Kirche Maria breit’ den Mantel aus…

Meistens sind wir – zum Beispiel in der katholischen Eifel – an den Pestkreuzen und Marienaltärchen vorübergewandert, ohne darin mehr zu sehen als unverständliche Überbleibsel vergangener Zeiten.

 Petra Jung Glaube im Alltag

Petra Jung Glaube im Alltag

Foto: TV/privat

Menschen früherer Jahrhunderte waren ja oft Gefahren ohnmächtig ausgeliefert, sei es durch die Pest im 30-jährigen Krieg, die Cholera im 19. Jahrhundert oder die anderen unerklärlichen Krankheiten. Schreckliche Tode drohten jungen Männern fast jeder Generation auf dem Schlachtfeld der innereuropäischen Kriege, oder den „Unteren“ einfach durch schreckliche Armut. Diese Bedrohungen begleiteten das Leben fast jeder Generation. Die Menschen, vor allem die sogenannten „einfachen“ Leute, suchten Schutz bei Gott und seinen Heiligen und fanden Halt im Glauben. Ein Kirchenlied aus der frühen Neuzeit an Maria, die Gottesmutter, zeugt davon:

Maria, breit den Mantel aus, mach Schirm und Schild für uns daraus; lass uns darunter sicher stehn, bis alle Stürm vorüber gehn. Patronin voller Güte uns allezeit behüte.

Die Ohnmacht gegenüber dunklen Über-Mächten lässt Menschen wie Kinder werden, die ihren Ängsten wenig entgegenzusetzen haben und sich schutzlos ausgeliefert fühlen. Ängstliche Kinder hängen am Rockzipfel ihrer Mutter. Im Jahr 1640, als das Lied entstand, suchten Menschen in ähnlicher Weise Zuflucht unter dem Schutzmantel der Madonna. Diese Schutzmantel-Madonnen sind, in vielen Versionen verbreitet, ein Teil der katholischen Bilderwelt der frühen Neuzeit geworden.

Die Gläubigen riefen starke innere Bilder auf, die ihnen Zuflucht, Schutz und Sicherheit boten. Heute ist – bei aller Aufgeklärtheit – die Macht der inneren Bilder unbestritten. Affirmationen und Suggestionen in der Psychologie und Meditationspraxis verändern das Leben zum Positiven, weil sie das Selbstbewusstsein, das Selbstvertrauen und den Glauben, dass es weitergeht, stärken. So heißt es dann…

Dein Mantel ist sehr weit und breit, er deckt die ganze Christenheit, er deckt die weite, weite Welt, ist aller Zuflucht und Gezelt. Patronin voller Güte uns allezeit behüte.

In Zeiten der Corona-Pandemie wird das allein natürlich nicht genügen. Heute sind wir global vernetzt, auf technisch und wissenschaftlich hohem Stand, wir handeln entsprechend mit länderübergreifenden Informationen und Konferenzen, koordinierten Vorgehensweisen und konsequenten Umsetzungen. Doch wir stoßen an Grenzen. Eigentlich macht uns die neue Pandemie – genauso wie der Klimawandel – noch einmal deutlich, dass wir uns zu erfolgreich ausgebreitet haben. Der Ursprung des Virus aus ökologischen Randbereichen und Wildtieren, die die Menschheit nicht in Ruhe gelassen hat, macht deutlich, dass wir der Natur und ihren Regeln weiterhin ausgesetzt sind. Besinnung täte uns gut, nicht statt aktiver Eindämmungs-Maßnahmen und verstärkter Forschung, sondern begleitend – als Rückhalt, als Grundlage. Dazu braucht es Vertrauen in den Zusammenhalt der Menschen und in Gott.

Dazu sagt ein alter „Experte“, der heilige Ignatius von Loyola:

„Handle so, als ob alles von dir, nichts von Gott abhinge. Vertraue so auf Gott, als ob alles von Gott, nichts von dir abhinge.“

Ich bin mir sicher, dass glaubende Menschen Schutz und Trost erfahren, wenn sie, nachdem sie alles getan haben, ihre jeweilige Macht und vielleicht auch Ohnmacht voller Vertrauen in die Hand einer höheren guten Macht legen können.

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