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Franz-Peter Tebartz-van Elst: Limburgs Bischof

Foto: Frank May/ picture-alliance/ dpa

Katholische Kirche Das Upgrade-Wunder von Limburg

Bischof Tebartz-van Elst ist erster Klasse nach Indien geflogen. Mit den Vorwürfen konfrontiert, leugnete er den Luxus mit Hilfe seiner Anwälte. Nur Stück für Stück räumte er die Fakten ein. Zurück bleibt der Eindruck: Mit der Wahrheit nimmt es der Geistliche offenbar nicht so genau.

Auf dem Platz vor dem Limburger Dom scheint die Sonne, die Glocken läuten. An diesem Ort und an diesem Tag nimmt eine Geschichte ihren Anfang, die nun hohe Wellen schlägt und in Sätzen mündet wie: "Dem Bischof ist offensichtlich jegliches Gefühl für die Außenwirkung abhandengekommen." Das sagt Sigrid Grabmeier. Die Bundessprecherin der Initiative Wir sind Kirche ruft den Limburger Bischof zu Bescheidenheit und Demut auf.

Ausgerechnet Franz-Peter Tebartz-van Elst, dem die Außenwirkung stets so wichtig war, der pompöse Messen feierte, sich einen pompösen Sitz bauen ließ und als Prediger erzkonservativer Werte gilt, scheint es mit einer christlichen Tugend, der Verkündung der Wahrheit, nicht so genau zu nehmen.

An jenem Mittag schreitet der Bischof mit drei indischen Schwestern und seinem Verantwortlichen für Reliquien auf den künftigen, prunkvollen Bischofs-Wohnkomplex zu.

War er nicht zusammen mit Generalvikar Franz Josef Kaspar Anfang dieses Jahres selbst in Indien? "Ja, da habe ich soziale Projekte besucht, mir ging es doch darum, etwas gegen die Not und das Elend der Menschen zu machen, etwas für die Ärmsten der Armen." Und Generalvikar Franz Josef Kaspar? "Der Generalvikar Kaspar kennt viele Leute in Indien. Er fährt dort seit 50 Jahren immer wieder hin, auf der Reise ging es auch noch um ein Wunder der Ordensgründerin unserer Dernbacher Schwestern." Ohne Nachweis eines Wunders kann sie nicht heilig gesprochen werden.

Das Upgrade-Wunder von Limburg

Katharina Kasper von den "Armen Dienstmägden Jesu Christi" aus seinem Bistum zu einer Heiligen ernennen zu lassen, ist ein derzeitiges Lieblingsprojekt des Bischofs. Dafür mag es Bonuspunkte beim Papst geben.

War es dazu aber nötig, erster Klasse nach Indien zu fliegen? "Nein, wir sind nicht erster Klasse geflogen, sondern Business-Klasse!"

Ist ein Bischof, der die Moral der Kirche vertritt, der Wahrheit nicht besonders verpflichtet? Der Limburger Bischof bekommt die Fragen zur Reise noch einmal über seine Pressestelle schriftlich zugesandt. Die Antworten aber kommen nicht von der Pressestelle, sondern von einer Anwaltskanzlei in Frankfurt am Main. Sie umfassen zehn Seiten und unter anderem auch eine strafbewehrte Unterlassungserklärung zu fünf Punkten. Es dürfe unter anderem nicht mehr in der Öffentlichkeit verbreitet werden: "Herr Bischof Dr. Tebartz-van Elst ist erste Klasse mit dem Flugzeug nach Indien geflogen."

Beigefügt war eine Rechnung für die anwaltliche Abmahnung über 1890,91 Euro. Zum Punkt Fliegerei lautete die Begründung der Anwälte, die Bischof Tebartz-van Elst beauftragt hatte: "Diese Behauptung ist unwahr." Der Mandant sei "Business geflogen".

Es folgt eine weitere schriftliche Nachfrage. Die Business-Class unterscheidet sich bereits erheblich von der Standard-Klasse, dort ist bequemes Reisen und Schlafen bei Langstrecken recht gut möglich. Im Jumbo-Jet nach Indien gibt es darüber hinaus aber noch die erste Klasse. Sie befindet sich im Oberdeck, ist allein über eine Treppe zu erreichen und hat nur acht Plätze. Die Gäste dort genießen eine besondere Betreuung und besonders viel Luxus.

Einen Tag später sind der Anwaltsbrief, die Unterlassung, die hohe Rechnung Schnee von gestern. Plötzlich gilt eine neue Wahrheit. Ja, doch, die beiden Herren saßen in der ersten Klasse, ermöglicht durch eine Art Upgrade-Wunder, lässt der Bischof durch seinen Anwalt ausrichten. Sein Generalvikar, der mit den vielen Reisen nach Indien, habe ihm die Annehmlichkeiten einfach geschenkt - dank seiner gesammelten Bonusmeilen.

Und der Rückflug? Ja, auch der Rückflug war erster Klasse. Und auch er wurde ermöglicht durch die wunderbaren Bonusmeilen des Generalvikars.

Wer hat den pompösen Bau veranlasst?

Die Wahrheit kommt in homöopathischen Dosen ans Licht. Und die Katholiken in Limburg rätseln über ihre vielfliegenden Oberhäupter. Der Bischof hat die Frequent-Traveller-Card, der Generalvikar gar den Senator-Status. Woher nur? Die Menschen im Bistum haben praktisch nie Details von den weltweiten Flügen der Geistlichen erfahren.

Wenn andere Bischöfe und Generalvikare verreisen, wird dies auf Bistumswebseiten, in Bistumszeitungen und oft stolz in der Lokalpresse berichtet. Über die Indienreise der beiden Herren Mitte Januar erfuhren die gewöhnlichen Katholiken - gut 600.000 gibt es davon im Bistum - damals praktisch nichts. Was macht der Generalvikar so oft in Indien?

Die Stimmung im Bistum ist angespannt, viele Katholiken sind es leid, nur häppchenweise die Wahrheit über die Eskapaden ihrer Oberhäupter zu erfahren. Ob es sich um den Flug des Bischofs handelt oder seinen Luxusbau auf dem Domberg. Tebartz-van Elst behauptet zu seiner Entlastung, dass der Beschluss zum Bau schon vor seiner Zeit gefallen sei.

Jetzt mussten Katholiken mühsam herausfinden, dass es keinen Beschluss zu einem solchen Baukomplex, wie er nun entstanden ist, vor dem Amtsantritt von Tebartz-van Elst gegeben hat. Am 2. Februar 2007 endete die Amtszeit des früheren Limburger Bischofs Franz Kamphaus. Der Posten blieb bis zum Ende des Jahres unbesetzt. Dann berief der Papst Tebartz-van Elst zum Bischof. In dieser Vakanzzeit durften Beschlüsse ohne Bischof nicht gefasst werden.

Erst ab Dezember 2007 begann die konkrete Planung für den monströsen Luxuskomplex nach den Wünschen von Franz-Peter Tebartz-van Elst, so jedenfalls erzählen es Mitglieder des Domkapitels. Das Gremium, dem auch Generalvikar Kaspar angehört, könnte dies durch Veröffentlichung des Protokollbuches offenlegen. Doch dies gehört - neben den Geldern des bischöflichen Stuhls - zu den geheimsten Dingen im Reich des Franz-Peter Tebartz-van Elst.

Aus rechtlichen Gründen wurde dieser Artikel nachträglich bearbeitet.