Wer übernimmt die Verantwortung bei Impfschäden?

Es würden alle zur Impfung getrieben, aber keiner übernehme die Haftung. "Das geht nicht", sagt Rechtsanwältin Annette Heinisch im Interview.
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Corona-Impfung.Foto: CHRISTOF STACHE/AFP via Getty Images
Von 4. Dezember 2021

Ein Fall aus ihrem Bekanntenkreis veranlasste Rechtsanwältin und Achgut-Autorin Annette Heinisch dazu, den Artikel „Was, wenn ich mich irre?“ zu publizieren. Darin geht es um einen gesunden älterer Mann, der von seiner Tochter zur Corona-Impfung überredet wird. Drei Tage danach ist er tot. „Nach Angaben der Ärzte an den Folgen der Impfung verstorben. Die Tochter ist am Boden zerstört: Ich habe meinen Vater getötet…“, schreibt Heinisch.

Epoch Times sprach mit der Rechtsanwältin über die Reaktionen auf ihren Artikel und über rechtliche und ethische Fragen in dieser Angelegenheit.

Epoch Times: Frau Heinisch, welche Reaktionen gab es bisher auf „Was, wenn ich mich irre?“

Annette Heinisch: Viele Menschen, Geimpfte und Ungeimpfte, fühlen sich durch den Text angesprochen. Sie lehnen das Ausspielen verschiedener Teile der Bevölkerung ab. Die menschlichen Dramen treffen mich tief. Leser berichten mir immer wieder davon, dass es ihnen ähnlich geht. Ein Beispiel:

Ein Herr schrieb mir, dass seine Mutter ihn fragte, ob sie sich impfen lassen solle. Sie war durchaus skeptisch gewesen und wollte kein Versuchskaninchen sein. Er hat ihr gesagt, er könne dies nicht beantworten, sei kein Arzt. Sie besprach sich mit ihrer jungen Ärztin, die riet ihr zur Impfung. Nach der zweiten Impfung bekam sie schwere Nebenwirkungen, dann Atemprobleme und starb kurz danach. Freitag war ihre Beerdigung. Der Mann ist am Boden zerstört und macht sich Vorwürfe, denn auch er steht der Impfung eher skeptisch gegenüber. Hätte er ihr das gesagt, hätte sie Abstand von der Impfung genommen und würde noch leben. Was soll ich ihm sagen?

Ich habe versucht, ihn zu trösten, im Bewusstsein seiner Untröstbarkeit. Heute schrieb er mir, dass rational meine Ausführungen sicherlich vernünftig seien, aber seinen Schmerz nicht lindern würden. Mir fehlen da wirklich die richtigen Worte.

Eigentlich sind es drei verschiedene Gruppen, die sich an mich wenden.

Die erste Gruppe stellt sich ebenfalls die Frage „Was, wenn ich mich irre?“ Sie fragen sich, welche Konsequenzen ihr Verhalten haben kann und ob sie mit diesen leben wollen. Oder es können, wenn sie damit leben müssen. Es sind teils direkt Betroffene, die auch Impfschäden oder Ähnliches haben.

Das zweite ist die Gruppe der Verantwortungsträger, darunter sind auch viele Ärzte, die nicht wissen, was sie raten sollen. Sie empfinden den Druck auf die Menschen und die Spaltung der Gesellschaft als unethisch.

Es gibt Ärzte, die mir sagen, eine Einwilligung muss immer freiwillig sein, eine erzwungene – auch durch gesellschaftlichen Druck – ist keine.

Damit der Patient seine eigene Entscheidung treffen kann, muss er objektiv und umfassend aufgeklärt werden. Doch das sei schwierig; sie sagen, sie hätten keine ausreichend zuverlässige Datengrundlage, die möglichen Neben- und auch Folgewirkungen der Impfungen würden nur teilweise dokumentiert, noch weniger untersucht.

Es wurde auch bemängelt, dass Kohortenstudien fehlen. Überhaupt sei die gesamte Datengrundlage mehr als lückenhaft und es würde nicht klar kommuniziert, dass manches Wissen nur vorläufig sei. Es sei einfach zu viel Politik im Spiel.

Einer schrieb mir: Wenn man wirklich Verantwortung für die Leute tragen soll, dann hat man schlaflose Nächte.

Die dritte große Gruppe sind die allgemein verzweifelten Menschen. Sie wissen nicht mehr ein noch aus, sehen unser Land in einer Weise verwandelt, wie sie sich das nie hätten vorstellen können und wie sie es auch nicht haben wollen. Manche haben noch auf die FDP oder eine neue CDU gesetzt, aber sie sehen nun gar kein Licht am Ende des Tunnels.

