Nigeria

26. Dezember 2011


„Eine Serie von Anschlägen auf Kirchen in Nigeria an Weihnachten hat international Bestürzung und Trauer ausgelöst.“ – Offenbar gehört das Internet, namentlich die Kommentarbereiche diverser Qualitätsmedien, nicht zu dem, was man unter „international“ fassen kann.

Ich sollte mich wohl weder darüber wundern, noch darüber aufregen, dass unter einem Artikel, der von einem blutigen Anschlag auf Kirchen handelt, in denen sich katholische Christen zum Weihnachtsgottesdienst versammelt hatten und genau deswegen Duzende von ihnen sterben mussten (wie an gleicher Stelle übrigens schon beim letzten Weihnachtsfest), dass unter einem solchen Artikel von den Kommentatoren zunächst mal die Schuld der Christen an den Übeln in der Welt mit den gängigen Schlagwörtern aufgelistet wird und die Katholikenhetze ohne Pause und unvermindert weitergeht. Von Verhöhnung der Opfer und ihrer Angehörigen auf der einen und von Menschen, die sich in ihrer Selbstgerechtigkeit gefallen und denen ihr Feindbild Kirche längst zur bequemen gedanklichen Hängematte geworden ist, auf der anderen Seite, davon sollte ich wohl nicht sprechen, zu sehr ist die Verletzung religiöser Gefühle heute ein Volkssport, auf dessen Ausübung man eben auch am Weihnachtstag nicht verzichten will. Zudem: Bestürzung und Trauer gibt es nicht per Mausklick. Pietät wäre ohnehin zuviel verlangt. Und es wäre wohl auch zuviel verlangt, wenn ich forderte, die „Täterreligion“ des Christentums auch nur einmal als Opfer von Gewalt anzusehen, auch wenn sie – wenigstens dieses eine Mal! – Opfer von Gewalt ist. Kollege Bildungsbürger wäre schlussendlich vollends überfordert, wenn er einen Anschlag auf Katholiken in Kirchen zu Weihnachten während des Gottesdienstes überhaupt irgendwie mit anti-christlichen Motiven konnotieren sollte, wo dieser Anschlag als Akt der Dekolonialisation doch viel besser ins anti-westliche Weltbild des aufgeklärten Westlers passt.

Dann, bitte sehr, soll sich aber auch niemand weder darüber wundern, noch darüber aufregen, wenn ein Terroranschlag auf eine deutsche Reisegruppe mit „Geschieht den Nazis ganz recht!“ quittiert wird. Oder unter einem Bericht über die Vergewaltigung einer jungen Frau folgendes steht: „Nach allem, was Katharina die Große den Männern angetan hat, ist das doch völlig verständlich!“ Oder auch: „Typisch Mann!“ – Am anderen Ende der Ignoranz lässt sich ebenfalls einiges finden, über das sich das Wundern und Aufregen nicht lohnt. Jedenfalls nicht an Weihnachten.

Es ist ja immer noch Weihnachten. Also: Ich reg mich nicht auf. Sie regen sich nicht auf. Versprochen? Da heute zudem Stefanstag ist, lasst uns gemeinsam beten: Herr, rechne ihnen diese Sünde nicht an!

Sondern: „Schmeiß Hirn vom Himmel!“ Oder – noch dringender – Herz! „Am besten beides!“ Und noch etwas: „Schnell!“

(Josef Bordat)

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