Wirtschaft

"Es gibt zu viele Krankenhäuser" Experten würden jede dritte Klinik schließen

Intensivstation der Uniklinik Rostock: Eins von 1900 Krankenhäusern in Deutschland.

Intensivstation der Uniklinik Rostock: Eins von 1900 Krankenhäusern in Deutschland.

(Foto: picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild)

In der Corona-Krise hat sich die Öffentlichkeit daran gewöhnt, dass es niemals genug Intensivbetten geben kann. Experten bewerten die deutsche Kliniklandschaft völlig anders. Jedes dritte Krankenhaus ist demnach überflüssig, weniger wäre für die Patienten sogar oft mehr.

Der Vorsitzende des Gemeinsamen Bundesausschusses von Krankenkassen, Ärzten und Kliniken (G-BA), Josef Hecken, fordert eine grundlegende Reform der Krankenhausversorgung. Jede dritte Klinik in Deutschland sei für die medizinische Versorgung überflüssig, sagte Hecken der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung". Deutschland brauche in Zukunft nicht mehr, sondern deutlich weniger Klinikstandorte. Der Spitzenverband der Krankenkassen sieht ebenfalls Reformbedarf. Dies sei durch die Corona-Krise deutlich geworden.

Hecken sagte: "Wir haben zur Zeit 1900 Krankenhäuser, 1200 wären genug." Außerdem müssten die Kliniken die Arbeit klüger untereinander aufteilen. Kleinere Krankenhäuser auf dem Land sollten sich auf einfache Eingriffe beschränken, während anspruchsvolle Operationen nur in darauf spezialisierten Zentren vorgenommen werden sollten. "Das wäre gut für die Wirtschaftlichkeit und für die medizinische Qualität", sagte Hecken.

Im vergangenen Jahr gaben die Krankenkassen dem Bericht zufolge rund 80 Milliarden Euro für Krankenhausleistungen aus, dazu kamen elf Milliarden Euro vom Bund. Die Ausgaben für Arzneimittel und niedergelassene Ärzte waren demnach jeweils rund halb so hoch. Um den zu erwartenden weiteren Anstieg der Krankenhauskosten zu bremsen, sei eine umfassende Strukturreform nötig, sagte Hecken.

Corona-Krise zeigt: "Reformbedarf akut"

Dafür müssten jedoch die Länder, die zuletzt nur rund drei Milliarden Euro zur Finanzierung der Kliniken beigetragen hätten, auf ihre im Grundgesetz festgeschriebene Planungshoheit über die Krankenhäuser verzichten. "Jede Landesregierung will ihre Krankenhäuser erhalten. Um das Wohl der Patienten geht es dabei nicht immer", kritisierte Hecken, der seit 2012 Vorsitzender der Selbstverwaltung von Krankenkassen, Ärzten und Kliniken ist.

Der Sprecher des Spitzenverbands der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV), Florian Lanz, sagte: "Die Corona-Krise hat gezeigt, dass der Reformbedarf bei der Krankenhausversorgung nicht irgendwie theoretisch ist, sondern ganz akut." Nötig sei "die Sicherung der Versorgung auf dem Land, mehr Spezialisierung für besonders schwere Fälle und insgesamt deutlich bessere Bedingungen für die Pflege, um nur drei wichtige Stichwörter zu nennen", sagte Lanz.

Im Sommer 2019 hatte die Bertelsmann-Stiftung mit einer Studie zur Krankenhausdichte in Deutschland für Wirbel gesorgt. Darin wurde vorgeschlagen, die Zahl der Kliniken auf unter 600 zu reduzieren. Die Bündelung von Ärzten und Pflegepersonal sowie Geräten in weniger Krankenhäusern würde zu einer höheren Versorgungsqualität führen, hatten die Autoren argumentiert. Ärztevertreter und Kliniken hatten mit massiver Kritik reagiert.

Quelle: ntv.de, mau/AFP

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