagt Dr. Frank Neveling, Leiter des Remscheider Gesundheitsamtes. Zum Beispiel um die zunehmende Zahl alter Menschen infolge der besonders geburtenstarken Jahrgänge der 1930er Jahre. Ihr Tod ist ein Faktor. Das Wetter ist ein anderer.

Oder es war ein anderes Coronavirus.

Dr. Frank Neveling, Gesundheitsamt

Dass Corona allein die gestiegenen Sterbefälle nicht erklärt, zeigt sich in Remscheid auch mit Blick auf den Juni 2020. Im Sommer verlor das Infektionsgeschehen an Tempo, im Juni verzeichnete Remscheid die geringsten Infektionszahlen. Am 11. Juni war Remscheid sogar coronafrei, für einen Tag lag die Zahl der Infizierten bei null. Dennoch mussten die Amtsärzte im Juni 110 Todesfälle bescheinigen, während es im Juni 2019 „nur“ 98 waren.

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Remscheid: Im Kampf gegen Corona gibt es Impferfolge

Die reinen Zahlen haben also nur bedingte Aussagekraft. „Es bedarf einer Sonderauswertung, die vielleicht in zwei Jahren möglich ist“, sagt Frank Neveling. Gegenwärtig fehlt den Ärzten die Zeit dazu, denn noch sind sie mit dem Kampf gegen das Virus beschäftigt. Dabei freuen sich sie über die Impferfolge, die es zweifellos gibt.

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135 Remscheiderinnen und Remscheider zählt das Robert-Koch-Institut aktuell zu den Opfern der Pandemie. Drei Menschen starben in der vergangenen Woche an beziehungsweise mit Covid-19. Zuvor hatte sich die Zahl der Verstorbenen über zwei Wochen nicht weiter erhöht. Am Sonntag meldete die Stadt jedoch das 135. Todesopfer: Eine 81-jährige Remscheiderin.

Der Corona-Krisenstab führt das langsamere Wachstum der Sterblichkeit insbesondere auf die Durchimpfung der Bewohnerinnen und Bewohner in den Alten- und Pflegeheimen zurück. Mehr als 5000 Dosen des Vakzins von Biontech/Pfizer wurden dort verimpft.

Auch die Situation auf der Intensivstation des Sana-Klinikums hat sich nach Angaben der Stadt Remscheid entspannt. Aktuell sind 26 von 30 Betten der Intensivstation belegt. Drei davon mit Covid-Patienten, einer muss beatmet werden. Im November 2020 stellte sich die Situation noch anders dar. Damals schaltete das Krankenhaus seine Corona-Ampel auf Rot. Die Intensivmediziner arbeiteten am Limit, ihre Station konnte keine weiteren Patienten mehr aufnehmen.

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Coronavirus in Remscheid: Kein Grund zur Entwarnung

Einen Grund zur Entwarnung sehen die Mediziner darin nicht. Anders als im Herbst befinden sich heute deutlich mehr jüngere Menschen in stationärer Behandlung. Auf der Covid-Station lagen jüngst ein 28-Jähriger und ein 80-Jähriger nebeneinander. „Es herrscht ein sehr diffuses Infektionsgeschehen, alle Altersgruppen sind betroffen“, erklärt der Corona-Krisenstab.

Sorgen machen zudem die Mutationen. Es gibt aktuell 217 PCR-bestätigte Fälle, in denen sich Remscheider mit der britischen Variante infiziert haben – und einen mit der südafrikanischen. Die meisten Menschen stecken sich nach aktuellen Erkenntnissen nach wie vor im Freundeskreis oder in der Familie an. Dabei gilt: Je größer der Haushalt, desto größer das Risiko. Der Arbeitsplatz spielt dagegen die geringste Rolle, auch Kindergarten und Schule fallen gegenüber dem privaten Umfeld als Ansteckungsort zurück.

Übrigens: Ähnlich viele Sterbefälle wie das Coronajahr 2020 weist im Zehnjahresvergleich 2015 auf. Die Statistikstelle NRW nennt für Remscheid die Gesamtzahl 1453. Ein Grund dafür könnte die Grippewelle sein, die im Frühling 2015 grassierte. Ein großer Teil der Infektionen entfiel auf den Typ B-Virus, der damals noch nicht Bestandteil der Impfstoffe war. „Oder es war ein ganz anderes Coronavirus“, sagt Dr. Frank Neveling. Denn davon rasen in jedem Jahr viele um den Globus.

Ersatzklinik und Notkrankenhaus

Bereits in der ersten Coronawelle richtete das Sana-Klinikum eine Covid-Station mit bis zu 40 Betten ein. Für den Fall, dass sie nicht reichen, wurden Ersatzkliniken benannt. Dazu gehört die Stiftung Tannenhof. Sie unterhält eine eigene Covid-Station.

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In der Sporthalle Neuenkamp hat die Feuerwehr ein Notkrankenhaus mit 100 Betten errichtet. Das Notkrankenhaus soll im Bedarfsfall keine Covid-Patienten aufnehmen, sondern andere Patienten. So soll im Klinikum Platz geschaffen werden.

Hohe Inzidenz: Das gilt nun in Schulen und Kitas – alle aktuellen Meldungen zum Coronavirus in Remscheid finden Sie auch in unserem Corona-Blog.

Standpunkt: Auch heute mithelfen

Von Melissa Wienzek

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Schon einmal gab es in Remscheid ähnlich viele Tote wie im Corona-Jahr 2020: 2015, als die Grippe grassierte. Eine Übersterblichkeit verzeichnet die Stadt infolge der Corona-Pandemie 2020 in Remscheid nicht – zum Glück. Dennoch sind bislang 135 Remscheiderinnen und Remscheider im Zusammenhang mit Sars-CoV-2 gestorben. Und das sind eindeutig 135 zu viel. Hinter diesen nackten Zahlen, die wir täglich lesen, stecken Schicksale. Menschen wie du und ich, die Großmutter, der Großvater.

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Und längst behandeln die Krankenhäuser nicht mehr nur die Älteren, auch Jüngere liegen auf der Intensivstation des Sana-Klinikums oder in der Lungenfachklinik Bethanien und kämpfen. Wie hoch wäre also die Sterblichkeitsrate, wenn wir uns nicht an Maskenpflicht, Abstände und Kontaktverzicht halten würden? Sehr wahrscheinlich durchaus höher. Denn Covid-19 ist gefährlich. Von daher sind die Maßnahmen richtig und wichtig. Und zwar immer noch. Auch heute müssen wir gemeinsam dafür sorgen, dass die Zahl der Toten nicht weiter steigt – mit den uns zur Verfügung stehenden Möglichkeiten.

RGA

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