US-Kapuziner wählten erstmals Laien zum Provinzial – mit höchster Erlaubnis

Die Kapuziner und das Kirchenrecht


Provinzialat der US-Kapuzinerprovinz Mid-America, in der Mitte der erste Laienprovinzial Br. Mark Schenk.
Provinzialat der US-Kapuzinerprovinz Mid-America, in der Mitte der erste Laienprovinzial Br. Mark Schenk.

(New York) Kapu­zi­ner in den USA for­dern das Kir­chen­recht her­aus und haben – mit Zustim­mung von Papst Fran­zis­kus – einen Lai­en zum neu­en Pro­vin­zi­al der Kapu­zi­ner­pro­vinz Mid-Ame­ri­ca gewählt. 

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Der Kapu­zi­ner­or­den ent­stand als stren­ge Reform­be­we­gung, um zur ursprüng­li­chen Regel des hei­li­gen Franz von Assi­si zurück­zu­keh­ren. Das war vor bald 500 Jah­ren. Ihr Armuts­ide­al mach­te sie in der brei­ten Bevöl­ke­rung sehr beliebt. In den USA gehen Kapu­zi­ner neue Wege, indem sie einen Schritt setz­ten, der ihnen durch das Kir­chen­recht eigent­lich ver­bo­ten ist. 

„Um genau zu sein, sind sie sogar ziem­lich stolz dar­auf“, so das Nach­rich­ten­por­tal Crux.

Die fast 70 Kapu­zi­ner der Pro­vinz Mid-Ame­ri­ca, eine von sechs Pro­vin­zen des Kapu­zi­ner­or­dens in den USA, wähl­ten den Lai­en­bru­der Mark Schenk zum neu­en Pro­vin­zi­al. Die Pro­vinz wur­de 1935 errichtet.

Im Kapi­tel „Lei­tungs­ge­walt“ schließt der Codex Iuris Cano­ni­ci gleich mit sei­ner ersten Bestim­mung – Canon 129, Abschnitt 1 – aus, daß Lai­en Ämter über­neh­men kön­nen, das ihnen Juris­dik­ti­on über Kle­ri­ker verschafft. 

„Can. 129 — § 1. Zur Über­nah­me von Lei­tungs­ge­walt, die es auf­grund gött­li­cher Ein­set­zung in der Kir­che gibt und die auch Juris­dik­ti­ons­ge­walt genannt wird, sind nach Maß­ga­be der Rechts­vor­schrif­ten die­je­ni­gen befä­higt, die die hei­li­ge Wei­he emp­fan­gen haben.“

Die Kapu­zi­ner sehen dar­in einen Wider­spruch zu ihrem Ordens­ver­ständ­nis. Der Hei­li­ge Stuhl rati­fi­zier­te im Okto­ber 2013 die aktu­el­le Fas­sung der Ordens­kon­sti­tu­tio­nen, in denen es heißt: „Auf­grund der glei­chen Beru­fung sind alle Brü­der gleich“. Eben­so heißt es dar­in: „Wir alle wer­den unter­schieds­los Brü­der genannt“. Laut den Kon­sti­tu­tio­nen ste­hen im Orden alle Ämter allen „Brü­dern“ offen.

Der Orden will ande­re Wege gehen als das Kirchenrecht.

Dabei beru­fen sich die Kapu­zi­ner auf das Bei­spiel des hei­li­gen Franz von Assi­si, der selbst kein Prie­ster war. Ob er Dia­kon war, gilt als nicht sicher. Eine Unter­schei­dung zwi­schen Brü­dern und Prie­stern leh­nen die Kapu­zi­ner im Gefol­ge des Zwei­ten Vati­ka­ni­schen Kon­zils ab, weil ihr beson­de­res „Geschenk an die Welt die Brü­der­lich­keit“ sei.

