Stevo Pendarovski, Ilham Aliyev, Ursula von der Leyen, Rumen Radev, Kyriakos Mitsotakis und Galab Donev (v. l. n. r)

Alternative zu Russland Bulgarien bekommt Gas aus Aserbaidschan

Stand: 01.10.2022 15:10 Uhr

Bulgarien hat einen wichtigen Schritt vollzogen, sich von Gas aus Russland zu lösen: Im Beisein von EU-Chefin von der Leyen nahm eine Pipeline den Betrieb auf, die den gesamten Gasverbrauch des Landes decken soll. Lieferant ist Aserbaidschan.

Seit Ausbruch des Ukraine-Krieges hat Russland mehreren EU-Staaten den Gashahn zugedreht - neben Deutschland bekam das vor allem Bulgarien zu spüren. Seit heute kann die Regierung in Sofia diesen Ausfall ersetzen. Eine Pipeline zwischen Bulgarien und Griechenland hat ihren Betrieb aufgenommen.

Die Energietrasse wurde im Beisein von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen in Sofia eingeweiht. "Heute beginnt eine neue Ära für Bulgarien und Südosteuropa", sagte die EU-Chefin an ein Publikum aus Staats- und Regierungschefs aus der Region gerichtet.

Das Projekt bedeute "Freiheit von der Abhängigkeit vom russischen Gas", betonte sie. Bei der Eröffnungszeremonie lobte sie die Pipeline als wichtigen Beitrag dazu, Russlands Möglichkeiten zu verringern, seine Öl- oder Gasreserven zu nutzen, um die EU zu erpressen oder abzustrafen. "Diese Pipeline ändert die Energiesicherheitssituation für Europa."

Die Gaspipeline "Interconnector Greece-Bulgaria" (IGB) in Komotini/Griechenland

Die Gaspipeline "Interconnector Greece-Bulgaria" (IGB) in Komotini/Griechenland. Das Projekt bedeute "Freiheit von der Abhängigkeit vom russischen Gas", betonte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen.

Gas als politische Waffe

Die 182 Kilometer lange Gas-Pipeline zwischen der nordgriechischen Stadt Komotini und dem bulgarischen Stara Sagora wurde nach den Worten der EU-Kommissionspräsidentin mit 250 Millionen Euro durch die Europäische Union unterstützt. Die Pipeline hat eine Kapazität von drei bis fünf Milliarden Kubikmetern Gas im Jahr.

Sie bindet Bulgarien an die Trans Adria Pipeline (TAP) an. Diese leitet Erdgas von Aserbaidschan über die Türkei nach Griechenland und weiter nach Italien. Der gesamte Gasverbrauch Bulgariens könnte dank der neuen Verbindung gedeckt werden, unterstrich von der Leyen.

Die Bedeutung der Pipeline zwischen Griechenland und Bulgarien, die im Juli fertiggestellt wurde, ist signifikant gestiegen, seit Moskau sich entschieden hat, seine Gaslieferungen als politische Waffe einzusetzen. Ende April stellte Russland die Gaslieferungen nach Bulgarien ein, nachdem sich Sofia geweigert hatte, dafür in Rubel zu bezahlen.

Aserbaidschan will Lieferungen verdoppeln

"Durch die strategische Zusammenarbeit zwischen Bulgarien und Griechenland können wir Stabilität in der Region erreichen", betonte Bulgariens Präsident Rumen Radew. Zur Einweihung in Sofia kamen auch die Präsidenten von Aserbaidschan, Nordmazedonien und Serbien - Ilham Aliyev, Stevo Pendarovski und Aleksandar Vucic - sowie die Regierungschefs von Griechenland und Rumänien, Kyriakos Mitsotakis und Nicolae Ciuca.

Mitsotakis lobte den "weiteren geopolitischen Sinn" der Einweihung. Der aserbaidschanische Präsident Ilham Aliyev bekräftigte, dass sein Land mit der Europäischen Union langfristig zusammenarbeiten werde. Dabei handelt es sich nicht nur um Lieferungen von Erdgas sondern künftig auch von Strom aus erneuerbaren Quellen. Bis 2027 sollen die Gaslieferungen aus Aserbaidschan für die EU verdoppelt werden.

Italien bekommt kein Gas mehr

Neben Bulgarien versucht auch Italien, seine Abhängigkeit von Russland zu minimieren. Erhielt das Land zu Beginn des Ukraine-Krieges noch 40 Prozent seines Gases von Moskau, soll es diesen Anteil in den vergangenen Monaten auf 25 Prozent reduziert haben. Der teilstaatliche Konzern Eni schloss zudem mit Algerien Lieferabkommen ab.

In den vergangenen Tagen gingen die Liefermengen aus Russland stark zurück. Nach Angaben von Eni gipfelte das nun darin, dass seit heute das Land überhaupt kein Gas mehr bekommt. Der russische Konzern Gazprom habe mitgeteilt, dass er kein Gas mehr durch Österreich liefern könne, teilte Eni mit.

Das russische Gas kommt normalerweise an dem italienisch-österreichischen Grenzort Tarvisio in Italien an und wird von dort verteilt. Ein Eni-Sprecher sagte der Nachrichtenagentur Ansa, dass Gazprom mitgeteilt habe, nicht mehr nach Österreich liefern zu können. Allerdings erhalte die Alpenrepublik nach Auskünften von Eni weiterhin russisches Gas, sagte der Sprecher weiter.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 01. Oktober 2022 um 14:00 Uhr.