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Rußland muß sich bekehren, sonst ...

Die Botschaften der Fatima-Maria und ihr Drittes Geheimnis *
aus DER SPIEGEL 51/1983

Am 16. April 1917 traf Lenin in Petrograd ein, aber Gottesmutter Maria ließ sich Zeit.

Erst knapp einen Monat später, am 13. Mai 1917, begann »ihr gewaltiges Gegenspiel gegen eine satanische Macht, die in der Geschichte ihresgleichen sucht«.

So ordnet Johannes Maria Höcht, Autor eines Buches »Maria rettet das Abendland«, die »Ereignisse« ein, die sich seinerzeit im portugiesischen Fatima abspielten: Sechsmal, jeweils am 13., erschien dort Maria den drei Kindern Lucia, 10, Francisco, 9, und Jacinta, 7 - will man diesen Kindern und den Päpsten glauben.

Seither haben sich auf der Gegenseite die Orte (Moskau statt Petrograd-Leningrad) und die Namen geändert, aber bei diesen weltpolitischen Zentren, dem bolschewistischen und dem katholischen, ist es laut Altbischof Rudolf Graber (Regensburg), dem Fatima-Spezialisten unter den deutschen Oberhirten, geblieben.

»Der Weltfriede«, so Graber 1982, »kommt nicht aus Moskau, sondern aus Fatima.« Davon ist Graber sogar mehr denn je überzeugt, seit Papst Johannes Paul II. im Mai 1982 in Fatima »die ganze Welt dem Unbefleckten Herzen Mariens geweiht und damit Moskau die einzig wirksame Antwort gegeben hat, die schon vor 65 Jahren der Himmel verlangt hatte«.

Es war die zweite Weihe dieser Art, die erste hatte ein anderer Papst, Pius XII., mitten im Zweiten Weltkrieg, im Oktober 1942, vollzogen.

Beide Päpste handelten so, wie es portugiesischer Kindermund als Marien-Auftrag hatte wissen lassen.

»Wenn man auf meine Wünsche hört«, so die Fatima-Maria, »wird Rußland sich bekehren, und es wird Friede sein.« Die Kehrseite: »Wenn nicht, dann wird seine Irrlehre sich verbreiten. Sie wird Kriege und Verfolgungen heraufbeschwören ...«

Eigentlich war nur die Weihe Rußlands verlangt, aber es war dann beide Male gleich die ganze Welt. Daß Rußland speziell gemeint war, machte jeder Papst auf seine Weise klar. Pius XII. sprach von dem Land, in dem die »ehrwürdige Ikone« in alten Zeiten geehrt worden war, und der Wojtyla-Papst verwies auf Völker, die »der Weihe besonders bedürfen«.

Neben der Rußland-Prognose hatten die Kinder, so steht es in Hunderten von Fatima-Büchern, noch eine andere geliefert: Im Ersten Weltkrieg habe Maria den Zweiten vorausgesagt: Es werde »ein anderer, schlimmerer Krieg beginnen«.

Doch diese Ankündigung stammt nicht aus dem Jahre 1917, sondern aus dem Jahre 1941. Da wurde sie zum erstenmal veröffentlicht, nachdem Lucia, einstiges Seherkind und nunmehrige Nonne, im Jahre 1929 damit begonnen hatte aufzuschreiben, was sie einst gesehen und gehört haben will.

Der deutsche Jesuit Karl Rahner hält die ganze Geschichte für absurd: »Wie soll man verständlich machen, daß Gott gewisse, die ganze Welt betreffende Dinge einer Person offenbart, damit diese sie geheimhalte bis nach ihrer Erfüllung?«

Der Fatima-Kritiker verweist auch auf »frischfröhliche Unterschlagungen« in der einschlägigen Literatur und auf höchst irdische Quellen. Als einigen Theologen eine himmlische Botschaft, die Lucia erhalten haben wollte, unmöglich zu sein schien, entdeckten sie alsbald den Grund: Der Lapsus stand im Katechismus, den das Seherkind benutzte.

Den Päpsten Pius XII. und Johannes Paul II. aber ist jedes Marienwort aus Fatima heilig. Weil Lucia am 13. Juni 1929 notiert hatte ("Unsere Liebe Frau sagte mir ..."), die Weihe möge der Heilige Vater »in Vereinigung mit allen Bischöfen der Welt« vornehmen, setzte der Wojtyla-Papst vor der Abreise nach Fatima alle Bischöfe in Kenntnis, er werde auch in ihrem Namen handeln.

Er betreibt auch den Kult um das »Dritte Geheimnis« weiter, eine »Botschaft«, die den Päpsten seit 1960 bekannt ist und die nicht veröffentlicht wurde.

Mit düsteren Worten schürt er die Besorgnis schlichter Katholiken, da müsse wohl noch Schlimmeres drinstehen als in den anderen Texten. So ernannte er sich in Fatima zum »Zeugen der fast apokalyptischen Bedrohungen der Nationen und der Menschheit«.

Dabei gibt es in längst vergilbten Büchern Belege dafür, daß nicht die Menschheit, sonden nur der Vatikan eine Veröffentlichung fürchten muß (die 1981 ein Ex-Mönch sogar mit einer Flugzeugentführung erpressen wollte).

Denn 1917, als die portugiesischen Hirtenkinder sich mit dieser Geheimbotschaft wichtig machten, hatten sie sich darüber geäußert, wen sie betreffe.

Es geht demnach nicht um Milliarden Menschen, sondern nur um deren drei: sie selbst.

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