BILD veröffentlicht historische Korrespondenz: Die geheimen Botschaften der Briefe von Papst Benedikt

Er kommuniziert in Briefen: Papst Benedikt XVI. (91) im Sommer 2010 in seiner damaligen Sommer-Residenz in Castel Gandolfo

Er kommuniziert in Briefen: Papst Benedikt XVI. (91) im Sommer 2010 in seiner damaligen Sommer-Residenz in Castel Gandolfo

Foto: picture alliance / abaca
Von: NIKOLAUS HARBUSCH

Wirbel um die geheimen Briefe, die Papst Benedikt XVI. vier Jahre nach seinem Rücktritt an den deutschen Kardinal Walter Brandmüller (89) schickte. Gestern veröffentlichte BILD erstmals die historisch bedeutende Korrespondenz. Seitdem wird gerätselt: Welche Botschaft wollte Benedikt in seinen Briefen senden?

Mit seinen Schreiben vom 9. und 23. November 2017 an Kardinal Brandmüller wies Benedikt zunächst entschieden dessen Vorwürfe zurück, er habe durch seinen Rücktritt der Kirche einen „schweren Schaden“ zugefügt.

In seinem Brief verwies Benedikt in diesem Zusammenhang auch auf Papst Pius XII., der im Jahr 1944 eine „Verhaftung durch die Nazis“ befürchtete und deshalb Pläne für einen Rücktritt formuliert hatte.

Ein Brief von Papst Benedikt an Kardinal Walter Brandmüller

Ein Brief von Papst Benedikt an Kardinal Walter Brandmüller

Diese Passage in Benedikts Schreiben löste in Kirchenkreisen unterschiedliche Interpretationen aus. Auch über die wahren Gründe für seinen Rücktritt.

Professor Dr. Thomas Sternberg, Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken, ist überzeugt, „dass es im Vatikan dramatische Widerstände nicht nur gegen Papst Franziskus, sondern auch gegen seinen Vorgänger gibt und gab.“

Ein weiterer Brief an Kardinal Walter Brandmüller

Ein weiterer Brief an Kardinal Walter Brandmüller

Die Briefe, sagte Professor Sternberg zu BILD, machten deutlich, „wie notwendig gerade angesichts des weltweiten Missbrauchsskandals ein einheitliches Vorgehen der Weltkirche ist“. Strukturelle Kirchenreformen seien deshalb „überfällig“.

Die „New York Times“ erkennt massive Konflikte im Vatikan und schreibt, der Brief mache deutlich, dass Benedikt im Jahr 2013 durch seinen Umzug in die vatikanischen Gärten vermeiden wollte, ein „rivalisierendes Machtzentrum“ zu seinem Nachfolger zu sein.

In einem ausführlichen Beitrag im Domradio des Erzbistums Köln wird spekuliert, dass nicht allein das Alter und die Gesundheit Benedikts die Gründe für dessen Rücktritt waren.

Ob der Papst sich bedroht gefühlt habe und deshalb zurückgetreten sei, so die Einschätzung im Domradio, könne man nicht sagen. Denn: „Das Kirchenrecht verlangt bezüglich des Amtsverzichts eines Papstes, dass dieser Verzicht freiwillig geschieht. Aber auch bei einem freiwilligen Rücktritt kann ein politischer Druck im Spiel sein.“

Volker Rensing, Chefredakteur der „Herder Korrespondenz“, führend in der Analyse kirchlicher und theologischer Fragen, zu BILD: „Wenn diese Briefe echt sind, bergen sie Sprengstoff: Denn der ehemalige Papst liegt offenbar über Kreuz mit einer Person seines ehemaligen engsten Umfelds.“

Fehler im Artikel gefunden? Jetzt melden.