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Wegen Honorar: Arzt verklagt Frau – weil sie sich gegen Abtreibung entschieden hat

Wegen Honorar Arzt verklagt Frau – weil sie sich gegen Abtreibung entschieden hat
Anwalt mit Gesetzestexten © iStock/Cameris

Eine junge Frau, die ungewollt schwanger geworden ist, entscheidet sich für eine Abtreibung. Über Nacht kommen ihr Zweifel und sie sagt den Termin ab. Ihr Arzt erhebt Anklage wegen entgangenem Gewinn.

Was war passiert? Wie "pnp.de" berichtet, ereignete sich der Fall, den das Amtsgericht Passau jetzt zu entscheiden hatte, bereits im November 2018. Die junge Frau war alleinerziehend mit einem sechs Monate alten Baby, als sie ungeplant erneut schwanger wurde. Die Situation – schwanger und allein mit einem Baby – überforderte sie, sodass sie keinen anderen Ausweg sah, als eine Abtreibung vornehmen zu lassen.

Die Vorgeschichte: Beratung vor Abtreibung

Wer in Deutschland eine Abtreibung vornehmen lassen möchte, muss sich vorher beraten lassen. Das tat auch die junge Frau aus Passau. Sie besorgte zugleich alle notwendigen Bescheinigungen und erschien im November 2018 nachmittags um 17 Uhr zu einem Besprechungstermin beim Arzt. Die Abtreibung sollte am nächsten Tag um 13 Uhr durchgeführt werden. Gemeinsam füllten Arzt und Patientin eine Patienteninformation aus, die unter anderem eine Handynummer der Praxis enthielt. Unter dieser Nummer können Termine für den Folgetag bis 22 Uhr abgesagt werden.

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Sinneswandel über Nacht

Nach dem Besprechungstermin ging die Schwangere nach Hause und kümmerte sich um ihr Baby. Im Lauf der Nacht kamen ihr erhebliche Zweifel daran, ob eine Abtreibung wirklich der richtige Weg ist und sie entschied sich letzten Endes, das Kind doch zu bekommen. Gleich am nächsten Morgen, als die Praxis öffnete, rief sie dort an und sagte den Termin ab.

Die Entscheidung für oder gegen eine Abtreibung ist ein entscheidender Moment.

Der Arzt erhebt Anklage

Das nächste, was die junge Frau von ihrem Arzt bekam, war eine Rechnung über 510 Euro. Das wären die Kosten für die Abtreibung gewesen – die ja nie stattgefunden hatte. Als die junge Mutter sich weigert zu zahlen, verklagt der Arzt sie wegen entgangenem Gewinn. Die Sache landet auf dem Richtertisch des Amtsgerichts Passau, das nun eine schwere Aufgabe zu lösen hatte. "Generell ist ein Ausfallhonorar für einen Arzt äußerst strittig", beginnt der Richter. "Sehr sinnvoll wäre hier eine gütliche Einigung der Parteien." Letzten Endes einigen sich die Parteien tatsächlich auf einen vom Gericht vorgeschlagenen Vergleich. Die Beklagte zahlt dem Kläger 200 Euro, die dieser an die Leukämiehilfe spendet. Auch wenn der Arzt selbst 200 Euro für zu wenig hält, beteuert sein Anwalt laut "pnp.de": "Es geht um das Zeichen, das wir setzen wollten. Und das setzen wir." Auch die Gerichtskosten werden geteilt. Der Kläger übernimmt drei Fünftel der Kosten, die Beklagte zwei Fünftel.

Das Baby der jungen Frau ist im Sommer gesund zur Welt gekommen.

Auch Ärzte können aus merkwürdigen Gründen verklagt werden.

Ausfallhonorar rechtmäßig?

Immer wieder kommt es vor, dass Patienten ihre Arzttermine nicht oder zu spät absagen. Das ist ärgerlich für den Arzt, der sich diese Zeit geblockt hat und der in dieser Zeit eventuell keine anderen Patienten behandeln kann. Trotzdem ist die Rechtslage nicht final geklärt, wenn es um Ausfallhonorar und entgangenen Gewinn geht. Eine wichtige Rolle spielt auch, warum der Patient den Termin nicht wahrgenommen hat. Liegt eigenes Verschulden vor oder hatte der Patient zum Beispiel einen Unfall und konnte deshalb den Termin nicht wahrnehmen? Gerade im Fall einer Abtreibung spielen auch moralische Bedenken eine Rolle.

Die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg rät auf "verbraucherzentrale-bawue.de": "Bei festen Terminen sollte die Terminabsage schriftlich erfolgen. So können Sie die Absage im Zweifel besser nachweisen."

Auf der sicheren Seite ist, wer den Termin mindestens 24 Stunden vorher schriftlich absagt. So hat der Arzt die Möglichkeit, den Termin anderweitig zu vergeben und vermeidet einen Verdienstausfall. Auch aus Gründen der Fairness sollte man Termine, die man nicht einhalten kann, so früh wie möglich absagen.

Diese Rechte hast du, wenn dein Kind zum Arzt muss.

So ist die Rechtslage bei einer Abtreibung

Eine Abtreibung ist in Deutschland nicht strafbar, sofern sich die Schwangere vorher bei einer Schwangerschaftskonfliktberatung ausführlich beraten lässt. Dieser Schritt ist gesetzlich vorgeschrieben. Ohne diese Bescheinigung wäre der Abbruch eine Straftat, für die sowohl die Schwangere als auch der Arzt zur Rechenschaft gezogen werden würden.

In der Beratungsstelle bekommt die Schwangere eine Liste mit Ärzten, die eine Abtreibung vornehmen. Das ist nötig, da Werbung für Abtreibungen immer noch strafbar ist. Das gilt auch für den bloßen Hinweis, dass die Praxis Schwangerschaftsabbrüche durchführt.

Nach dem Beratungstermin müssen mindestens drei Tage vergehen, bevor der Abbruch durchgeführt werden darf. In diesen drei Tagen soll die Schwangere genügend Zeit haben, um über ihren Entschluss nachzudenken.

Generell ist ein Schwangerschaftsabbruch, der nicht medizinisch notwendig ist, nur bis zur 12. Schwangerschaftswoche erlaubt.