Kunst-Schau der Schande – Antisemitismus-Skandal auf Documenta: Juden mit Raffzähnen und Schweinekopf

Schläfenlocken, Reißzähne, blutunterlaufenen Augen und das SS-Zeichen auf dem Hut – eine Darstellung des Juden als das Böse schlechthin, zu sehen auf dem Bild „People's Justice“ der Gruppe Taring Padi

Schläfenlocken, Reißzähne, blutunterlaufenen Augen und das SS-Zeichen auf dem Hut – eine Darstellung des Juden als das Böse schlechthin, zu sehen auf dem Bild „People's Justice“ der Gruppe Taring Padi

Foto: Twitter/ documenta__
Von: Philip Fabian und Oskar Luis Bender
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Erst der widerliche Israel-Boykott, jetzt diese abstoßenden Bilder.

Am Samstag hatte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (66) die Documenta in Kassel eröffnet – eine der wichtigsten Kunstausstellungen weltweit. Er trat dort auf, obwohl sie in diesem Jahr Künstler aus Israel (und sonst aus keinem anderen Land) aussperrt.

Zwei Tage später wird klar: Der Antisemitismus-Skandal geht noch weiter. Auf der Documenta werden offen antisemitische Bilder gezeigt.

▶︎ Ein Bild zeigt Juden als tierische Wesen mit Dracula-Zähnen (und Schläfenlocken) samt SS-Rune auf dem Hut. Botschaft: Israel sei das Böse schlechthin.

▶︎ Auf einem anderen Bild ist ein Schwein mit Davidstern zu sehen, am Kopf steht die Aufschrift „Mossad“. Ganz klar: Hier wird die mittelalterliche Tradition fortgeführt, Juden als Schweine darzustellen (wie etwa auf dem „Judensau“-Relief der Stadtkirche Wittenberg aus dem 13. Jahrhundert).

Wie im Mittelalter: diese Neuauflage des „Judenschweins“ – zu besichtigen auf der Documenta

Wie im Mittelalter: diese Neuauflage des „Judenschweins“ – zu besichtigen auf der Documenta

Foto: Twitter/nathan_giwerzew

▶︎ In der Kritik steht auch ein Projekt mit dem Namen „Gaza Guernica“ des palästinensischen Künstlers Mohammed Al Hawajri. Der setzt berühmte Gemälde (wie das „Guernica“ von Picasso, eine Würdigung der spanischen Stadt, die die NS-Luftwaffe 1937 zerbombte) mit Bildern von israelischen Anti-Terror-Operationen zusammen, sodass dabei auch NS-Vergleiche mit den israelischen Streitkräften fallen.

Hier kombiniert der Künstler ein Gemälde aus dem 19. Jahrhundert mit einer Kampfoperation der israelischen Armee

Hier kombiniert der Künstler ein Gemälde aus dem 19. Jahrhundert mit einer Kampfoperation der israelischen Armee

Foto: Uwe Zucchi/dpa

Kritik ja, Konsequenzen nein

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hatte am Samstag den schändlichen Israel-Boykott der Documenta zwar deutlich kritisiert, aber dennoch nicht darauf verzichtet, die Eröffnungsrede zu halten.

Stattdessen sagte er, er wünsche sich mehr Dialog zwischen den Kuratoren der Ausstellung mit den jüdischen Verbänden in Deutschland und israelischen Vertretern. Ein Dialog, den die Veranstalter im Vorfeld abgelehnt hatten, mit dem Hinweis: allein schon der Antisemitismus-Vorwurf sei rassistisch.

Kulturstaatsministerin Claudia Roth und Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier bei der Eröffnung der Documenta am Samstag

Kulturstaatsministerin Claudia Roth und Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier bei der Eröffnung der Documenta am Samstag

Foto: Boris Roessler/dpa

Hintergrund: Die diesjährige Documenta steht im Zeichen des „globalen Südens“. Eine Gruppe aus Indonesien (ein Land, das Israel nicht anerkennt) war beauftragt worden, zu kuratieren, was ausgestellt werden soll und was nicht. Doch die vertritt eine radikale „postkoloniale“ Weltsicht, durchtrieben von Hass gegen Israel, dessen bloße Existenz sie als „koloniales Projekt“ von „Weißen“ betrachtet – obwohl Israel als sichere Heimat für Juden aus allen Kontinenten der Welt dient.

Steinmeier hatte am Samstag klargestellt: „Wo Kritik an Israel umschlägt in die Infragestellung seiner Existenz, ist die Grenze überschritten.“

Meron Mendel, Direktor der Bildungsstätte Anne Frank: „Diese Bilder lassen überhaupt keinen Interpretationsspielraum zu. Das ist klare antisemitische Hetze.“ Sie müssten umgehend abgedeckt oder bestenfalls entfernt werden, forderte er.

