Der Chef der CDU-Landtagsfraktion in Baden-Württemberg hat die Bundes-CDU massiv kritisiert. So bemängelt Wolfgang Reinhart in einem zweiseitigen Schreiben, aus dem der Spiegel zitiert, in der Klimadebatte sei die CDU "lange kaum sprechfähig" gewesen. Die Debatten in der Digitalpolitik seien "fast unbemerkt" an der Union vorbeigelaufen.

Kommenden Freitag trifft sich die CDU zu ihrem Bundesparteitag in Leipzig. Da werde die Partei wohl wieder "tapfer ihre Narrative von der großen Volkspartei" beschwören, kritisiert Reinhart. Doch in Wahrheit sei sie "erschöpft vom radikalen Pragmatismus der letzten Jahre". Sie habe "keine Entwürfe", weder für die Gesellschaft noch für sich selbst: "Die CDU ist inhaltlich insolvent."

Nach den letzten Wahlniederlagen, besonders in Ostdeutschland, wächst in der CDU der Frust. In der Kritik steht immer wieder auch Parteichefin Annegret Kramp-Karrenbauer. Auf dem Parteitag in Leipzig steht zwar keine Wahl an, dennoch dürften die Delegierten kontrovers über die Ausrichtung streiten. Unter anderem werden sich jene zu Wort melden, die zuletzt als Skeptiker der Parteichefin aufgefallen waren, etwa Friedrich Merz und der Chef der Jungen Union, Tilman Kuban. Immer mehr wächst auch in der Union der Missmut gegenüber der großen Koalition in Berlin.

Reinhart, der seit 2016 Fraktionsvorsitzender im Stuttgarter Landtag ist, will laut dem Papier "über das kleine Karo der großen Koalition" hinausdenken. Man müsse "wieder mehr über Wirtschaft und über Wettbewerbsfähigkeit sprechen". Die soziale Marktwirtschaft brauche "ein Update", das Steuersystem eine "echte Rundumerneuerung". Das Thema Sicherheit solle von der CDU wieder so repräsentiert werden, dass die Menschen das Vertrauen in einen starken Rechtsstaat behielten.

Die CDU regiert in Baden-Württemberg als Juniorpartner in einer Koalition mit den Grünen. Die nächste Landtagswahl findet im Jahr 2021 statt.