Straßburg (jur). Es gibt kein Menschenrecht auf eine gleichgeschlechtliche Ehe. Daher durfte die 2004 geschlossene erste „Homo-Ehe“ Frankreichs von französischen Gerichten wieder annulliert werden, urteilte am Donnerstag, 9. Juni 2016, der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in Straßburg (Az.: 40183/07). Nach der Europäischen Menschenrechtskonvention seien Staaten nicht generell verpflichtet, die Heirat gleichgeschlechtlicher Paare zu ermöglichen. Ähnlich hatte der EGMR 2010 auch schon zu Österreich entschieden.

Hintergrund des neuen Rechtsstreits war die Heirat des schwulen Paares Stéphane Chapin und Bertrand Charpentier am 5. Juni 2004 in Bégles bei Bourdeaux. Der damalige Bürgermeister und grüne Abgeordnete der französischen Nationalversammlung, Noël Mamère, hatte die Trauung vollzogen und sich dabei bewusst gegen die damals geltenden Rechtsauffassungen gestellt.

Doch kurz darauf hatten französische Gerichte die Ehe mit Verweis auf die geltenden gesetzlichen Bestimmungen wieder annulliert.

Der EGMR urteilte, dass das Paar mit der Annullierung der Ehe weder wegen seiner sexuellen Orientierung diskriminiert wurde, noch damit gegen das Recht auf Eheschließung oder der Achtung des Privat- und Familienlebens verstoßen wurde. Staaten seien nicht generell verpflichtet, gleichgeschlechtlichen Paaren die Heirat zu ermöglichen. Nach französischem Recht hätten die Beschwerdeführer auch einen „zivilen Solidaritätspakt“ vereinbaren können, bei dem sie in steuerlicher Hinsicht oder auch bei Erbangelegenheiten mehr Rechte haben.

Die „Homo-Ehe“ war seitdem in Frankreich besonders umstritten. Nach kontroversen Debatten und teils gewalttätigen Protesten wurde die Heirat gleichgeschlechtlicher Paare schließlich gesetzlich festgelegt. Der französische Verfassungsrat hatte das entsprechende Gesetz am 17. Mai 2013 gebilligt.

Bereits am 24. Juni 2010 hatte der EGMR ein schwules Paar aus Österreich abgewiesen (Az.: 30141/04). Die Behörden hatten ihm 2002 die Hochzeit verweigert. Eine Beschwerde vor dem Verfassungsgerichtshof in Wien war ohne Erfolg geblieben, und auch der EGMR wies das Paar ab. Unter den Zeichnerstaaten der Europäischen Menschenrechtskonvention bestehe bislang kein Konsens, dass gleichgeschlechtlichen Paaren die Ehe möglich sein soll. Daher hätten die einzelnen Staaten hier einen weiten Gestaltungsspielraum, so die Begründung.

Österreich hatte 2010 eine Registrierung gleichgeschlechtlicher Paare ermöglicht. Nach dem damaligen Straßburger Urteil muss eine solche Regelung nicht zu einer völligen Gleichstellung mit der Ehe führen. Wie in Deutschland gibt es auch in Österreich Unterschiede, etwa im Adoptionsrecht.


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