Generalvikar Klaus Winterkamp diskutiert mit Mitarbeitervertretungen über Arbeitsrecht

Bistum Münster: Keine AfD-Mitglieder im leitenden Kirchendienst

Das Bistum Münster lehnt führende AfD-Mitglieder im leitenden Kirchendienst ab. Das machte Generalvikar Klaus Winterkamp bei einem Treffen von kirchlichen Mitarbeitervertretungen deutlich.

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Führende AfD-Mitglieder können im Bistum Münster keine Leitungsaufgaben innehaben oder übernehmen. Diese Ansicht äußerte Generalvikar Klaus Winterkamp auf einer Tagung der Mitarbeitervertretungen karitativer und kirchlicher Einrichtungen in Haltern.

Nach Auffassung Winterkamps widerspricht ein aktives Eintreten für die AfD den Grundwerten des christlichen Menschenbilds und damit dem „Sendungsauftrag“ der Kirche, der in der „Grundordnung des kirchlichen Dienstes im Rahmen kirchlicher Arbeitsverhältnisse“ ausgeführt ist. Die Grundordnung bildet den Grundpfeiler der Arbeitsverfassung der katholischen Kirche in Deutschland und gilt für etwa 750.000 Arbeitnehmer in der katholischen Kirche und dem Wohlfahrtsverband Caritas.

 

Unvereinbar mit christlichem Menschenbild

 

Diözesancaritasdirektor Heinz-Josef Kessmann (von links), Arbeitsrechtler Hermann Reichold und Generalvikar Klaus Winterkamp im Gespräch.Diözesancaritasdirektor Heinz-Josef Kessmann (von links), Arbeitsrechtler Hermann Reichold und Generalvikar Klaus Winterkamp im Gespräch. | Foto: Johannes Bernard

Was mit leitenden Aufgaben im kirchlichen Arbeitsumfeld gemeint ist, verdeutlichte Winterkamp: „Ich halte es für unmöglich, dass eine Leiterin einer Kindertageseinrichtung, ein Referent im Bischöflichen Generalvikariat oder ein Caritas-Geschäftsführer aktives AfD-Mitglied sein kann. Ob eine solche Unvereinbarkeit für alle kirchlichen Beschäftigungsverhältnisse gelten kann, vermag ich nicht zu sagen.“

Der Generalvikar begründete seine Aussagen mit der nach seiner Ansicht demokratie- und menschenverachtenden Politik von Teilen der AfD. „Ob meine Meinung zu dieser Frage vor einem Arbeitsgericht Bestand hat, weiß ich nicht. Ich spreche hier als Theologe, der auch für den Sendungsauftrag der Kirche steht.“ Um Missverständnisse zu vermeiden, betonte Winterkamp, im Bistum Münster stehe kein Fall dieser Art an.

 

Reform der kirchlichen Grundordnung

 

Vor den mehr als 180 Vertretern der kirchlichen Mitarbeitervertretungen und Dienstgeber wünschte sich Winterkamp eine Präzisierung und Überarbeitung der Grundordnung, in der die so genannten Loyalitätsobliegenheiten der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Kirche und Caritas beschrieben ist. Da das Bistum Münster bei einer Reform keinen Alleingang gehen könne, brauche es den Konsens aller 27 Diözesen in Deutschland.

Die Fachtagung stand unter dem Thema „Heirat-Scheidung-Kündigung“ und beschäftigte sich mit der Frage, wie weit Loyalitätspflichten in der persönlichen Lebensführung von Beschäftigten hineinreichen können. Jüngste Urteile des Europäischen Gerichtshofs und des Bundesarbeitsgerichts haben das Selbstbestimmungsrecht der Kirchen in Deutschland nicht angetastet, dennoch entschieden, dass künftig weltliche Gerichte mehr Einfluss auf das kirchliche Arbeitsrechts bekommen. Immer wieder kontrovers diskutiert wird die Frage nach der Kündbarkeit von wiederverheirateten Geschiedenen oder bei gleichgeschlechtlichen Ehen.