Claudia Roth kritisiert die falsche „Grenzüberschreitung“

Auch Kulturstaatsministerin Claudia Roth (67, Grüne) sprach am Sonntag in der „Süddeutschen Zeitung“ von einer „Grenzüberschreitung“ – meinte aber weder den Israel-Boykott der Ausstellung noch die antisemitischen Bilder der ausgestellten Künstler.

Vielmehr kritisierte Roth damit, dass BILD die Documenta als „Kunst-Schau der Schande“ tituliert hatte.

„Das war vorab absehbar“

▶︎ Elio Adler, Chef der NGO WerteInitiative e.V., stellte klar: „Der eigentliche Antisemitismus-Skandal der Documenta ist nicht, dass bekennende BDS-Unterstützer antisemitische Narrative verbreiten. Der Skandal ist, dass das vorab absehbar war. Viele u.a. jüdische Stimmen hatten gewarnt, die Verantwortlichen haben es aber bewusst so laufen lassen. Nun gilt es, schnell zu handeln und Konsequenzen zu ziehen.“

▶︎ Der Zentralrat der Juden war den Ausstellungsmachern vor, versagt zu haben. Obwohl die Leitung der documenta garantiert habe, dass es keinen Antisemitismus in der Ausstellung geben werde, sei nun deutlich geworden, dass eine „ernsthafte Auseinandersetzung mit dem Thema Antisemitismus“ nicht stattgefunden habe, sagte Zentralrats-Präsident Josef Schuster der Zeitung „Jüdische Allgemeine“.

DIG-Präsident Volker Beck schaltet Staatsanwaltschaft ein

DIG-Präsident Volker Beck reagiert – und schaltet die Staatsanwaltschaft ein! Beck zu BILD: „Gemessen an den Maßstäben des Urteils des Bundesgerichtshof zur Wittenberger ‚Judensau‘ stellt das Werk des Künstlerkollektivs ‚Taring Padi‘ einen rechtsverletzenden Zustand dar. Durch die Darstellung von Juden- und Mossad-Säuen wird unmittelbar auch der Geltungs- und Achtungsanspruch eines jeden in Deutschland lebenden Juden angegriffen. Die Identifizierung eines Juden mit Kippa und Hut, markiert mit einer SS-Rune, verteufelt Juden generell.“

Beck zu BILD: „Da die kulturpolitisch Verantwortlichen in Bund, Land und Kassel es versäumt haben, die documenta Leitung zu einem verantwortlichen Umgang mit ihrer Ausstellung anzuhalten, habe ich mich entschieden, die Sache der Staatsanwaltschaft in Berlin und Kassel zur Prüfung vorzulegen.“

Dass solche Motive auf der documenta auftauchten, hat Beck angesichts der Kontroversen im Vorfeld der Ausstellung nicht überrascht. „Wundern sollte sich niemand über das Werk. Wo BDS draufsteht, ist halt auch regelmäßig Antisemitismus drin“, sagte Beck weiter.

FPD-Politiker: Förderung prüfen

Der FDP-Bundestagsabgeordnete Frank Müller-Rosentritt fordert eine Prüfung der Staatsgelder, die in die Ausstellung fließen.

Müller-Rosentritt zu BILD: „Leider hat sich bewahrheitet, was schon vor der Eröffnung der Documenta 15 zu befürchten war. Die abscheulichen antisemitischen Darstellungen und Vergleiche müssen Konsequenzen haben. Es darf nicht sein, dass mit Bundesmitteln gegen Israel und gegen Jüdinnen und Juden gehetzt wird. Die Förderung der documenta mit Steuergeldern muss auf den Prüfstand.“

Kuratoren sympathisieren mit BDS

Eine solche Prüfung hätte allerdings schon erfolgen müssen. Denn: Mehrere Mitglieder von Ruangrupa, wie sich das indonesische Kuratoren-Kollektiv nennt, bekennen sich offen zu BDS („Boycott, Divest and Sanctions“) – einer internationalen Hass-Kampagne, die mehr oder minder offen die Abschaffung Israels fordert und Terror gegen Israelis verherrlicht.

Ein Beschluss des Bundestags 2019 schreibt fest, dass sie nicht mit Steuermitteln gefördert werden sollen. Gegen diesen Beschluss hatte damals ausgerechnet die heutige Staatskulturministerin Claudia Roth votiert.

*Anmerkung der Redaktion: In einer vorherigen Version des Textes standen in den Bildunterschriften zwei Fehler. Der Titel des diskutierten Bildes von Taring Padi lautet „People's Justice“, nicht „Question of Funding“. Zudem kombinierte der Künstler Al Hawajri nicht das Bild „Les Moissoneurs“ von Van Gogh mit einer Kampfoperation der israelischen Armee. Als Vorlage diente das Werk „Harvesters Resting“ von Jean Francois Millet. Wir haben die Fehler korrigiert.

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