Aufgeschnittene Kiwi
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Rätselhafte Krankheit

„Kiwi-Tod“ sucht Italiens Plantagen heim

Italien ist nach China und noch vor Neuseeland der zweitgrößte Kiwiproduzent der Welt. Doch eine rätselhafte Krankheit, die sich seit Jahren ungehindert ausbreitet, setzt den Plantagen zu. Tausende Hektar sind ihr schon zum Opfer gefallen. Italienische Medien sprechen bereits vom „Kiwi-Tod“.

Die Wurzeln verdorren, die Blätter fallen ab, die Früchte entwickeln sich nicht, die Pflanze geht ein. Seit acht Jahren sind die italienischen Kiwis von der unbekannten Krankheit betroffen, die einen Sektor in die Knie zwingt, in dem das Land zu den Weltführern zählt, wie zuletzt die Tageszeitung „La Stampa“ berichtete. Italien produziert jedes Jahr etwas mehr als 560.000 Tonnen Kiwis und gehört auch zu den Ländern, in denen am meisten Kiwis konsumiert werden.

Mit über zwei Millionen Tonnen steht China, aus dem die früher unter dem Namen „Chinesische Stachelbeere“ bekannte Kiwi ursprünglich stammt, an der Spitze der Produzenten. Auf die Volksrepublik entfällt rund die Hälfte der gesamten jährlichen Ernte weltweit. Neuseeland, das die meisten mit der Frucht in Verbindung bringen, folgt erst auf Platz drei mit rund 400.000 Tonnen. Neben Italien zählen Griechenland und Frankreich zu den wichtigsten europäischen Anbaugebieten.

Tausende Hektar zerstört

Die Beeren werden in Italien im September und Oktober geerntet und sind bis Mai im Handel erhältlich. Doch auch im heurigen Sommer hat die Wurzelkrankheit Millionen Pflanzen befallen. Schwerwiegende Auswirkungen auf die Kiwiproduktion seien unvermeidbar, schlug der Landwirtschaftsverband Confagricoltura Alarm. Hunderte Betriebe seien in Gefahr, Tausende Arbeitsplätze würden wackeln. Um überleben zu können, müssten die betroffenen Produzenten für ihre Ernteausfälle entschädigt werden.

Kiwi-Ernte in Italien
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Italien produziert mehr Kiwis als Neuseeland (im Bild eine Plantage im Piemont)

Die Krankheit habe inzwischen das Herz der Hauptanbauregion für Kiwis in Italien, Agro Pontino, mit fast 10.000 Hektar getroffen, so Confagricoltura, die die Situation in ganz Italien beobachtet. In der Gegend von Verona sei derzeit mehr als die Hälfte der gesamten Kiwianbaufläche (1.800 von rund 2.500 Hektar) befallen. In Friaul-Julisch Venezien, wo die Anbaufläche knapp über 500 Hektar beträgt, sind laut Confagricoltura rund zehn Prozent der Pflanzen eingegangen.

Dies sei auch in der Lombardei, in der Gegend von Mantovano und marginal auch in der Emilia-Romagna und Kalabrien der Fall. Im Latium seien 20 Prozent der Kiwianbauflächen betroffen – fast 2.000 Hektar, warnte Confagricoltura. Das sei jedoch nur die Spitze des Eisbergs: Insgesamt ist aktuellen Schätzungen zufolge in den vergangenen acht Jahren mehr als die Hälfte der Kiwiplantagen vernichtet worden.

Ursache unbekannt

Verschiedene Untersuchungen zur Krankheit, die das Wurzelsystem angreift und die Pflanze austrocknen lässt, wurden durchgeführt, brachten bisher aber kein Ergebnis. Kiwis werden durch Stecklinge auf eine bereits produzierende Pflanze vermehrt. Folglich neigen auch junge Pflanzen dazu, krank zu werden und abzusterben, wenn sie von möglicherweise Befallenen abstammen.

Noch sei nicht bekannt, so Confagricoltura, warum die Pflanzen eingehen. Es scheint eine Kombination von Ursachen zu geben, die vermutlich durch die Auswirkungen des Klimawandels noch verstärkt werden. Vorerst bleiben Italiens Kiwiproduzenten daher nur hilflose Versuche, wie Pflanzen abzudecken, Tropfbewässerungssysteme zu installieren und den Boden speziell zu bearbeiten.

Ruf nach Maßnahmen

Confagricoltura appellierte an alle Staaten und Regionen, die an der Kiwiproduktion beteiligt sind, die Forschung voranzutreiben und Maßnahmen zu ergreifen, um den unsichtbaren Feind zu besiegen. „Wir stehen vor einem Phänomen, das im Moment niemand einordnen kann. Was wir wissen, ist, dass tausende Hektar Kiwis bereits durch Pflanzensterben vernichtet wurden, wobei wir den Ursprung und Grund des Phänomens nicht kennen. Deswegen müssen wir mit der Untersuchung beginnen, von der wir hoffen, dass so bald wie möglich eine Lösung gefunden wird“, sagte der Präsident von Confagricoltura für Latium, Luigi Niccolini.

Der Unterstaatssekretär im Landwirtschaftsministerium, Giuseppe L’Abbate, versprach laut „La Stampa“, eine wissenschaftliche Arbeitsgruppe einzurichten, die eine Bestandsaufnahme der Situation vornehmen und den „Kiwi-Tod“ untersuchen soll. „Es ist wichtig, die Forschungsaktivitäten fortzusetzen, um die Ursachen der Austrocknung und eine Strategie zur Bekämpfung des Phänomens zu finden.“ Im November soll eine Konferenz in Cittadella (Venetien) mit Experten für Phytopathologie stattfinden.