Es ist nicht der erste Fall einer Miß­ach­tung des Kir­chen­rechts durch die Kapu­zi­ner in die­ser Fra­ge. Bereits 1983 war der Lai­en­bru­der Igna­ti­us Fea­ver zum Obe­ren der zen­tral­ka­na­di­schen Vize­pro­vinz gewählt wor­den. Die Ordens­kon­gre­ga­ti­on erteil­te ihre Zustim­mung, aller­dings nur des­halb, weil der zustän­di­ge Offi­zi­al, der die Zustim­mung ver­wei­gert hät­te, gera­de im Urlaub war. Die Ange­le­gen­heit lan­de­te auf dem Tisch eines ande­ren Sach­be­ar­bei­ters, der mit dem Sach­ver­halt nicht so ver­traut war und „aus Ver­se­hen“ die Wahl bestätigte.

Als die Pan­ne ent­deckt wur­de, konn­te die Zustim­mung nicht mehr zurück­ge­nom­men wer­den. Den Kapu­zi­ner­or­den ließ Rom aller­dings wis­sen, daß Fea­ver nach Ablauf sei­ner Amts­zeit nicht wie­der­ge­wählt wer­den durfte.

2008 trotz­te der Orden erneut dem Kir­chen­recht und wähl­te den Lai­en­bru­der Robert Smith zum Pro­vin­zi­al der Pro­vinz Gol­ga­tha. Die Ordens­kon­gre­ga­ti­on ver­wei­ger­te die Zustim­mung, sodaß die Wahl wie­der­holt wer­den muß­te und ein Ordens­prie­ster zum Pro­vin­zi­al gewählt wurde.

Der drit­te Anlauf, Canon 129.1 des Kir­chen­rechts für den Kapu­zi­ner­or­den außer Kraft zu set­zen, scheint die ange­streb­te Wen­de zu brin­gen – zumin­dest fak­tisch. Die Wahl des Lai­en­bru­ders Mark Schenk zum Ordens­pro­vin­zi­al in den USA wur­de zunächst von der Ordens­kon­gre­ga­ti­on erwar­tungs­ge­mäß abge­lehnt. Br. Schenk erklär­te laut Crux jedoch zufrie­den, er habe „Freun­de“ in hohen Posi­tio­nen, die direk­ten Zugang zu Papst Fran­zis­kus haben. Sie leg­ten Fran­zis­kus die Ange­le­gen­heit mit ent­spre­chen­der Emp­feh­lung vor und erwirk­ten von ihm eine Dis­pens für eine Amts­zeit von drei Jah­ren. Vor­erst ist unklar, was im Fal­le einer Wie­der­wahl von Br. Schenk gesche­hen wird. Im Kapu­zi­ner­or­den scheint man jeden­falls ent­schlos­sen, die Gele­gen­heit zu nüt­zen, um die genann­te Bestim­mung des Kir­chen­rechts für den Orden außer Kraft zu setzen.

In der genann­ten Kapu­zi­ner­pro­vinz der USA scheint man stolz und zufrie­den über den „Etap­pen­sieg“. Br. Schenk bezeich­net die vati­ka­ni­sche Arbeits­wei­se als „byzan­ti­nisch“. Als er gewählt wur­de, mach­te die Ordens­kon­gre­ga­ti­on den Gene­ral­mi­ni­ster des Ordens dar­auf auf­merk­sam, daß Schenk „kein Prie­ster“ ist. Der Gene­ral­obe­re, P. Rober­to Genu­in, ersuch­te dar­auf um eine Aus­nah­me­ge­neh­mi­gung, die jedoch abge­lehnt wur­de – bis die Sache Papst Fran­zis­kus vor­ge­legt wurde.

Der neue Pro­vin­zi­al, Br. Schenk, zeigt sich opti­mi­stisch: „Ich hof­fe, daß sich etwas ändert“. Nun, da Papst Fran­zis­kus die Dis­pens erteil­te, könn­te es sein, daß die Ordens­kon­gre­ga­ti­on die Ver­fah­rens­wei­se ände­re und auch ande­ren „qua­li­fi­zier­ten“ Lai­en die Erlaub­nis erteilt wird, Lei­tungs­ge­walt in Orden zu über­neh­men. Mit „qua­li­fi­ziert“ meint Br. Schenk aller­dings nicht die Qua­li­fi­ka­ti­on, die das Kir­chen­recht aus­drück­lich für die Aus­übung von Lei­tungs­ge­walt ver­langt. Die­se kirch­li­che Qua­li­fi­ka­ti­on soll durch die Qua­li­fi­ka­tio­nen ersetzt wer­den, wie sie die Welt für Füh­rungs­äm­ter kennt.

