Der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Robert Zollitsch, rechnet mit Reformen seiner Kirche im Umgang mit wiederverheirateten Geschiedenen. "Das ist eine Frage der Barmherzigkeit", sagte Zollitsch im Interview mit der ZEIT.

Nach den derzeit geltenden Regeln sind wiederverheiratete geschiedene Katholiken von der Eucharistie ausgeschlossen. Es gehe darum, Menschen zu helfen, "deren Leben in wichtigen Dingen unglücklich verlaufen ist", sagte der Freiburger Erzbischof. Dazu gehöre auch eine gescheiterte Ehe.

Als Beispiel nannte er den Bundespräsidenten Christian Wulff, ein Katholik, der nach einer Scheidung zum zweiten Mal verheiratet ist. "Er ist für mich ein Katholik, der seinen Glauben lebt und darunter leidet, wie die Situation ist", sagte Zollitsch.

Drei Wochen vor dem Besuch von Papst Benedikt XVI in Deutschland bekannte Zollitsch, dass er sich gelegentlich über das schleppende Tempo von Veränderungen in der Kirche ärgere: "Ich laufe auch manchmal Gefahr, müde zu werden und denke: Warum geht es nicht schneller?" In der Frage der wiederverheirateten Geschiedenen glaubt Zollitsch dennoch, dass die Kirche weiterkommen werde, und zwar noch zu seinen Lebzeiten.

Zollitsch erfreut über C-Debatte in CDU

Andererseits gebe es in Rom auch Kreise, "die wittern gleich den Glaubensabfall, wenn wir in Deutschland etwas kontroverser diskutieren". Als Geldgeber allerdings würden die deutschen Katholiken in der Weltkirche geschätzt, ergänzte der Freiburger Erzbischof.

Angesichts der tiefen Krise, in der die katholische Kirche seit dem 2010 entdeckten Missbrauchsskandal steckt, hatte die Bischofskonferenz mit Reformen begonnen.

Zur Debatte um die christliche Identität der CDU fügte Zollitsch hinzu, dass er sich über die angeregte Debatte der Union um das C in ihrem Namen freue. Aber in Bezug auf die eigene Wahlentscheidung könne man als Katholik auch "zur Überzeugung kommen, welche sozialen Anliegen vielleicht bei anderen Parteien besser aufgehoben sind".

Positiv äußerte sich der Freiburger Erzbischof zu den Grünen: "Auch bei den Grünen stelle ich immer wieder Übereinstimmungen mit christlichen Überzeugungen fest", sagte Zollitsch, "da hat sich sicher einiges verändert seit den Anfängen der Grünen." Sie seien "eine Partei, in der viele Christen sich beheimatet fühlen".