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"Feiern ja, Nationalismus nein" Roth fordert deutsche Fans zur Zurückhaltung auf

Claudia Roth sieht die WM-Euphorie in Deutschland mit gemischten Gefühlen. Die Grünen-Politikerin wirft der AfD vor, die deutsche Fahne und den Streit um Mesut Özil und Ilkay Gündogan zu instrumentalisieren.
Claudia Roth

Claudia Roth

Foto: ODD ANDERSEN/ AFP

Claudia Roth warnt vor dem WM-Auftakt der deutschen Nationalmannschaft vor einer "nationalen Selbstbeweihräucherung". Dem "Tagesspiegel" sagte die Bundestagsvizepräsidentin : "Natürlich darf man sich freuen, wenn die deutsche Mannschaft gut spielt und gewinnt. Und ich will auch niemandem verbieten, ein Fähnchen aufzuhängen. Ich finde aber, dass es uns Deutschen gut zu Gesicht steht, wenn wir Zurückhaltung walten lassen", sagte Roth vor dem Spiel der DFB-Elf am Sonntag gegen Mexiko (17 Uhr ZDF, Liveticker SPIEGEL ONLINE).

Die Grünen-Politikerin kritisiert, dass die AfD versuche, die WM-Begeisterung in Deutschland, für ihre Zwecke zu missbrauchen. "Eine Partei, die auch die deutsche Fahne instrumentalisiert, um Ausgrenzung gegenüber Menschen zu signalisieren, die in ihren Augen nicht dazugehören. Das lässt sich nicht einfach so ausblenden, das sollten wir im Blick haben", fordert Roth. "Deshalb: Feiern ja, Nationalismus nein." Aber natürlich dürfe man sich freuen, wenn die deutsche Mannschaft gut spiele und gewinne, so Roth.

Sie selbst beflagge ihren Balkon seit der WM 2006 mit "einer schönen Regenbogenfahne", verriet die Politikerin. "Das ändert aber nichts daran, dass ich ein großer Fan des deutschen Fußballs bin."

Zur Hymnendebatte sagte Roth: "Man kann auch ein guter Nationalspieler sein, ohne die Hymne zu singen und die Hand aufs Herz zu halten. Umso mehr in Zeiten, da manche die Nationalhymne wieder in drei Strophen singen."

Die frühere Grünen-Chefin kritisiert zudem, dass die Kritik an Ilkay Gündogan und Mesut Özil wegen ihrer Fotos mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan "jedes Maß verloren" habe. "Es war falsch, dass Gündogan und Özil sich auf ein Treffen mit Erdogan eingelassen und sich haben einspannen lassen für den Wahlkampf eines Autokraten", sagte Roth. "Aber jetzt muss auch mal genug sein."

Für die Härte der Kritik macht Roth "tief verwurzelte antitürkische Ressentiments" verantwortlich. "Die AfD versucht derweil, diese Stimmung noch zu schüren, indem sie eine biodeutsche Nationalmannschaft fordert", klagte Roth. "Die weigern sich einfach, anzuerkennen, dass Özil, Gündogan und Boateng auch Deutsche sind. Und gute Nachbarn."

syd