Nicht nur Br. Schenk rech­net damit, daß „Fran­zis­kus etwas bewir­ken kann“, schließ­lich „möch­te er, daß Lai­en in der Füh­rung der Kir­che ein­be­zo­gen wer­den. Er sagt das, und wir hof­fen, daß er das tat­säch­lich vor­an­treibt, anstatt nur zu reagie­ren, wenn die Gemein­schaft zu ihm kommt“.

Der 62-jäh­ri­ge Br. Mark Schenk stammt aus Olmitz im Staat Kan­sas. 1984 erwarb er einen Master in Theo­lo­gie und 2004 in Betriebs­wirt­schaft. 22 Jah­re wirk­te er als erster Lai­en­bru­der an der Gene­ral­ku­rie des Kapu­zi­ner­or­dens in Rom. 1994 wur­de er als Laie des­sen erster Gene­ral­se­kre­tär. 2006 wur­de er als erster Laie in den Gene­ral­rat des Ordens gewählt.

Als er in den Orden ein­trat, habe die Fra­ge Prie­ster­tum oder Brü­der­lich­keit kei­ne beson­de­re Rol­le für ihn gespielt. Er habe sich dann auf das Prie­ster­tum vor­be­rei­tet, aber fest­ge­stellt, „kei­ne star­ke Beru­fung“ ver­spürt zu haben. Das sei­en mehr die „Erwar­tun­gen ande­rer“ gewesen.

Trotz die­ser Erwar­tun­gen ent­schied er sich, Lai­en­bru­der zu blei­ben: „Es war nicht mei­ne Beru­fung, und ich dacht, die Welt braucht kei­nen lau­war­men Priester“.

In sei­nem Twit­ter-Account und auf sei­nem Blog ver­wen­det er die iro­nisch gemeint Selbst­be­zeich­nung: „Just A Brother“.

Text: Giu­sep­pe Nar­di
Bild: Kapu­zi­ner­pro­vinz Mid-America

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5 Kommentare

  1. Kir­chen­recht, Dog­men, Tra­di­ti­on, Lehr­wahr­hei­ten, alles Nebensache.
    Wich­tig ist wie wir uns füh­len, dann muß sich halt die Kir­che ändern.
    Die Wor­te wer­den solan­ge ver­dreht bis das Ziel erreicht ist, kaum der Erwäh­nung wert, das mit sol­chen Prä­ze­denz­fäl­len die Fak­ten geschaf­fen wer­den, die Nach­ah­mung einfordern.
    War­um auch noch Prie­ster wer­den, wenn eh kei­ner mehr an Real­prä­senz glaubt, ist alles beliebig.
    Man dreht sich immer schnel­ler um sich selbst und merkt gar nicht, wie lächer­lich man wird.
    Die­se Orden gehö­ren aufgelöst.

  2. Wohl ein Ereig­nis mit Signal­funk­ti­on: das Kir­chen­recht bleibt zwar unver­än­dert, aber auch unbe­ach­tet, Ultra­mo­der­ni­sten ver­sto­ßen „mutig“ flä­chen­deckend dage­gen, der Papst lächelt gütig dazu, daher schwei­gen Bischö­fe und Ordens­obe­re (die ja „noch etwas wer­den“ wol­len“). Wäh­rend die Nor­men, wel­che die Lebens­wirk­lich­keit der Kir­che regeln sol­len, im Regal ver­stau­ben, for­men statt­des­sen Moder­ni­sten durch rea­le Hand­lun­gen die Lebens­wirk­lich­keit: Bischö­fe trei­ben Gläu­bi­gen die Mund­kom­mu­ni­on aus, ver­hin­dern den über­lie­fer­ten Mess-Ritus, star­ten „muti­ge“ Pilot­pro­jek­te. Gera­de die­se Vor­ge­hens­wei­se über­for­dert die Mas­se kon­ser­va­tiv füh­len­der, nach-kon­zi­li­ar sozia­li­sier­ter (hin-und-wie­der-) Kirch­gän­ger. Die theo­lo­gisch gebil­de­ten sind aus­schließ­lich text­fi­xiert auf CIC und Dog­men – wird da nichts geän­dert, ist bei denen „alles in But­ter“. Bei ihnen und ande­ren fehlt in der Regel jeg­li­ches Gespür für „hybri­de“ Kom­mu­ni­ka­ti­ons­mu­ster im kirch­li­chen Raum (https://​kirch​fahr​ter​.word​press​.com/​2​0​1​7​/​0​5​/​0​1​/​h​y​b​r​i​d​e​-​k​o​m​m​u​n​i​k​a​t​i​o​n​s​m​u​s​t​e​r​-​i​m​-​k​i​r​c​h​l​i​c​h​e​n​-​r​a​um/), man nimmt alles arg­los „zum Nenn­wert“ und freut sich gera­de­zu kind­lich, wenn der Papst mal zur Abwechs­lung etwas „katho­li­sches“ sagt.

