Russlands Präsident Wladimir Putin hat im Konflikt um die Ukraine seine Drohungen verschärft. Bei einer Sitzung des Verteidigungsministeriums in Moskau warf er den USA ein aggressives Vorgehen vor und drohte mit Konsequenzen: "Im Fall einer Fortsetzung der ziemlich aggressiven Linie unserer westlichen Kollegen werden wir mit adäquaten militärisch-technischen Maßnahmen antworten", sagte Putin vor hochrangigen russischen Militärvertretern.

Die Äußerungen Putins nähren Befürchtungen, die russische Armee könnte einen Einmarsch in die Ukraine planen. US-Geheimdienstkreisen zufolge hat Russland in der Nähe der ukrainischen Grenze 70.000 Soldaten stationiert und will womöglich Anfang kommenden Jahres einmarschieren. Moskau bestreitet das und wirft der Regierung in Kiew und der Nato Provokationen vor.

Ukraine fordert raschen Nato-Beitritt

Von dem Verteidigungsbündnis forderte Putin erneut eine schriftliche Erklärung zu Sicherheitsgarantien sowie einen Verzicht auf eine Osterweiterung, also auch auf die Aufnahme der Ukraine als Mitglied. Er machte erneut deutlich, dass sich Russland durch das Voranschreiten der Nato in seiner Sicherheit bedroht sehe. Dies sei aber kein Ultimatum, sondern ein Gesprächsangebot, sagte Putin. 

Dagegen bekräftigte in der Ukraine Präsident Wolodymyr Selenskyj angesichts der Spannungen mit Russland die Forderung nach einem raschen Nato-Beitritt. "Wir wollen eine sehr klare zeitliche Perspektive von der Nato. Eine sehr konkrete. Und wir wollen diese 2022 erhalten", sagte er bei einer Rede vor allen ukrainischen Botschaftern. Ebenso solle in den nächsten Jahren eine EU-Mitgliedschaft erreicht werden. Beides ist seit 2019 in der ukrainischen Verfassung als Ziel verankert.

Schoigu kritisiert angebliche Militarisierung der Ukraine

Moskaus Verteidigungsminister Sergej Schoigu sprach bei der Sitzung mit Putin von einer wachsenden Militarisierung der Ukraine und einer Zunahme an Manövern an den Grenzen Russlands. Die USA hätten rund 8.000 Soldaten nahe der russischen Grenze stationiert und würden dort mit ihren Nato-Verbündeten häufig Übungen mit Kampfflugzeugen abhalten. Außenminister Sergej Lawrow warnte die USA und den Westen insgesamt davor, "rote Linien" zu überschreiten. Die Nato dürfe sich nicht weiter den Grenzen Russlands annähern. 

Putin warf den USA vor, die Verantwortung zu tragen für die aktuellen Spannungen in Europa. "Sie machen, was sie wollen", sagte er mit Blick auf die US-Aktivitäten in der Ukraine. "Das ist immerhin an der Schwelle unseres Hauses. Sie sollten verstehen, dass wir uns einfach nirgendwohin zurückziehen können."

Schärfere Sanktionen gegen Russland gefordert

Zuvor hatten die Präsidenten von Polen, Litauen und der Ukraine zu schärferen Sanktionen des Westens gegen Russland aufgerufen. In einer gemeinsamen Stellungnahme nach einem Treffen am Montag in Huta im Westen der Ukraine forderten sie Russland auf, Soldaten aus dem ukrainischen Grenzgebiet und Gebieten, die Russland besetzt hat, zurückzuziehen.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj sagte am Montag, es müssten Maßnahmen zur Prävention einer Eskalation ergriffen werden. Der litauische Präsident Gitanas Nausėda sagte, es sei nicht hinnehmbar, dass Russland in der heutigen Zeit versuche, "rote Linien" vorzugeben. Das polnische Staatsoberhaupt Andrzej Duda sprach sich ebenfalls gegen Zugeständnisse an die Russen aus.

Stoltenberg plant Treffen des Nato-Russland-Rates

Der Nato zufolge sind ihre eigenen Aktivitäten rein defensiver Natur und dienen der Abschreckung neuer Aggressionen Russlands. Trotz Appellen zur Deeskalation setze Russland seine Truppenbewegungen fort, sagte Nato-Generalsekretär Stoltenberg. Jeder Dialog mit Russland müsse die grundlegenden Prinzipien respektieren, auf denen die europäische Sicherheit aufgebaut sei. Er wolle im neuen Jahr so schnell wie möglich ein Treffen des Nato-Russland-Rates einberufen.

Einem russischen Diplomaten zufolge hätten Russland und die USA Kontakt aufgenommen, um über die Forderung nach Sicherheitsgarantien zu beraten, wie die russischen Nachrichtenagentur Ria berichtet. Es bestehe die Möglichkeit, dass sich beide Seiten einigten. Aber das westliche Militärbündnis wisse, dass Russland nicht bluffe.