Ergo: Deutsche wollen weniger Risiken und mehr Überwachung

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Die Deutschen können Risiken weiterhin nur schlecht einschätzen. So neigen viele eher dazu, in altbewährte Verhaltensmuster zu verfallen oder gar Sicherheit vor Risiko zu setzen. Kurz gesagt: Ihnen fehlt die Risikokompetenz. Zu diesem Ergebnis kommt der neue Risiko-Report 2019 der Ergo.

So steht Angst vor Terrorismus oder Krieg war nach wie vor auf Platz eins (55 Prozent) der von den Deutschen am meisten gefürchteten Sicherheitsrisiken. Gegenüber 68 Prozent im Vorjahr ist die Bedeutung jedoch um etwa ein Fünftel gesunken. Entsprechend hoch ist dagegen die Sorge der Deutschen vor den Folgen des Klimawandels: Unwetter und Naturkatastrophen bereiten 40 Prozent der Befragten Kummer. Den 18-30-Jährigen (41 Prozent) und Frauen (44 Prozent) übrigens etwas häufiger als den anderen Bundesbürgern.

„Im Vergleich zum Ergo Risiko Report von 2018 können wir feststellen, dass sich die Risikokompetenz der Befragten nicht verbessert, sondern eher verschlechtert hat. Eine Fehleinschätzung hat sich jedoch geändert: Die Angst vor Terrorismus hat abgenommen. Klimaschutz und Naturkatastrophen sind dagegen stärker ins Bewusstsein gerückt.“

Gerd Gigerenzer, Direktor des Harding-Zentrums für Risikokompetenz am Max-Planck-Institut für Bildungsforschung

Geringer geworden ist die Angst davor, Opfer von Gewaltkriminalität (2018: 46 Prozent, 2019: 40 Prozent) zu werden. Deutlich niedriger als die Angst vor Verkehrsunfällen (38 Prozent) oder Wohnungseinbruch (30 Prozent) ist auch die Furcht vor Datendiebstahl (26 Prozent) aus. Wobei jüngere Menschen und Befragte mittleren Alters den Datenklau mit jeweils fast einem Drittel (31 Prozent) etwas häufiger als Bedrohung ansehen.

Nur Bares ist Wahres

Zudem setzen die Deutschen laut Umfrage weiterhin ausschließlich auf Bargeld. So lieben 91 Prozent der Deutschen lieben ihre Scheine und Münzen im Portemonnaie (2018: 93 Prozent) . Fast ausnahmslos halten Frauen (93 Prozent) und Männer (89 Prozent) am Bargeld fest! Etwas offener zeigen sich nur junge Menschen: Bei den 18–30-Jährigen können sich immerhin 16 Prozent ein Leben ohne bare Münze vorstellen, bei den 31–40-Jährigen sind es noch 13 Prozent. Die über 60-Jährigen halten mit 94 Prozent am meisten an ihrem vertrauten Bargeld fest.

Mögliche Pläne zur Abschaffung des Bargeldes lehnen demnach vor allem Facharbeiter und Selbstständige (je 95 Prozent) ab. Etwas offener für ein Leben ohne Bargeld zeigen sich Beamte (14 Prozent) und Angestellte (zwölf Prozent) sowie auch berufstätige Befragte (elf Prozent) im Vergleich zu Menschen ohne Job (sieben Prozent).

Keinen Euro für Datenschutz

Eher geizig zeigen sich die befragten Deutschen beim Thema Datenschutz: Ganze 75 Prozent der Deutschen sind überhaupt nicht bereit, für den Schutz ihrer Daten zu zahlen. Wenn, dann sind es die jungen Befragten – die Generation Vielsurfer – zwischen 18 und 40 Jahren, die immerhin fünf Euro (26–27 Prozent) oder zehn Euro (acht Prozent) dafür ausgeben würden.

„Eine gute Aufklärung an Schulen zum Thema Datenschutz fehlt in Deutschland häufig. Entsprechend verwundert es nicht, dass die Zahlungsbereitschaft für den persönlichen Datenschutz gegenwärtig eher gering ist“, konstatiert Mark Klein, Vorstandsvorsitzender Ergo Digital Ventures.

Ein weiteres Ergebnis: Während Frauen, besonders im Bereich Finanzen (74 Prozent, Männer: 65 Prozent), eher auf Altbewährtes setzen, scheinen Männer der Künstlichen Intelligenz gegenüber tendenziell etwas aufgeschlossener zu sein. Auch die ganz jungen Menschen zwischen 18 und 30 Jahren sind offener.

Chinas digitales Überwachungssystem wird in Deutschland zunehmend akzeptiert

Ende vergangenen Jahres hatte China angekündigt, ein Sozialkreditsystem einführen zu wollen. Mit diesem Aktionsplan wolle man finanzielles, moralisches und politisches Wohlverhalten mit günstigen Krediten oder schnelleren Beförderungen fördern. Fehlverhalten wie Steuerhinterziehung, Vernachlässigung der Eltern oder Überqueren einer Ampel bei Rot könnte indes sanktioniert werden.

Bei den Deutschen scheint ein solcher Plan augenscheinlich gar nicht so schlecht anzukommen. So fände jeder fünfte Befragte (20 Prozent) ein solches Punktesystem gut, weitere zwölf Prozent sind unentschlossen. Ablehnend äußern sich gut zwei Drittel (68 Prozent). Tendenziell sinkt die Zustimmung mit zunehmendem Alter: 18–30 Jahre: 23 Prozent, 31–40 Jahre: 22 Prozent, 51–60 und über 60 Jahre: je 18 Prozent.

„Gerade beim Thema Naturkatastrophen zeigt der zweite Ergo Risiko-Report, dass sich das Bewusstsein der Öffentlichkeit schnell ändern kann – vorausgesetzt, den Menschen stehen ausreichend valide Informationen zur Verfügung. Deutlich wird aber auch, dass dies bei den Themen Alter, Gesundheit, Sicherheit, Geld und insbesondere Digitalisierung nicht der Fall ist. Hier sollte der Staat seine Zurückhaltung aufgeben: Nur, wenn er den Bürgerinnen und Bürgern eine verlässliche Orientierungshilfe bietet, können diese auch im digitalen 21. Jahrhundert selbstbestimmte Entscheidungen über ihr Leben treffen“, kommentiert Gerd Gigerenzer, Direktor des Harding-Zentrums für Risikokompetenz am Max-Planck-Institut für Bildungsforschung, die Ergebnisse des Ergo Risiko-Reports 2019.

Autor: VW-Redaktion