  3. Gelobt sei Jesus Christus.
    Mei­ne lie­ben Brü­dern und Schwe­stern in Christo.
    Ich möch­te ger­ne wis­sen, wie wird Bru­der Mark Schenk­die Hl. Opfer­mes­se fei­ern als ein Haupt sei­nes Klo­sters. Laut nach Kir­chen­ge­setz muß Bru­der Mark Schenk zum Prie­ster geweiht sein. Nach Ordens­ge­setzt ist es ver­bo­ten ein Lai­en­bru­der zum Haupt eines Klö­ster zu wäh­len. D.h. nur geweih­te Mönchsprie­ster sind Wahl­be­rech­tigt. Wenn es so wei­ter geht, wer­den die Klö­stern und Abtei­en wie­der Kor­rup­ti­on sowie Sodom und Gomor­rha herr­schen. Das bedeu­tet auch,daß ich auch Abt von einen Abtei wer­den kann ohne Geweiht zu sein. Wie­der ein got­tes­lä­ster­te Akti­on in der römisch katho­li­sche Kirche.

  4. Gestern war in unse­rem Bis­tum der Gedenk­tag des seli­gen Bru­der Peter Fried­ho­fen. Er hat sei­ner­zeit, ange­regt durch die Not, die er bei sei­ner Arbeit als Schorn­stein­fe­ger gese­hen hat, die Kon­gre­ga­ti­on der Barm­her­zi­gen Brü­der von Maria Hilf gegrün­det. Er war bis zu sei­nem zu frü­hen Tod der Obe­re sei­ner Gemein­schaft. Damals war noch kei­ner sei­ner Mit­brü­der Prie­ster, inso­weit stellt sich die Fra­ge nicht. Aber wie ist es dann heu­te in den Brü­der­or­den, in denen es auch zu Prie­stern geweih­te Brü­der gibt, deren Gene­ral­obe­rer aber ein „ein­fa­cher“ Bru­der ist? Das Amt des Obe­ren in einer Ordens­pro­vinz hat doch kei­nen sakra­men­ta­len Cha­rak­ter. Und viel­leicht ist ein für die Lei­tung geeig­ne­ter Lai­en­bru­der für den Orden dien­li­cher als ein nicht so gut geeig­ne­ter prie­ster­li­cher Ordens­mann. Die Wei­he allein macht mög­li­cher­wei­se gleich dazu fähig, die­se Lei­tungs­auf­ga­ben zu übernehmen.

  5. Die For­mu­lie­rung in der Über­schrift ist mei­nes Erach­tens leicht irre­füh­rend. Zwar wur­de ein Nicht­prie­ster gewählt, aber doch ein Ordens­bru­der, nicht etwa zB ein Ter­ti­ar. Nach­dem der Stif­ter des Ordens, der Hl. Fran­zis­kus v. Assi­si, selbst bloß mög­li­cher­wei­se (!) Dia­kon war, sehe ich in die­ser Wahl kein prin­zi­pi­el­les Pro­blem, bezie­hungs­wei­se die vom Vati­kan gewähr­te Dis­pens als durch­aus annehm­bar an.

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