FFP2-Masken
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Masken umetikettiert?

Hausdurchsuchung bei Hygiene Austria

Beim heimischen Maskenhersteller Hygiene Austria hat es am Dienstag Hausdurchsuchungen an mehreren Standorten gegeben. Es soll der Verdacht bestehen, dass das Unternehmen chinesische Masken umetikettiert habe. Hygiene Austria ist eine Tochtergesellschaft von Palmers und Lenzing. Das Unternehmen wies die Vorwürfe zurück.

Ein Unternehmenssprecher hatte am frühen Dienstagabend gegenüber der APA bestätigt, dass es Durchsuchungen bei Palmers in Wien und bei der Produktionsstätte in Wiener Neudorf gegeben hatte. Zuerst hatte Oe24.at über die Razzia berichtet.

Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) bestätigte am Dienstagabend gegenüber Ö1 Ermittlungen, nannte dabei aber keine Namen. Geführt werde ein Ermittlungsverfahren gegen eine bekannte Person sowie Unbekannte wegen Verdachts organisierter Schwarzarbeit und schweren gewerbsmäßigen Betruges. Hintergrund sind laut WKStA Ermittlungsergebnisse, wonach im Ausland produzierte FFP2-Masken an einem Unternehmensstandort in Österreich umgepackt und als in Österreich produzierte Masken zu einem höheren Preis verkauft worden sein sollen.

Vorwurf der Schwarzarbeit

Für das Umpacken der FFP2-Masken sollen Personen ohne die erforderliche Anmeldung zur Sozialversicherung tätig gewesen sein. Mit richterlicher Bewilligung wurden laut WKStA Hausdurchsuchungen an zwei Unternehmensstandorten durchgeführt, unter Beteiligung des Landeskriminalamts NÖ, des Bundeskriminalamts und der Finanzpolizei. Die Zuständigkeit der WKStA ergebe sich derzeit aus ihrer ausschließlichen Zuständigkeit für das Delikt der organisierten Schwarzarbeit.

Razzia bei Hygiene Austria

Der heimische MNS-Hersteller Hygiene Austria ist Ziel einer Razzia geworden. Das Unternehmen soll Masken aus China zu österreichischen Masken umetikettiert haben.

Unternehmen weist Vorwürfe zurück

„Die Hygiene Austria LP weist die heute erhobenen, haltlosen Vorwürfe auf das Schärfste zurück“, hieß es in einer Stellungnahme der Unternehmensführung zur APA. „Wir kooperieren eng mit den Behörden und werden alles zur Aufklärung beitragen.“ Es sei bedauerlich, hier „in tagespolitische Auseinandersetzungen hineingezogen zu werden“.

Hygiene Austria Mitarbeiter in Wiener Neudorf
APA/Robert Jäger
Hygiene Austria trat als Gegenmodell zu Medizinprodukten aus Asien an

Über die vergangenen zehn Monate habe die Hygiene Austria LP, mitten in der größten Pandemie des letzten Jahrhunderts, eine moderne Maskenproduktion mit mehreren hundert Mitarbeitern in Wiener Neudorf aufgebaut. „Neben der Schaffung von Arbeitsplätzen werden der österreichische Lebensmittelhandel, namhafte Industrieunternehmen und damit die österreichische Bevölkerung mit Millionen hoch qualitativer Masken optimal versorgt“, betonte das Management.

„Made in Austria“

Lenzing und Palmers hatten die Gemeinschaftsfirma im April 2020 wegen der Coronavirus-Pandemie gegründet. Das Ziel war es, Masken „made in Austria“ zu produzieren und zu vertreiben. Damit wurde die Hygiene Austria LP neben Aventrium in Graz zu einem der größten Hersteller von FFP2-Masken in Österreich. In Wiener Neudorf (NÖ) waren laut Unternehmensangaben 200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Produktion beschäftigt. Neben rund zehn Millionen FFP2-Masken werden monatlich auch noch zehn bis 15 Millionen Mund-Nasen-Schutz-Masken produziert.

Mehrfach für Schlagzeilen sorgten die Verbindungen zur Politik. Der Hygiene-Austria-Geschäftsführer Tino W. ist mit der Büroleiterin von Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP), verschwägert. Zudem sitzt deren Ehemann im Vorstand von Palmers. Die Büroleiterin von Kurz wird am Donnerstag auch im „Ibiza“-U-Ausschuss befragt.

Opposition sieht offene Fragen

Die Opposition forderte am Dienstagabend Aufklärung. „Während in Österreich Hunderttausende Menschen keinen Job haben, machten andere das Geschäft ihres Lebens – wir bringen morgen dazu eine Anfrage an Sebastian Kurz ein“, kündigte der stellvertretende SPÖ-Klubvorsitzende Jörg Leichtfried via Twitter in Reaktion auf die Razzia an. In der Anfrage werde es unter anderem darum gehen, was Kurz wusste.

Sollten sich die Vorwürfe bewahrheiten, trügen die Bundesregierung und Kurz die „volle Verantwortung“, so auch FPÖ-Chef Norbert Hofer. Die Regierung müsse nun unter anderem offenlegen, wie viele Masken zu welchen Konditionen von der Republik bei Hygiene Austria gekauft wurden, wo diese zum Einsatz kamen und ob die Qualität kontrolliert wurde, forderte er. „Wenn sich der Verdacht bestätigt, dass dort nicht Masken produziert, sondern lediglich China-Masken umetikettiert wurden, wofür sich der Kanzler dann auch noch im Namen der Republik bedankt, dann wäre das ein Skandal der Extraklasse“, so Hofer.

NEOS sah sich darin bestätigt, dass es einen „kleinen U-Ausschuss“ brauche, der die Beschaffungspolitik der Regierung in der Pandemie unter die Lupe nehmen will. NEOS-Fraktionsführer Douglas Hoyos teilte mit, man werde sich in den nächsten Monaten intensiv mit den Maßnahmen und den Beschaffungen der Regierung auseinandersetzen. „Der Coronamasken-Hersteller Hygiene Austria wird dabei nur ein Teil dessen sein. Sollte sich der Verdacht durch die Hausdurchsuchung bestätigen, wird das aber natürlich auch im kleinen Untersuchungsausschuss intensiv zu behandeln sein“, so Hoyos.