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Embargo im Ukrainekrieg Russische Erdölproduktion lässt sich nur schwer ersetzen

Schadet man Putins Kriegskasse, indem man auf russisches Öl verzichtet? Die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich warnt: Schlimmstenfalls könnten deshalb Lebensmittelpreise steigen.
Bashneft-Ölpipeline in Russland

Bashneft-Ölpipeline in Russland

Foto: SERGEI KARPUKHIN/ REUTERS

Der Ersatz russischer Erdöllieferungen dürfte für die westliche Welt ein schwieriges Unterfangen werden. Zu dieser Einschätzung kommt die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) in ihrem aktuellen Quartalsbericht.

Eine Begrenzung russischer Ölexporte dürfte mit starken und lang anhaltenden Preisanstiegen einhergehen, erwartet die BIZ. Zudem könnten sich Auswirkungen auf andere Bereiche wie die Lebensmittelpreise ergeben. Wegen des Ukrainekriegs wollen viele westliche Länder russisches Rohöl künftig meiden, die EU hat Anfang Juni ein Embargo beschlossen, das allerdings durch Übergangsfristen noch wenig Wirkung entfaltet.

Ein grundsätzliches Problem sei der große Marktanteil der russischen Ölproduktion. Allein zehn Prozent aller weltweiten Erdölexporte entfielen auf Russland, erläuterte die BIZ. Ein bedeutender Wegfall russischer Ölprodukte wäre daher ein großer negativer Schock für die Weltwirtschaft. Dass andere Produzenten ausreichende Kapazitäten hätten, um den Ausfall zu ersetzen, sei unwahrscheinlich. Zudem lägen die Investitionen in die Entdeckung und Nutzbarmachung neuer Ölquellen immer noch unter Vor-Corona-Niveau.

Hersteller von Biokraftstoff sind bereits unter Druck

Zwar hält es die BIZ für vorstellbar, dass Preisanstiege von Rohöl durch den verstärkten Einsatz von Biokraftstoffen gedämpft werden könnten. Dies jedoch könnte wiederum die Preise verschiedener Grundnahrungsmittel steigen lassen, die für die Produktion von Biokraftstoffen benötigt werden. Solche Preisanstiege könnten sich dann auf andere Lebensmittelmärkte übertragen, beispielsweise von Mais auf Sojabohnen. Störungen auf den globalen Energiemärkten könnten damit zu einem Preisanstieg vieler landwirtschaftlicher Produkte führen, warnte die BIZ.

Hinzu kommt, dass der Biokraftstoffsektor bereits jetzt unter der Energiekrise leidet. So klagt der Hersteller Cropenergies über gestiegenen Kostendruck angesichts der Entwicklung der Energie- und Rohstoffpreise. Daneben würden aktuell höhere Ethanol-Einfuhren in die EU und Großbritannien aus Brasilien und den USA die Absatzpreise für den Biokraftstoff schmälern, teilt die Südzucker-Tochter mit.

Daher stelle der Vorstand die Kapazitäten auf den Prüfstand: Es werde erwogen, die Fertigung ab Januar 2023 zu reduzieren oder sogar vorübergehend stillzulegen. Betroffen wäre vor allem die Anlage von Ensus im britischen Wilton. Sie verfüge über eine Jahresproduktion von 400.000 Kubikmetern erneuerbarem Ethanol, das unter anderem in E10-Benzin in Deutschland gemischt wird, 350.000 Tonnen getrocknetem Tierfutter und bis zu 250.000 Tonnen biogenem CO₂.

Die Ziele für das laufende Bilanzjahr 2021/22 behielt der Vorstand allerdings bei. Der Konzern profitiert derzeit noch davon, sich schon vor dem Ukrainekrieg gegen steigende Rohstoff- und Energiepreise abgesichert zu haben. Cropenergies schraubte daher die Prognose im Juni für das operative Ergebnis um 60 Millionen auf 165 bis 215 Millionen Euro nach oben. Das wären bis zu 70 Prozent mehr als im Rekordjahr 2021/22. Der Umsatz soll mit 1,45 bis 1,55 (1,08) Milliarden Euro um rund hundert Millionen höher ausfallen als bisher angenommen.

mamk/dpa/Reuters