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Im Briefkasten fand er Nachricht: Nach Drohungen gegen seine Kinder gibt Bürgermeister von Kerpen auf
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Dieter Spürck will nicht erneut für das Amt kandidieren.
CDU Rhein-Erft Dieter Spürck will nicht erneut für das Amt kandidieren.

Wegen der Bedrohungen gegen sich und seine Familie verzichtet der Bürgermeister der Stadt Kerpen, Dieter Spürck (CDU), auf eine erneute Kandidatur. Es gebe eine "zunehmende Verrohung in der ganzen Gesellschaft", klagte der 53-Jährige im Interview mit dem "Kölner Stadt-Anzeiger" und der "Kölnischen Rundschau".

"Soweit mich das selbst betrifft, halte ich das für ein tragbares Berufsrisiko, aber nicht für meine Frau und meine Kinder", fügte er hinzu. Er habe in seinem Briefkasten die Nachricht gefunden, dass seine "Kinder es zu spüren" bekämen, wenn er sich nicht "intensiver für den Hambacher Wald einsetzen" würde.

Auch Gegner der Flüchtlingspolitik hätten versucht, ihn einzuschüchtern. Wenn einem Kind in Kerpen etwas geschehe, dann werde das seinen Kindern "ebenfalls so gehen", sei er gewarnt worden.

Luft aus den Reifen gelassen

"Es gab Ankündigungen, mir die Mafia auf den Hals zu hetzen oder sich bei mir zu Hause einzuquartieren. Einmal ist mir ein Auto langsam gefolgt, als ich zu Fuß von einem Termin wegging", berichtete Spürck den Zeitungen. Politik sei "teilweise ein sehr dreckiges Geschäft geworden".

Spürck hatte das Amt 2015 übernommen. Seitdem habe er "wiederholt Schrammen" an seinem Auto vorgefunden. "Vor meiner Haustüre hat man mir die Luft aus den Reifen gelassen. An der Rathaustüre hingen Beschimpfungen", sagte der Vater von zwei Kindern.

NRW-Landesregierung plant Kampagne

Als Antwort auf Übergriffe und Anfeindungen gegen Politiker in den Gemeinden wird die Landesregierung in NRW noch vor der Kommunalwahl im Herbst eine "Respekt-Kampagne" starten. Das kündigte Kommunalministerin Ina Scharrenbach (CDU) am Mittwoch im Düsseldorfer Landtag an. Video-Aufnahmen mit Bürgermeistern verschiedener Parteien seien bereits in Arbeit, sagte die Ministerin. Die Kampagne solle bis zum Mai starten.

In einer Aktuellen Stunde befasste sich das Parlament mit einer Bestandsaufnahme und Gegenmaßnahmen zu Hetze und Übergriffen gegen Bürgermeister, aber auch Polizisten, Feuerwehrleute, Rettungskräfte und Journalisten. Tatsächlich ist die Zahl politisch motivierter Straftaten gegen kommunale Amts- und Mandatsträger in NRW nach Angaben von Landesinnenminister Herbert Reul (CDU) allerdings rückläufig. Seit 2017 sind die Zahlen laut Kriminalpolizeilichem Meldedienst kontinuierlich von damals 44 auf 20 Fälle im vergangenen Jahr gesunken.

Reul mahnte, nicht weiter Unruhe in die Gesellschaft zu tragen und Hetzern damit zu helfen. "Ich glaube, eine total falsche Lösung ist es, dass Menschen sich bewaffnen", bekräftigte der Minister. Ebenso falsch und praktisch auch unmöglich sei es, alle haupt- und ehrenamtlich Tätigen mit Personenschützern auszustatten und "an jeder Ecke Polizisten stehen zu haben".

Bürgermeister beantragte Waffenschein

Der Bürgermeister von Kamp-Lintfort, Christoph Landscheidt (SPD), hatte eine bundesweite Debatte über die Sicherheit von Kommunalpolitikern ausgelöst, nachdem er von Bedrohungen aus der rechten Szene berichtet und sogar einen Waffenschein beantragt hatte. Er erhält inzwischen Personenschutz.

FDP-Fraktionsvize Marc Lürbke äußerte harsche Kritik an den "absurden Forderungen" des Bürgermeisters. "Wir sind nicht im Wilden Westen. Wir sind in Deutschland", stellte er fest. "Niemand braucht eine hysterisch aufgeladene Debatte um die Selbstbewaffnung von Lokalpolitikern." Mit "Kleinkaliber im Sakko" werde Nordrhein-Westfalen "kein Stück sicherer". Sozialdemokraten reagierten zornig auf die Rede und ein Abgeordneter kassierte für Beleidigungen eine Rüge des Landtagspräsidenten.

Die Grünen-Abgeordnete Verena Schäffer bedauerte angesichts der aggressiven Tonlage im Landesparlament, dass ausgerechnet bei diesem Thema "ein Schulterschluss der Demokraten" nicht gelungen sei. Wenn engagierte Bürger auf Grund von Einschüchterungen aus der rechten Szene nicht mehr für politische Ämter kandidieren wollten, habe das konkrete Auswirkungen auf die Demokratie. Die Grünen forderten eine landesweite Stelle für juristische Beratung bei Problemen mit Rechtsextremisten. Opfer rechter Gewalt müssten zudem proaktiv über Beratungsangebote informiert werden.

Scharrenbach wies darauf hin, dass die Zentral- und Ansprechstelle Cybercrime in Köln schon seit 2018 zwei Staatsanwälte habe, die sich ausschließlich mit Hass und Hetze in sozialen Medien beschäftigten. Sie sei auch für Hinweise aus der Politik zuständig. "Kein Repräsentant des Staates hat sich im Internet oder sonst wo beleidigen zu lassen." Die Grundrechte seien nicht neu zu diskutieren.

SPD will härtere Strafen

Die SPD-Opposition sprach sich für härtere Strafen bei Übergriffen auf kommunale Amtsträger und ehrenamtlich Tätige aus. Strafverfahren wegen solcher Angriffe dürften nicht als Bagatellverfahren eingestellt werden, forderte der Vizevorsitzende der SPD-Fraktion Sven Wolf. In Niedersachsen sei das bereits geltendes Recht. In NRW habe Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) hingegen trotz anderslautender Ankündigungen keine entsprechenden Schritte eingeleitet. Das Signal des Landtags an alle, die täglich für die Allgemeinheit ihren Kopf hinhielten sei: "Die Abgeordneten der demokratischen Fraktionen stehen an Ihrer Seite. Wir lassen Sie nicht allein."

Auch AfD-Fraktionschef Markus Wagner verurteilte Gewalt als Mittel der Auseinandersetzung. "Das sind Asoziale", sagte er. Die AfD sage "Nein zu Neonazis, die Regierungspräsidenten bedrohen", aber auch Nein zu Linksextremisten, "Klimafanatikern" und arabischen Clans. Wagner forderte, Menschen mit anderer Meinung nicht auszugrenzen.

Reul fragte: "Haben wir eigentlich in dieser Gesellschaft noch einen Konsens, was Rechtsstaat heißt oder machen wir es nach dem Motto: Jeder nimmt sich heraus, das Recht selbst zu bestimmen?" Dies gehe nicht. "Die Clans bestimmen, wann sie Gewalt anwenden dürfen. Und im Hambacher Forst bestimmen sie aber auch selbst, wann sie Gewalt anwenden", kritisierte der Minister. "Es muss überall der gleiche Maßstab gelten." Dies betreffe auch Normalbürger im Alltag, die meinten, sie könnten ruhig mal ein bisschen schneller fahren oder falsch parken.

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