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Coronavirus Wie sich Covid-19 bei Jüngeren auswirkt

Covid-19 trifft vor allem ältere Menschen hart. Doch auch junge Erwachsene können schwer erkranken. Einzelne Todesfälle von Menschen um die 30 sind bereits bekannt.
Junge Erwachsene wiegen sich oft in trügerischer Sicherheit

Junge Erwachsene wiegen sich oft in trügerischer Sicherheit

Foto: ljubaphoto/ Getty Images

Freitagabend wandte sich WHO-Chef Tedros Adhanom Ghebreyesus mit drastischen Worten an die jüngeren Menschen weltweit: "Ihr seid nicht unverwundbar. Das Coronavirus kann euch für Wochen ins Krankenhaus bringen oder sogar töten", sagte er. "Und auch wenn ihr nicht krank werdet, könnte die Entscheidung darüber, wo ihr hingeht, für einen anderen Menschen den Unterschied zwischen Leben und Tod bedeuten."

Auch wenn das Virus alte Menschen am stärksten treffe, blieben junge Menschen nicht verschont, sagte Tedros - wobei er allerdings nicht nur an 20-Jährige dachte, sondern die Spanne bis zu einem Alter von Ende 40 zog. "Daten aus vielen Ländern zeigen deutlich, dass Menschen unter 50 einen signifikanten Anteil der Patienten ausmachen, die ins Krankenhaus aufgenommen werden müssen."

Nach aktuellen Erkenntnissen scheinen lediglich Kinder vor schweren Verläufen von Covid-19 weitgehend verschont zu bleiben.

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Erste Beobachtungen aus Deutschland stützen die These. "Wir sehen aktuell nicht nur ältere Patienten mit symptomatischer Covid-19-Erkrankung", berichtet Clemens Wendtner, Chefarzt der Infektiologie und Tropenmedizin der München Klinik Schwabing. "Zum Teil sind die Patienten Anfang dreißig und ohne Vorerkrankungen. Da gibt es auch leider keinen Unterschied in der Verteilung zwischen Normal- und Intensivstation. Daher sollten auch jüngere Menschen gewarnt werden und sich an die bekannten Regeln der Hygiene und sozialen Abschottung halten."

In italienischen Medien erzählen Ärzte ebenfalls, dass sie nun häufiger Patienten unter 60 Jahren auf der Intensivstation behandeln müssen. Das Gesundheitsamt in Rom berichtete  am Sonntag, dass ein 34-Jähriger in der Stadt an Covid-19 gestorben sei.

Tatsächlich könnte es in den vergangenen Wochen zu einem Missverständnis gekommen sein: Die Einschätzung, wie gefährlich das Virus für bestimmte Altersgruppen ist, basierte vor allem auf einer Auswertung der Todesfälle aus China. Die Botschaft dieser Daten ist eindeutig. Ab 60 steigt das Risiko enorm, durch Covid-19 zu sterben. Daran hat sich nichts geändert. Die Zahl sagt jedoch nichts darüber aus, wie häufig jüngere Erwachsene schwer erkranken.

Bislang fehlen große Studien, die zeigen, wie sich die schwer Erkrankten unter verschiedenen Altersgruppen aufteilen. Erste Daten deuten jedoch darauf hin, dass auch ein nennenswerter Anteil der jüngeren Erwachsenen im Krankenhaus behandelt werden muss:

  • Die US-amerikanische CDC berichtete am 18. März  nach ersten Auswertungen, dass bis zu einem Fünftel der Betroffenen im Alter zwischen 20 und 44 Jahren wegen Covid-19 ins Krankenhaus kam. Rund drei Prozent der Patientinnen und Patienten dieser Altersgruppe benötigten intensivmedizinische Betreuung. Nur bei Betroffenen unter 20 Jahren war dies bis zu diesem Zeitpunkt in den USA noch nie nötig. Auch in der Altersgruppe von 20 bis 44 Jahren gab es zu dem Zeitpunkt bereits einen Todesfall.

  • Die italienische Gesundheitsbehörde fasste zuletzt am 16. März  in einem größeren Bericht zusammen, wie es Menschen mit einer Coronavirus-Infektion in dem Land geht. Demnach waren zwölf Prozent der Patienten, die wegen Covid-19 intensivmedizinisch behandelt werden mussten, zwischen 19 und 50 Jahre alt. In der Altersgruppe unter 30 Jahren gab es zu diesem Zeitpunkt keinen Todesfall. In der Altersgruppe zwischen 30 und 39 waren vier Männer mit schweren Vorerkrankungen gestorben - insgesamt ergab sich daraus eine Todesrate von 0,2 Prozent in dieser Altersgruppe. Das ist zwar ein extrem niedrigeres Risiko als in der Gruppe der 80- bis 89-Jährigen, von denen fast 19 Prozent verstarben - aber es ist immer noch ein Risiko.

  • In Südkorea gab es bis zum 6. März 42 Todesfälle , darunter einen in der Altersgruppe 30 bis 39 und einen in der Altersgruppe 40 bis 49.

  • In Spanien wurden laut Zahlen bis zum 22. März  rund 15 Prozent der 20- bis 39-Jährigen, bei denen das Virus nachgewiesen wurde, im Krankenhaus behandelt. Rund vier Prozent dieser Krankenhauspatienten lagen auf der Intensivstation. Bei den 40- bis 49-Jährigen steigt die Zahl bereits an. In dieser Gruppe mussten rund 22 Prozent ins Krankenhaus, von ihnen wurden sechs Prozent auf der Intensivstation behandelt.

Die meisten der Statistiken haben noch ein Problem. Sie erfassen bislang nicht, wie viele der schwer betroffenen jungen Menschen eine Vorerkrankung hatten und somit zu einer Risikogruppe zählen. Allerdings deuten die Schilderungen unter anderem aus München darauf hin, dass es selbst ohne Vorerkrankung bei Menschen Anfang 30 zu schweren Verläufen kommen kann. Wie häufig das genau passiert, dafür braucht es weitere Studien. Auch gilt trotz der neuen Ergebnisse: Nach allem, was bislang bekannt ist, wird der weitaus größte Anteil der Infektionen bei jungen Menschen mild verlaufen und sich zum Teil nicht mal zeigen. Eine Garantie dafür hat aber niemand.

Eigentlich sollte der Ansporn, andere zu schützen, auch ausreichen, um die Ansteckungsgefahr zu reduzieren. Dadurch sinkt automatisch das individuelle Risiko. "Wir brauchen nicht nur Solidarität zwischen verschiedenen Ländern", so formulierte es WHO-Chef Tedros. "Wir brauchen auch eine Solidarität zwischen verschiedenen Altersgruppen."