Das Foto zieht gerade im Internet Kreise: Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier im Südtirol-Urlaub bei einem Treffen mit dem dortigen Landeshauptmann Arno Kompatscher und einer Gruppe Musikerinnen. Die Aufnahme ist schon mehr als zwei Wochen alt, sie stammt vom 22. Juli. Trotzdem sorgt sie jetzt für Aufregung – vor allem bei Kritikern der Corona-Politik der Bundesregierung.
Hintergrund: Steinmeier – und alle anderen Personen auf dem Foto – halten weder Abstand zueinander ein, noch tragen sie Mund-Nasen-Bedeckungen, trotz grassierender Corona-Pandemie und anhaltender Mahnungen der Politiker ans Volk, sich an die Hygieneregeln zu halten.
Auch der Bundespräsident erhebt immer wieder den Zeigefinger. Zuletzt nach den Demonstrationen in Berlin, wo laut Polizei rund 20.000 Menschen, die meisten ohne Abstand und Maske, gegen die Corona-Maßnahmen auf der Straße waren. „Die Verantwortungslosigkeit einiger weniger ist ein Risiko für uns alle“, sagte Steinmeier am Montag darauf. „Wenn wir jetzt nicht besonders vorsichtig sind, dann gefährden wir die Gesundheit vieler. Und wir gefährden darüber hinaus die Erholung unserer Gesellschaft, unserer Wirtschaft, unseres Kulturlebens.“ Jeder einzelne stehe jetzt in der Verantwortung, einen zweiten Lockdown zu verhindern.
Auf Twitter regt sich nun Unmut, ob das Staatsoberhaupt selbst sich an diese Regeln nicht zu halten habe. Zumal in Südtirol auch strenge Vorschriften gelten: Überall, auch in Freien, ist ein Sicherheitsabstand von einem Meter einzuhalten. Wo dieser unterschritten wird, oder auch nur die konkrete Möglichkeit dazu besteht, besteht die Verpflichtung, Mund und Nase zu bedecken.
Steinmeier und Südtirols Landeshauptmann Kompatscher hatten sich während des Sommerurlaubs des Bundespräsidenten in Norditalien getroffen. Man sprach, wie das Bundespräsidialamt WELT auf Nachfrage mitteilte, „über die Lage in der Region und in Europa“. Mitarbeiter seines Stabs hätten den Bundespräsidenten nicht begleitet.
Kompatscher: „Asche auf mein Haupt“
Nicht nur in Deutschland, auch in Südtirol sorgte das Foto für Unmut. Kompatscher entschuldigte sich daraufhin offensiv: Dass er sich nicht an die Sicherheitsregeln gehalten habe, sei „gedankenlos und nicht vorbildhaft“ gewesen.
„Ich ärgere über mich selbst, weil wir vorher am Tisch alle eine Maske getragen haben und dabei auch über die Sicherheitsbestimmungen gesprochen haben. Steinmeier sagte, dass in Bozen eine größere Disziplin herrsche als in Berlin“, so der Südtiroler Landeschef laut „Neuer Südtiroler Tageszeitung“. „Asche auf mein Haupt, wir sind auch Menschen.“
Steinmeier lässt über das Bundespräsidialamt auf Anfrage von WELT jetzt mitteilen: „Das Foto zeigt eine kurze Begegnung im Anschluss an das Gespräch. Der Bundespräsident achtet auch im Urlaub darauf, die Abstands- und Hygieneregeln einzuhalten – und an Orten, an denen das nicht möglich ist, trägt er eine Mund-Nasen-Bedeckung. Dass das nicht immer ideal klappt, zum Beispiel wenn der spontane Wunsch nach einem gemeinsamen Foto an der frischen Luft entsteht, zeigt umso mehr: Es ist sehr wichtig, dass wir alle uns jeden Tag aufs Neue darauf besinnen, vorsichtig und achtsam zu sein.“