ET: Was sagen Sie rechtlich dazu?

Heinisch: Es werden alle zur Impfung getrieben, aber keiner übernimmt die Haftung. Das geht nicht. Wer keine Impfung will, wird ausgegrenzt ohne Ende. Sie werden mit verschiedensten Methoden zur Impfung getrieben, sie werden angepöbelt. Aber wenn es ihnen schlecht geht, übernimmt keiner die Haftung, dann ist es plötzlich ihre eigene, angeblich freie Entscheidung gewesen.

Die haftungsfreie Gesellschaft ist kennzeichnend für unsere Zeit. Der Staat macht zwar viel und ist in immer größerem Maße übergriffig, greift verhaltenssteuernd zutiefst in das Privatleben ein, aber für die Folgen ist dann keiner verantwortlich. Das Auseinanderfallen von Handlung und Haftung halte ich für sehr kritisch. Und die Entwicklung steigert sich weiter, die Ausübung von Macht wird immer grenzenloser, aber die Verantwortung trägt letztlich keiner.

Das mag sich auch gegenseitig bedingen, denn wenn ich für die Folgen meiner Handlungen nicht einstehen muss, dann kann ich munter alles machen, was ich gerade gut finde. Das ist gefährlich, daher basiert unser Rechtssystem eigentlich darauf, dass jeder für das, was er tut, geradestehen muss.

ET: Wie konnte es so weit kommen?

Heinisch: Ich habe das Gefühl, den meisten Menschen fehlt eine Orientierung, ein Halt. Irgendetwas, was ihrem Leben Sinn und Richtung gibt.

Da nun die Religion weg ist, suchen sie einen Ersatz: „Ich bin gut, ich bin toll, ich lasse mich impfen.“ Man sah es schon bei der Migrationskrise, da wollten die Menschen gut sein, so kam es zu der „Willkommenskultur“. Die meisten wollen sich ja auch aus Solidarität impfen lassen und denken: „Ich nehme dieses Opfer auf mich.“ Doch was ist, wenn das Ganze nun sinnlos sein sollte? Das wollen sie nicht.

Viele Menschen haben auch tatsächlich Angst, Todesangst. Angst ist irrational, dagegen kommt man nicht an. Wer Angst hat, sollte so viel und häufig Masken tragen, wie er will, soviel von zu Hause arbeiten, wie möglich. Jeder kann und sollte sich dann schützen, soviel er möchte. Wenn er eine Impfung will, sollte er sich impfen lassen, dann ist er ja geschützt und gut ist. Wo ist das Problem?

Aber man sollte die anderen in Ruhe lassen. Das aber passiert nicht und hier macht die Politik meines Erachtens einen großen Fehler:

Ich glaube, die Politik verkennt, dass es viele gutbürgerliche Leute sind, die sagen: „So nicht und nicht mit uns. Es ist doch egal, ob ich geimpft bin oder nicht, aber ich grenze meine Mitmenschen nicht aus.“ Es sind auch viele Mediziner, die sagen, normalerweise braucht man zehn Jahre, um einen Impfstoff zu entwickeln. Man könne noch gar keine vernünftige Aussage treffen.

Die Lage ist wirklich ernst, denn diese Bürger nehmen es richtig übel, was gerade mit ihnen geschieht.

Wir sollten überlegen: Was wollen wir denn werden? Was ist als Land unser Ziel, wie wollen wir sein?

Und wichtig sind die gemeinsamen Grundwerte wie Anstand, Pflichtgefühl und Verantwortung zu übernehmen – und sie nicht leichtfertig zu übernehmen. Diese ethische Grundlage brauchen wir wieder, manche Umgebungen fördern das, manche konterkarieren es.

ET: Welche könnten diese ethische Grundlage fördern?

Heinisch: Das ist eine schwere Frage. In der Parteiendemokratie wird einiges vorgelebt, was nicht unbedingt förderlich ist. Die meisten Lebensweisen werden von einer relativ kleinen, elitären Gruppe von oben bestimmt. Diese Menschen sind in Wohlstand aufgewachsen und haben keine Ahnung davon, wie es anderen geht, wenn zum Beispiel ihre Waschmaschine kaputt ist und sie nicht wissen, wovon sie eine neue bezahlen sollen. Da sind Welten dazwischen.

