Flüchtlinge sollen früher an in Österreich geltende Werte herangeführt und zur Aufnahme gemeinnütziger Tätigkeiten animiert werden.
Das ist das Ziel einer von Innenminister Gerhard Karner und Integrationsministerin Susanne Raab (beide ÖVP) heute vorgestellten Initiative: So sollen „Grundregelkurse“ schon vor Entscheidung über den Asylstatus verpflichtend und zusätzliche Beschäftigungsmöglichkeiten geschaffen werden.
Das neue Regulativ gilt nur für Asylsuchende, die in Bundesbetreuung sind, also am Anfang des Verfahrens stehen. Von den 35.000 Flüchtlingen in Grundversorgung werden aktuell 1.600 vom Bund betreut. Vertriebene aus der Ukraine sind nicht mitgerechnet und auch nicht von den Neuerungen betroffen.
Kurse zu Kultur, Gleichberechtigung, Demokratie
Was sich nun tatsächlich ab Ende Juni ändern soll: Es soll für die Neuankommenden über die Bundesbetreuungsagentur (BBU) und den Integrationsfonds eine verpflichtende Teilnahme an „Grundregelkursen“ geben, die den Wertekursen für Asylwerber ähneln dürften. Überblicksartig sollen dort Themen wie Kultur und Umgangsformen, Gleichberechtigung, Demokratie, Rolle von Männern und Frauen sowie Antisemitismus besprochen werden. Vorgesehen sind laut Raab vier Module zu je 90 Minuten, bei mehrmaligem unentschuldigtem Fehlen würden Leistungen eingeschränkt.
In Bezug auf gemeinnützige Tätigkeiten sprach Karner von einer „Arbeitspflicht“. Tatsächlich geht es um eine Halbierung der 40 Euro Taschengeld, wird eine Tätigkeit verweigert. BBU-Geschäftsführer Andreas Achrainer berichtete allerdings von Wartelisten in den Bundesbetreuungseinrichtungen: „Jeder will etwas Sinnvolles machen“, zudem würden Aufgaben Struktur im Alltag geben. Derzeit geht es etwa um Flurreinigung und Küchendienst.
1,50 Euro pro geleisteter Stunde
Achrainer zeigte sich mit dem Ausbau der Tätigkeiten für Asylwerber zufrieden. Neben Aufgaben im Bereich von Bund, Ländern und Gemeinden sind auch solche in Organisationen der öffentlichen Hand ohne Gewinnorientierung und Gesellschaften, die Anspruch auf mindestens fünf Zivildiener haben, möglich. Karner nannte etwa Winterdienst sowie Hilfsleistungen in Pflegeheimen und Bibliotheken. Für jede geleistete Stunde gibt es künftig 1,50 Euro.
Der Innenminister verwies bei der vorgestellten „Weiterentwicklung der Grundversorgung“ darauf, dass die Länder um entsprechende Maßnahmen ersucht hätten. Man habe nun „wichtige Anhaltspunkte“ geschaffen, an denen sich die Länder, die den weit größeren Teil der Grundversorgung bestreiten, orientieren könnten.
In den Wertekursen geht es laut Achrainer um wichtige Inhalte, die vermittelt würden. Die meisten Flüchtlinge seien selbst „neugierig, wie man sich in Österreich verhält“. Man habe auch immer wieder die Erfahrung gemacht, dass gerade Familienoberhäupter auf junge Mädchen, die gerne mehr über Pflichten und Rechte wüssten, starke Einwirkung hätten. Hier sei die Verpflichtung von Vorteil.
Kritik von FPÖ und NEOS
Kritik an den Plänen, die per Verordnung umgesetzt werden sollen, kam von der Opposition. Die präsentierten Inhalte seien mehr Sein als Schein, so FPÖ-Sicherheitssprecher Hannes Amesbauer. NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger würde hingegen eine Arbeitserlaubnis für Asylwerbende für sinnvoller halten. Es sei „reichlich zynisch“ zuerst Arbeit zu verbieten, dann zu sagen, „die hackeln nix“, und sie letztlich zu gemeinnütziger Arbeit zu verpflichten, sagte sie am Rande einer Pressekonferenz.
Die Verordnung, die vor allem die neuen Arbeitsregeln regeln soll, wurde bereits in Begutachtung geschickt. Sie regelt im Wesentlichen, in welchen Organisationen die Asylwerber zum Einsatz kommen. Klar gestellt wird dabei etwa, dass gewinnorientierte und damit in der Regel im wirtschaftlichen Wettbewerb befindliche Rechtsträger, die unter dem beherrschenden Einfluss einer Gebietskörperschaft stehen, die Menschen nicht beschäftigen dürfen.