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Abtreibungsfirma bietet Embryogewebe zum Kauf an

Chefkorrespondent Außenpolitik
Abtreibungsgegner demonstrieren vor dem Kapitol in Washington gegen staatliche Förderung von Planned Parenthood Abtreibungsgegner demonstrieren vor dem Kapitol in Washington gegen staatliche Förderung von Planned Parenthood
Abtreibungsgegner demonstrieren vor dem Kapitol in Washington gegen staatliche Förderung von Planned Parenthood
Quelle: AFP
US-Abtreibungsgegner enthüllen ein geschmackloses Geschäft: Planned Parenthood, größter Anbieter von Abtreibungen, verkauft Embryogewebe für Forschungszwecke. Jetzt gerät das Unternehmen unter Druck.

Planned Parenthood, der größte Anbieter von Abtreibungen in den USA, gerät zunehmend unter Druck. Nachdem eine Anti-Abtreibungs-Gruppe fünf undercover gedrehte Videos veröffentlicht hat, die zeigen, wie hohe Funktionäre von Planned Parenthood über den Verkauf von Körperteilen und Gewebe von abgetriebenen Embryos verhandeln, laufen Abtreibungsgegner Sturm gegen die Organisation.

Planned Parenthood (PP) bekommt etwa eine halbe Milliarde an staatlichen Geldern im Jahr für Gesundheitsdienstleistungen, die nichts mit Abtreibungen zu tun haben. Diesen Geldfluss wollen die Republikaner nun stoppen. Eine erste Abstimmung dazu wurde am Montagabend jedoch von den Demokraten im Senat blockiert.

Ausgelöst wurde der Skandal durch das Center for Medical Progress, das sich als eine Gruppe von „Bürgerjournalisten“ bezeichnet, die im Bereich der medizinischen Ethik tätig sind und gegen Abtreibungen eintreten. Kopf der Gruppe ist David Daleiden, der sich als „kulturellen Katholiken“ bezeichnet und sagt, er sei selbst das Ergebnis einer „Krisenschwangerschaft“. Daleiden und sein Team haben die Scheinfirma BioMax Procurement Services aufgebaut, die sich gegenüber Planned Parenthood als Start-up ausgegeben hat, das am Kauf von Teilen abgetriebener Embryos interessiert ist, um diese an Forschungsinstitute weiterzuverkaufen.

„Eine Menge Leute wollen die Leber“

In den Videos diskutieren Vertreter von Planned Parenthood mit den potenziellen „Käufern“ Wege, Organe der Embryos durch verschiedene Abtreibungsmethoden möglichst intakt zu erhalten, um sie besser weiterverkaufen zu können. „Eine Menge Leute wollen die Leber. Und aus diesem Grund werden diese Fälle von den meisten Anbietern mit Ultraschallunterstützung gemacht, damit sie wissen, wo sie ihre Zange ansetzen“, sagt Deborah Nucatola, Direktorin der medizinischen Dienste von PP, in einem der Videos und geht dann in einem Restaurant bei Wein und Salat in die Details: „Wir sind sehr gut darin geworden, Herz, Lunge und Leber zu bekommen, weil wir das wissen, und dann zerquetsche ich diesen Teil nicht, ich zerquetsche dann im Grunde eher unten, und ich zerquetsche oben, und ich schaue, ob ich das intakt rausbekomme.“

Ich zerquetsche dann im Grunde eher unten, und ich zerquetsche oben und ich schaue, ob ich das intakt rausbekomme
Deborah Nucatola, Direktorin der medizinischen Dienste von Planned Parenthood

Eine andere PP-Funktionärin erzählt, warum Frauen, die abtreiben, sich für Gewebespenden entscheiden. „Sie haben eine Prozedur, die eine sehr schwierige Entscheidung für sie darstellen mag, und das ist ein Weg, das Gefühl zu haben, dass etwas Positives aus einer sehr schweren Periode ihres Lebens herauskommt“, sagt Mary Gatter. Aus ihrer Erfahrung in einer großen Abtreibungsklinik in Los Angeles würden sich 60 bis 70 Prozent der Frauen für Gewebespenden entscheiden. In dem Video diskutieren sie Preise für Embryogewebe, und Gatter redet darüber, dass man weniger zerstörerische Absaugmethoden bei der Abtreibung verwenden könne, um den Embryo möglichst intakt zu erhalten.

