Prof. Thomas Sternberg im Interview Heirat muss für Priester normal werden

Kevelaer · Es ist ein Besuch, der in Kevelaer mit Spannung erwartet wird. Der neue Präsident des ZdK kommt am Mittwoch in die Marienstadt. Er hat mit seinen Aussagen zum Zölibat bundesweit für Aufsehen gesorgt. Ein Interview.

 Thomas Sternberg, Präsident des Zentralkomitees der Katholiken (ZdK), diskutiert heute mit den Gästen im großen Saal des Priesterhauses in Kevelaer.

Thomas Sternberg, Präsident des Zentralkomitees der Katholiken (ZdK), diskutiert heute mit den Gästen im großen Saal des Priesterhauses in Kevelaer.

Foto: dpa

KEVELAER Prof. Thomas Sternberg war schon mehrfach in Kevelaer. Jetzt kommt er erstmals in seiner neuen Funktion als Präsident des Zentralkomitees der Katholiken (ZdK) in die Marienstadt. Er wird am Mittwoch, 21. September, zunächst die Basilikastunde um 20 Uhr gestalten. Ab 21 Uhr diskutiert er mit den Gästen im großen Saal des Priesterhauses.

Sie haben mit Ihren Aussagen zum Zölibat für viel Aufsehen gesorgt.

Thomas Sternberg Wichtig ist erst einmal, dass ich mich nicht zur Sinnhaftigkeit des Zölibats geäußert habe. Das ist nicht das Thema. Vielmehr geht es um die Frage, wie man den katastrophalen Priestermangel in der katholischen Kirche in Deutschland in den Griff bekommt.

Und da wäre die Abschaffung des Zölibats eine Lösung?

STERNBERG Es geht nicht um die Abschaffung, sondern um die Aufhebung der verpflichtenden Verbindung von Priesterweihe und Zölibat. Denn wir haben eine steigende Zahl von Diakonen. Das sind engagierte und verheiratete Männer im Dienst der Kirche. Viele wären bereit und fähig, das Priesteramt zu übernehmen. Für die Weihe von viri probati (bewährte Männer) hat sich auch das Zweite Vatikanische Konzil ausgesprochen. Ich bin erstaunt, dass diese Diskussion nicht aufgegriffen und weiter verfolgt wird.

Es wäre also möglich, das schnell umzusetzen?

STERNBERG Papst Franziskus hat ganz klar gesagt, dass es in der Kirche Abstufungen in wichtige und nicht so wichtige Dinge gibt. Die Versorgung der Gemeinde ist eindeutig eine wichtige Aufgabe, und diese ist wichtiger als der Zölibat. Die Zahlen sind absolut alarmierend. Im Jahr 2015 ließen sich nur 58 Priester weihen. Das ist eine bedenkliche Entwicklung. Denn die Feier der Eucharistie ist für jede Gemeinde die Quelle des Glaubens. Verheiratete Priester müssen zur Normalität werden. Es gibt sie ja jetzt auch schon.

Was halten Sie davon, dass angesichts des Priestermangels Laien mehr Wortgottesdienste feiern, damit es überhaupt noch in jeder Gemeinde einen Sonntagsgottesdienst gibt?

Sternberg Das wäre für mich ein Weg zur Protestantisierung der katholischen Kirche. Ich sehe das eher kritisch, es wäre für mich nur ein Notnagel. Denn, wie gesagt, zentral ist die Eucharistie, und die kann nur mit einem Priester gefeiert werden.

Sie machen sich auch für das Diakonat der Frau stark.

STERNBERG Viele Frauen sind bereits im pastoralen Dienst für die katholische Kirche tätig. Wir müssen eine ganz andere Präsenz von Frauen auch in den seelsorgerlichen Diensten anstreben. Pastoralreferentinnen könnten beispielsweise auch die Krankensalbung vornehmen.

Wären auch Frauen als Priester eine Alternative?

STERNBERG Ganz klar: Über den Priesterstand der Frau ist in der katholischen Kirche derzeit nicht zu sprechen. Da ist die Sachlage anders als beim Thema Zölibat. Für mich ist es wichtig, Themen anzusprechen, bei denen etwas realistisch zu verändern ist. Das ist beim Zölibat der Fall. Der gehört für mich nicht zum Wesenskern der katholischen Kirche. Hier geht es darum, zu unterscheiden, was wichtig und was weniger wichtig ist. Sicher werde ich das Thema auch in Kevelaer ansprechen. Aber dort wird es auch um die ganz wichtige Frage gehen: Wie können wir in einer Welt, die viele brutale Züge hat, das Jahr der Barmherzigkeit feiern?

Gäbe es kein Zölibat, wären Sie dann Priester geworden?

Sternberg (lacht) Nein, das war bei mir nie ein Thema. Ich bin ein Laie aus dem Bilderbuch.

SEBASTIAN LATZEL STELLTE DIE FRAGEN

(RP)
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