600 Jahre Konzil von Konstanz

Um das große abendländische Schisma - seit 1378 ein Papst in Rom, einer in Avignon, ab 1409 ein weiterer in Pisa - zu beseitigen, erzwang der römisch-deutsche König Sigismund vor 600 Jahren ein Konzil.

Die Konzilsväter traten am 5. November 1414 erstmals in der Bodenseestadt Konstanz zusammen. Ziel war es, das große abendländische Schisma von drei Parallelpäpsten zu beenden. Daneben sollten Häresien unterdrückt werden und es gab Überlegungen zu einer Kirchenreform. Behandelt werden sollten vor allem Fragen der kirchlichen Verkündigung und der Sakramentenlehre. Doch das Konzil kommt in vielen Punkten über die Diskussion nicht hinaus. Erst hundert Jahre später wird Martin Luther die versäumte Reform vehement einmahnen.

Konzilssitzung im Konstanzer Münster (aus der Chronik des Konzils von Konstanz des Ulrich Richental

Ulrich Richental

Zeichnung einer Sitzung im Konstanzer Münster aus der Chronik des Konzils von Konstanz des Ulrich Richental

Getagt wurde in dem noch heute am Hafengelände bestehenden Konzilsgebäude, sowie in mehreren Kirchen der Stadt und dem Münster. Die Einberufung erfolgte durch den Pisaner Papst Johannes XXIII (Baldassarre Cossa). Dieser gilt heute als Gegenpapst, deshalb wird der nunmehr heiliggesprochene Angelo Giuseppe Roncalli (1958-63) als rechtmäßiger Papst Johannes XXIII. angesehen.

Die größte Kirchenversammlung des Mittelalters

Rund 600 Kleriker waren nach Konstanz gekommen. Die Bodenseestadt zählte damals rund 7000 Einwohner. Während der vierjährigen Kirchenversammlung - viele Historiker halten das Konzil von Konstanz als die größte Kirchenversammlung des Mittelalters - fanden sich auch geschätzte 50.000 bis 70.000 Konzilsbesucher ein. Chronist Ulrich Richental schreibt von 72.460 Besuchern und einem für die Stadt beträchtlichen wirtschaftlichen, sowie kulturellen Aufschwung.

Viele Details der Kirchenversammlung und aus dem Alltag der Konzilsteilnehmer sind durch die in deutscher Sprache verfasste Konzilschronik von Ulrich Richental überliefert. Aus eigenem Antrieb schrieb der Konstanzer Bürger in den Jahren nach 1420 sein Werk, das er tagebuchartig aufbaute. Auf eigene Kosten ließ er es auch mit Bildern und Wappen ausschmücken.

Treibende Kraft hinter dem Konzil war König Sigismund, der sich als Vogt und Beschützer der Römischen Kirche (advocatus und defensor ecclesiae) sah. Da die drei Päpste in Rom, Avignon und Pisa von verschiedenen Herrschern bei ihren Ansprüchen unterstützt wurden, schien das Römisch-Deutsche Reich von innen und außen gefährdet.

König Sigismund auf dem Zug ins Münster (aus der Chronik des Konzils von Konstanz des Ulrich Richental)

Ulrich Richental

Die Ankunft von König Sigismund in Konstanz im Jahr 1414. Die Zeichnung stammt aus der Chronik des Konzils von Konstanz des Ulrich Richental

Anfangs waren nach Konstanz nur Johannes XXIII. und die ihn unterstützenden Bischöfe gekommen, König Sigismund erreichte die Konzilsstadt erst Ende 1414. Nach Rücksprache mit Theologen erzwang er eine Geschäftsordnung, wonach nach Nationen (Italien, Frankreich, Deutsches Reich mit mehreren Nebenländern, England, später auch Kastilien und Aragonien) und nicht nach Köpfen abgestimmt werden sollte, um eine Majorisierung durch italienische Bischöfe zu verhindern.

Papst: Geflohen, verhaftet und abgesetzt

Im Februar 1415 erklärte sich Johannes XXIII. zum Rücktritt bereit, wenn die beiden anderen Päpste Gregor XII. (Rom) und Benedikt XIII. (Avignon) auch dazu bereit wären. Trotz eines Schwurs, Konstanz nicht zu verlassen, floh er in der Nacht auf den 21. März 1415 , als Stallknecht verkleidet nach Freiburg im Breisgau. Unterstützt wurde er dabei von Herzog Friedrich IV. von Tirol und Vorderösterreich (am Oberrhein).

Dies trug Friedrich IV. für einige Zeit die Reichsacht ein. Johannes XXIII. wurde Ende April 1415 beim Überschreiten des Oberrheins verhaftet. Das Konzil beschloss seine Absetzung. Gregor XII. hatte schon Anfang April seinen Rücktritt erklärt. Benedikt XIII. verweigerte einen solchen Schritt, floh an die spanische Küste, seine Absetzung durch das Konzil erfolgte dann im Juli 1417, nachdem Sigismund und der König von Aragonien weiteren Druck auf die Konzilsväter ausgeübt hatten. Damit war der Weg für eine neue Papstwahl frei.

Das Konzilgebäude von Konstanz aus dem Jahr 1388 diente einst dem Leinwandhandel. In diesem Gebäude wurde von 1414 - 1418 das Konzil von Konstanz abgehalten.

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Das Konzilsgebäude aus dem Jahr 1388 diente einst dem Leinwandhandel. Von 1414 - 1418 beherbergte es das Konzil von Konstanz

Am 8. November 1417 trat im Konzilsgebäude ein Konklave - das einzige der Kirchengeschichte auf deutschem Boden - zusammen, das am 11. November dann Kardinal Oddo di Colonna zum neuen Papst Martin V. wählte, der im April 1418 das Konzil abschließen sollte.

religion.ORF.at/APA