In einem dritten Video mit der medizinischen Direktorin der Rocky-Mountain-Klinik von PP, Savita Ginde, stellt diese dar, wie PP versucht, rechtliche Probleme zu umschiffen und Imageschaden zu vermeiden. Besonders schwer erträglich ist der Teil, in dem die potenziellen Käufer und das medizinische Team in der Pathologie der Klinik in Petrischalen mit Teilen von abgetriebenen Föten herumpicken, um verwendbare Organe zu finden. An einer Stelle ruft eine medizinische Assistentin aus: „Es ist ein weiterer Junge.“

In dem jüngsten Video, das erst am Dienstag online gestellt wurde, erzählt die Forschungsdirektorin einer PP-Megaklinik in Texas, dass die Einrichtung auch in der Lage wäre, ganze, intakte Babyleichen zu liefern. Da sei nur die Frage, unter welchem Posten man es verbuche. Einige Abtreibungsärzte hätten schon Erfahrungen damit gemacht, die Prozeduren zu verändern, um bessere Proben zu bekommen für eigene Forschungsvorhaben.

Auch vor dem Planned Parenthood Center in Syracuse (New York) kam es zu Protesten
Auch vor dem Planned Parenthood Center in Syracuse (New York) kam es zu Protesten
Quelle: picture alliance / landov

Das Center for Medical Progress argumentiert, die aufgezeichneten Gespräche zeigten, dass Planned Parenthood den Verkauf von Embryogewebe als Geschäft betreibe, was gesetzlich verboten ist. Die Chefin von PP sagt hingegen, es handele sich dabei – die diskutierten Summen bewegen sich zwischen 50 und 100 Dollar pro Probe – allein um Aufwandsentschädigungen, die die entstandenen Unkosten abdecken sollen. Der eigentliche Effekt der Videos geht aber weit über juristische Spitzfindigkeiten hinaus. Sie werfen ein Licht auf die Realitäten der Abtreibungsindustrie, die normalerweise hinter den abstrakten Argumenten für und gegen Abtreibungen verborgen bleiben. Es ist kaum zu leugnen, dass es sich bei den Proben um Teile menschlicher Wesen handelt. Und das bringt auch Demokraten im US-Kongress in Bedrängnis, die eigentlich für das Recht von Frauen auf Abtreibung eintreten.

„Die Amerikaner wollen, dass Abtreibungen sicher, legal – und selten sind“, sagt Karlyn Bowman, Umfrageexpertin beim konservativen American Enterprise Institut, der „Welt“. Anders als bei der Homo-Ehe und anderen gesellschaftlichen Fragen sei in Sachen Abtreibung seit den 70er-Jahren kaum eine Veränderung der öffentlichen Meinung feststellbar, und die sei merklich gespalten.

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„Wenn man fragt ,Halten Sie Abtreibung für Mord’, dann sagen die meisten Leute ,Ja, es ist Mord’“, erklärt Bowman. Aber wenn man anders frage, nämlich ob abzutreiben eine persönliche Angelegenheit zwischen einer Frau und ihrem Arzt sein sollte, dann sei eine große Mehrheit dafür, dass es eine persönliche Wahl sein sollte und nicht staatlich verboten. „Das sind zwei zutiefst widersprüchliche Einstellungen, und viele Leute tragen beide gleichzeitig in ihrem Herzen“, sagt Bowman.

Kulturkampf über die Abtreibung neu entfacht

Videos wie die des Center for Medical Progress, die hinter die Kulissen der Abtreibungskliniken blicken, brechen diesen Widerspruch auf. Denn es ist schwer möglich, die Augen davor zu verschließen, dass es bei diesem gesellschaftlichen Arrangement eben auch Verlierer gibt – jenes entstehende Leben, das dann in Doktor Gindes Petrischalen endet.

Konservative Kolumnisten prangern nun den Zynismus von Planned Parenthood an und die Geschäftsmäßigkeit, mit der die Gesellschaft das Töten von Föten als normal akzeptiert. Und meist links stehende Abtreibungsbefürworter warnen davor, PP die staatlichen Gelder zu entziehen, die etwa für Programme zur Empfängnisverhütung fließen. Das würde nur zu mehr ungewollten Schwangerschaften führen und zu noch mehr Abtreibungen.

Die Videos haben den Kulturkampf über die Abtreibung neu entfacht. Die Republikaner werden versuchen, dieses Thema möglich lange am Kochen zu halten. Abtreibungsgegner Daleiden sagt, seine 30 Monate lange Recherche habe Material für insgesamt zwölf Videos ergeben. Die Sache ist also noch nicht ausgestanden.

10-jähriges Mädchen darf nicht abtreiben

Sie ist selbst noch ein Kind und soll dennoch eines austragen: Eine 10-Jährige in Paraguay darf nicht abtreiben, obwohl sie angibt, vergewaltigt worden zu sein. Der Fall hat eine Debatte ausgelöst.

Quelle: N24

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