Aber diese „Eliten“ wollen gerne gut sein. Ich habe den Eindruck, dass für sie der Staat zur Kirche geworden ist und die Wissenschaft ein ersatzweises Orakel von Delphi. Die Wissenschaft sagt dem Staat die Zukunft, wie eine Prophezeiung. Der Staat als Kirche und die Politiker als Hohepriester – das muss schief gehen. Der Staat ist dann dazu da, Gutes zu tun, so, wie es früher die Kirche getan hat.

Doch ich bin für meine eigenen Entscheidungen verantwortlich, das Kollektiv kann mich nicht entlasten. Werde ich jedoch zu etwas gezwungen, ist es nicht meine Entscheidung. Wenn ich meine, mich freikaufen zu müssen durch Steuern, mit denen dann anderen Sozialhilfe gezahlt wird, funktioniert es nicht. Dann bin ich nicht gut oder barmherzig, dann bin ich nur ein steuerzahlender Bürger, der seine Pflicht erfüllt.

Ich meine, dass dem Einzelnen wieder mehr Verantwortung zurückgegeben werden sollte. Es würde ihn glücklicher machen und ein erfüllteres Leben geben, weil er sieht, dass er etwas bewegen kann. Sein Leben hat wieder Sinn. Er sieht es auch, wenn etwas nicht geht, der Lerneffekt bei Fehlern ist schneller.

Es würde auch unserem Staat gut tun. Wenn der Einzelne Mist baut, dann ist das nichts, was den Ausfall des gesamten Systems nach sich zieht. Wenn der Staat etwas falsch macht, dann hat das sehr viele Folgen. In der Wirtschaft und Wissenschaft wird das Single Point of Failure genannt. So etwas ist gefährlich.

ET: Was sehen Sie als das Kernproblem der derzeitigen gesellschaftlichen Konflikte?

Heinisch: Das Kernproblem beginnt dort, wo ich die Ausgangsfrage falsch stelle. Will ich wirklich das Gesundheitssystem leistungsfähig halten und den Menschen helfen, für die diese Krankheit gefährlich ist? Oder bin ich im Moment im Panikmodus und schlage wild um mich?

Zunächst müsste man schauen, wer von Covid-19 ernsthaft betroffen ist, für wen es eine wirkliche Gefahr darstellt. Damit wird das Problem eingegrenzt. Man muss nicht 82 Millionen Menschen in Haftung nehmen, sondern erstmal schauen, für wen das überhaupt ein Problem ist. Das mögen viele sein, aber es sind nicht alle. Und nur diese landen auf Intensivstationen, das heißt Infektionszahlen als solche sind nicht aussagekräftig.

Die nächsten Fragen sind: Wie ist diese Gruppe gefährdet, wodurch wird sie gefährdet. Durch eine Infektion. Sie sind nicht durch Ungeimpfte gefährdet, sondern nur durch Menschen, die ansteckend sind – das können auch Geimpfte sein.

Damit ist das Problem schon kleiner und man müsste viele Maßnahmen nicht durchsetzen.

Den betroffenen Menschen müsste man sagen: „Ihr seid gefährdet, wir geben euch soweit wie möglich Unterstützung. Wenn ihr möchtet, haben wir eine Impfung und Medikamente.“ Dann achtet man darauf, dass auf Intensivstationen derzeit keine Betten abgebaut werden, ändert nicht den Pflegeschlüssel, wonach ein Pfleger weniger Patienten als letztes Jahr betreuen darf und verschreckt keine Pfleger mit Impfpflicht.

Man muss also einerseits auf die medizinische Infrastruktur schauen, damit dieses Problem bewältigt werden kann und organisiert sie so, dass sie gut in Schuss ist. Und dann gibt man andererseits der gefährdeten Gruppe die Möglichkeit, sich so gut und viel wie möglich zu schützen.

Den anderen sagt man: Lebt, Freunde, lebt. Lebt euer Leben. Und wenn ihr Angst habt, dann holt euch eine Spritze, wenn ihr meint, dass es hilft. Wenn ihr wollt, dann geht den ganzen Tag vollkommen vermummelt mit Maske. Wir erlauben es euch. Selbst beim Autofahren, auch wenn man euch nicht erkennt. Wenn ihr Angst habt, macht es. Ansonsten – genießt das Leben!

Annette Heinisch ist seit 1991 Rechtsanwältin und als Beraterin von Entscheidungsträgern vornehmlich im Bereich der KMU tätig. Ihr Schwerpunkt ist Internationales Bank- und Währungsrecht und Finanzverfassungsrecht.

Das Gespräch führte Kathrin Sumpf.

Dieser Artikel erschien zuerst in der Epoch Times Wochenzeitung, Ausgabe Nr. 21, vom 4. Dezember 2021 und wurde für Online leicht gekürzt.



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