 

Kein Problem mit homosexuellen Partnerschaften

 

Mehr als 180 Mitarbeitervertreter von Angestellten im Bistum Münster informierten sich im Könzgen-Haus in Haltern über das kirchliche ArbeitsrechtMehr als 180 Mitarbeitervertreter von Angestellten im Bistum Münster informierten sich im Könzgen-Haus in Haltern über das kirchliche Arbeitsrecht. | Foto: Johannes Bernard

Diethelm Schaden von der Personalabteilung des Bischöflichen Generalvikariats Münster stellte klar, dass es Mitarbeiter der kirchlichen Verwaltung gebe, die in einer gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaft beziehungsweise Ehe lebten. „Wenn ein Dienstgeber vor Ort sagt: Das ist kein Problem. Dann ist es auch für uns in Münster kein Problem“, sagte Generalvikar Winterkamp. Bei Führungskräften mit Repräsentationspflichten oder Mitarbeitern mit Aufgaben im Bereich von Glaubensweitergabe müssten individuelle Lösungen gesucht werden.

Wie sehr ein Reformbedarf bei Fragen der persönlichen Lebensführung besteht, machte Münsters Diözesancaritasdirektor Heinz-Josef Kessmann deutlich: „Unsere Gesellschaft wird pluraler. Die Kirchenbindung nimmt ab. Gleichzeitig leisten wir viel in unseren Einrichtungen“, sagte Kessmann. Entscheidend sei, gutes Personal zu haben und zu bekommen.

 

Loyalität zum Arbeitgeber

 

„Die Loyalität zum Arbeitgeber muss da sein. Aber wir brauchen keine überhöhten  moralischen Festsetzungen, um das christliche Profil der Einrichtungen zu sichern. Die strengen Loyalitätsanforderungen, etwa die Einhaltung des kirchlichen Eheverständnisses, sollten nur für bestimmte Berufe gelten. Kessmann fragte rhetorisch: „Warum sollte einem wiederverheirateten Geschiedenen, der gute Arbeit leistet und menschlich korrekt ist, gekündigt werden? Aber nicht der Geschiedene, der sich nicht um den Unterhalt seiner Kinder kümmert?“ Auch der Caritasverband arbeite daran mit, ein zeitgemäßes kirchliches Arbeitsrecht auf den Weg zu bringen.

 

Rechtsauffassungen wandeln sich

 

Dass Überarbeitungen der derzeitigen Grundordnung notwendig sind, erklärte Hermann Reichold, Arbeitsrechtler an der Universität Tübingen und Leiter der Forschungsstelle für kirchliches Arbeitsrecht: „In unserer Zeit machen Entkirchlichung und die pluraler werdende Gesellschaft die Privilegien, die das deutsche Staatskirchenrecht den beiden großen Kirchen im Bereich der Ausgestaltung ihres eigenen Arbeitsrechts eröffnet, mehr und mehr fragwürdig.“

Das Arbeitsrecht der Kirchen gerate verstärkt in die öffentliche Diskussion und ernte immer weniger Verständnis. Man dürfe nicht mehr davon ausgehen, dass weltliche Gerichte wie der Europäische Gerichtshof, das Bundesverfassungsgericht oder die Arbeitsgerichte den kirchlichen Sonderweg dauerhaft mittrügen. „Es muss eine Grundordnung geschaffen werden, die klar formuliert ist und Kündigungsgründe präzisiert“, sagte Reichold.

Teils kritische Gerichtsentscheidungen weltlicher Arbeitsgerichte und des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte sorgten für Handlungsbedarf. Wenn die Diözesen unterschiedlich agierten, könnte es problematisch werden. „Nach welchen Maßstäben sollte dann noch ein Gericht urteilen?“, warnte der Rechtswissenschaftler vor Sonderwegen einzelner Bistümer.

 

Bistum Münster macht klare Vorgaben

 

Dass ein Bistum klare Vorgaben machen kann, erklärte Winterkamp anhand der Situation in den katholischen Tageseinrichtungen für Kinder: Danach müssen nicht mehr alle Erzieherinnen und Erzieher katholisch sein. Entscheidend sei, dass eine Erzieherin „sich mit den Zielen einer katholischen Kita identifiziert“.

Auch Muslime könnten in einer Kita-Einrichtung arbeiten, sofern sie sich im Berufsalltag mit den katholischen Werten identifizierten. Für Leitungsaufgaben von Kita-Verbünden und einzelnen Kindertagesstätten würden katholische Träger aber weiterhin ausschließlich Katholiken einstellen, sagte Winterkamp.

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