P. S., Köln

Köln steht Kopf – aber nicht wegen der anbrechenden tollen Tage, sondern wegen der erstaunlichen Novität, daß der Dom einer fremden – oft "ungläubig" genannten – Konfession seine Pforten zum Gottesdienst geöffnet hat. Die Kölner Arbeiter und Angestellten, die am 3. Februar in der Frühe zu ihren Fabriken und Büros trotteten, blieben in Domnähe verblüfft stehen und beobachteten türkische Gastarbeiter, die, den zusammengerollten Gebetsteppich unterm Arm, in das ehrwürdige Gotteshaus einzogen.

In den nördlichen Seitenschiffen des Doms feierten mehrere hundert Mohammedaner das Ende des islamischen Fastenmonats Ramadan. Auf den Steinfliesen des Kölner Doms wurden die Gebetsteppiche ausgebreitet; das Haupt gen Mekka geneigt, sprachen die Türken ihre Gebete. Ein Imam leitete den Gottesdienst im Schatten der christlichen Kreuze und Symbole, der Altäre und Statuen. Gastarbeiter, die sich keinen Teppich unter den Knien leisten konnten, hatten Zeitungen mitgebracht, die sie ausbreiteten "an der Stätte, an der 1147 Bernhard von Clairveaux zum zweiten Kreuzzug predigte", wie die "Kölnische Rundschau" vermerkte. Das Blatt meinte: "Der 3. Februar 1965 war ein Tag, der Religionsgeschichte gemacht hat."