Politik

Ausweis, TV, Kampfdrohnen Ukrainer haben ganzen Staat in einer App

Seit ein paar Jahren haben die Ukrainer eine App, die ihr Leben deutlich erleichtert.

Seit ein paar Jahren haben die Ukrainer eine App, die ihr Leben deutlich erleichtert.

(Foto: picture alliance / NurPhoto)

Schon vor dem Krieg geht es der Ukraine wirtschaftlich nicht gut. Das hindert Kiew allerdings nicht daran, die Digitalisierung des Landes voranzutreiben. Die Regierung setzt insbesondere auf eine App, die Behördengänge ersetzen soll. Im Krieg kommen noch einige Anwendungen dazu.

Die Ukraine befindet sich nicht erst seit dem 24. Februar im Krieg. Die Konflikte im Donbass und auf der Krim saugen dem Land seit acht Jahren die Kräfte aus, die Entwicklung stockt. Schon vor dem großangelegten Angriff Russlands war die Ukraine eines der ärmsten Länder Europas. Doch in einem Bereich ist sie vielen westeuropäischen Ländern weit voraus: bei der Digitalisierung.

"Die Ukrainer werden bald das ganze Land in ihrem Smartphone haben", hatte Wolodymyr Selenskyj während seiner Wahlkampagne 2019 angekündigt. Und es blieb nicht bei dem Versprechen. Bereits im Februar 2020 ging die App "Dija" an den Start - eine Anwendung, die nahezu alle staatlichen Dienstleistungen vereinen soll. Gemäß dem Motto "ein Staat, der hilft, anstatt zu verhindern" ermöglicht die App den Bürgern, die meisten Behördengänge online abzuwickeln. Doch sie kann noch einiges mehr.

Von Steuern bis Fernsehen ist in der App "Dija" alles dabei.

Von Steuern bis Fernsehen ist in der App "Dija" alles dabei.

(Foto: Screenshot)

Das Projekt wird vom Ministerium für digitale Transformation umgesetzt - einer Behörde, die erst vor wenigen Jahren gegründet wurde. Ihr Hauptanliegen ist es, bis 2024 alle Behördendienste online zur Verfügung zu stellen. Das neue Ministerium hat sich auch weitere ambitionierte Ziele gesetzt: Die IT-Branche soll bis 2024 ein Zehntel des Bruttoinlandsproduktes erwirtschaften, 95 Prozent der Verkehrsinfrastruktur sollen mit Highspeed-Internetzugang ausgestattet werden. So war zumindest der Plan vor dem Krieg.

Ausweis, Steuererklärung, Impfnachweis - alles online

In der "Dija"-App können die Ukrainer bereits jetzt ihre persönlichen Unterlagen hochladen und sich damit im ganzen Land ausweisen. Die Originale können also zu Hause gelassen werden. Ob Personalausweis oder Führerschein - die Echtheit der Unterlagen wird durch einen QR-Code überprüft, der durch die App erzeugt wird.

So sieht es aus, wenn ein feindlicher Panzer im Spiel "eBayraktar" zerstört wird.

So sieht es aus, wenn ein feindlicher Panzer im Spiel "eBayraktar" zerstört wird.

(Foto: Screenshot)

Dank der Anwendung können die Ukrainer auch ihre Steuererklärungen online machen; um ein Unternehmen anzumelden, muss man nicht mehr die Wohnung verlassen. Auch im Ausland profitieren die Nutzer der App - zumindest diejenigen, die gegen das Coronavirus geimpft sind. Der Impfnachweis ist in die App integriert und wird unter anderem in Deutschland akzeptiert.

Standorte der russischen Truppen melden

Trotz des Krieges schreitet die Entwicklung der Anwendung weiter voran. Innerhalb kürzester Zeit bekam sie mehrere neue Funktionen. So können Nutzer, deren Häuser zerstört oder beschädigt wurden, schon jetzt Entschädigungen beantragen. "Der Staat tut alles, um jedes Haus und jede Straße wieder aufzubauen. Deshalb beginnen wir diesen Prozess jetzt - indem wir Informationen sammeln, um Verluste zu erfassen", kommentierte Präsident Selenskyj die Einführung der neuen Funktion.

Mit "Dija" können die Ukrainer auch ihre Armee unterstützen. Mithilfe eines in die App integrierten Chat-Bots gibt es die Möglichkeit, die Streitkräfte über Standort und Ausstattung russischer Truppen zu informieren. Nach Medienberichten erhielten die ukrainischen Streitkräfte von den Bürgern bereits mehr als 200.000 solcher Benachrichtigungen. Manche von ihnen hätten zur "Vernichtung des Feindes" geführt, so das Digitalministerium.

"Digitales Beruhigungsmittel"

Auch wer das ukrainische Militär finanziell unterstützen will, kann "Dija" dafür nutzen. Alle mithilfe der App getätigten Spenden gehen an den Hilfsfonds der Armee, "Come Back Alive". Dieses Geld wird verwendet, um Helme, schusssichere Westen, Nachtsichtgeräte und weitere Ausstattung zu kaufen, die das ukrainische Militär im Kampf gegen die russische Armee benötigt.

Neuerdings sorgt die Anwendung auch für Unterhaltung. Neben einem Angebot an Radio- und Fernsehsendungen gibt es in der App ein "digitales Beruhigungsmittel". So bezeichnete der 31 Jahre alte Digitalminister Mykhailo Fedorov ein neues Spiel, das in die App integriert ist. Im Spiel "eBayraktar" - benannt nach der inzwischen legendären Drohne - kann jeder Ukrainer und jede Ukrainerin virtuell feindliche Panzer zerstören. "Versuchen Sie sich als Drohnen-Operator, Verteidiger von Checkpoints. Steuern Sie ein hochmodernes Flugzeug, das bereits zum Symbol der ukrainischen Verteidigung geworden ist - die Bayraktar." In Anspielung auf das berühmte Zitat der Grenzwächter von der ukrainischen Schlangeninsel heißt es weiter: "Schicken Sie die Invasoren dem russischen Schiff hinterher".

Quelle: ntv.de

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