Metropoliten: Halbes Jahr nach Entführung keine Spur

Genau ein halbes Jahr ist es her, dass die beiden Aleppiner Metropoliten Mar Gregorios Johanna Ibrahim (syrisch-orthodox) und Bulos Jasidschi (griechisch-orthodox) von bewaffneten „Unbekannten“ entführt wurden.

Daran wird in einem in Beirut veröffentlichten Kommunique von Freunden der beiden Metropoliten erinnert, von dem die Stiftung Pro Oriente berichtet.

Die Entführer ermordeten auf dem Weg von der türkisch-syrischen Grenze nach Aleppo am 22. April den Fahrer der beiden Metropoliten an Ort und Stelle, während eine vierte Person unverletzt entkommen konnte. Bis heute gibt es keine nachprüfbaren Lebenszeichen der beiden Metropoliten. Nach wie vor seien vier kritische Fragen ungeklärt - nach dem Aufenthaltsort und Gesundheitszustand der Metropoliten, nach ihren Entführern sowie auch nach deren Absichten, so das Kommunique.

„Alle Bemühungen ergebnislos“

In dem Schreiben heißt es wörtlich: „Bisher sind alle Bemühungen zur Freilassung der beiden Metropoliten ergebnislos geblieben - obwohl der Fall vor kurzem zu einer ‚nationalen Angelegenheit von äußerster Bedeutung für die Syrische Arabische Republik‘ erklärt wurde.“

Bulos Jasidschi

APA/EPA/Youssef Badawi

Bulos Jasidschi

Man „verharre“ im Gebet für die rasche Freilassung der beiden - um so mehr, als die Entführung von Mar Gregorios Johanna Ibrahim und Bulos Jasidschi „für die Christen in Aleppo und Syrien, aber auch für die Christen und die Minderheiten im ganzen Nahen Osten von äußerster Bedeutung ist“. Ihre sofortige Freilassung wäre ein „kraftvolles, positives und ermutigendes Signal“ für alle, die unter den Entführungen und der sich ständig verschlechternden Sicherheitssituation in Syrien leiden.

Kirchen ohne Bischöfe

Mar Gregorios Johanna Ibrahim, ein Befürworter der friedlichen Koexistenz von Religionsgemeinschaften und Volksgruppen, hatte im Juli 2012 eine „Roadmap“ für den Frieden in Syrien veröffentlicht, um Versöhnung, Vergebung, Dialog und Gegenseitigkeit zu sichern - und zugleich das einmalige pluralistische Gefüge der syrischen Gesellschaft und nationalen Einheit zu bewahren. Der Erzbischof rief damals zum sofortigen Ende der Gewalt, zur wirksamen humanitären Hilfe und zum umfassenden Dialog auf, „für eine Lösung am Verhandlungstisch, um der Tragödie ein Ende zu bereiten“.

Der syrisch-orthodoxe Metropolit von Aleppo, Mar Gregorios Yohanna Ibrahim

Kathbild/Franz Josef Rupprecht

Mar Gregorios Johanna Ibrahim

Die griechisch-orthodoxe und die syrisch-orthodoxe Kirche in Aleppo seien jetzt ohne ihre Bischöfe, erinnert das Schreiben weiter. Das sei um so gravierender, als die Kirchen nicht nur Seelsorge betreiben, sondern auch Schulen und Krankenhäuser führen und allen Menschen in Not mit Werken der Nächstenliebe beistehen. Ibrahim habe Anfang des Jahres gesagt: „Ich werde hier bleiben, ich kann Aleppo nicht verlassen. Ich muss mit meinem Volk sein“. Aber der Exodus aus Syrien dauere an.

Ökumenischer Aufruf zum Dialog

Vor dem Hintergrund dieser Entwicklungen hat bereits am 9. September Kardinal Christoph Schönborn in seiner Funktion als Vorsitzender des Pro-Oriente-Stiftungskuratoriums gemeinsam mit den Patriarchen Johanna X. (griechisch-orthodox), Ignatios Zakka I. Iwas (syrisch-orthodox), Gregorios III. Laham (melkitisch griechisch-katholisch), Louis Raphael I. Sako (chaldäisch-katholisch), Mar Dinkha IV. (assyrisch) und Nerses Bedros XIX. (armenisch-katholisch) eine gemeinsame Erklärung hinsichtlich der Situation der Christen im Nahen Osten veröffentlicht.

Die Geistlichen riefen dabei alle Streitparteien dazu auf, die Logik der Waffen und Gewalt durch jene des Dialogs zu ersetzen, um das Leid der Menschen und den Konflikt in Syrien - der auch die Sicherheit und Stabilität der Nachbarländer bedroht - so rasch wie möglich zu beenden.

religion.ORF.at/KAP

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