Coronavirus Uniklinik Straßburg beatmet offenbar keine Patienten über 80 mehr

Tübingen, Frankfurt a.M. · Die Uniklinik in Straßburg hat offenbar drastische Schritte ergriffen, nachdem sie eine Vielzahl an COVID-19-Patienten aufgenommen hat. Erkrankte über 80 Jahre werden laut einem aktuellen Bericht nicht mehr beatmet. Auf der Intensivstation gibt es keine freien Zimmer mehr.

 Vor einem Intensivbett mit Beatmungsgerät hängt ein Desinfektionsbehälter. (Symbolbild)

Vor einem Intensivbett mit Beatmungsgerät hängt ein Desinfektionsbehälter. (Symbolbild)

Foto: dpa/Roland Weihrauch

An der Uniklinik in Straßburg herrschen infolge der Corona-Pandemie nach Schilderungen des Deutschen Instituts für Katastrophenmedizin teilweise tragische Zustände. Seit dem 21. März werden dort keine Patienten mit COVID-19 mehr beatmet, die über 80 Jahre alt und in einem kritischen Zustand sind, wie aus einem Schreiben der Institutsleitung an das baden-württembergische Innenministerium hervorgeht, das dem Evangelischen Pressedienst (epd) vorliegt.

Diese Patienten erhalten laut Institut eine Sterbegleitung und eine palliative Versorgung. Ein Sprecher des baden-württembergischen Innenministeriums bestätigte den Eingang des Schreibens, das auf den 24. März datiert ist. Man nehme das Schreiben sehr ernst und werde es jetzt schnellstens und intensiv auswerten, sagte der Sprecher dem epd.

Die Uniklinik Straßburg stellte klar, dass das Alter bei der Entscheidung über eine Beatmung nicht das ausschlaggebende Kriterium sei. Der Leiter der chirurgischen Anästhesie, Paul Michel Mertes, verwies auf die medizinethischen Kriterien der Klinik. Aus dem Kriterienkatalog, der dem epd vorliegt, geht hervor, dass die Entscheidung von dem Schweregrad der Krankheit abhängig gemacht wird und nicht etwa von einer Altersgrenze der Patienten.

In dem Schreiben des Instituts an das Innenministerium schildern die Autoren ein Lagebild der Universitätsklinik Straßburg nach einem Treffen mit dort beschäftigten Ärzten, an dem auch Mertes teilgenommen hatte. Das Universitätsklinikum Straßburg müsse seit Sonntag pro Stunde einen beatmungspflichtigen Patienten infolge einer Corona-Infektion aufnehmen. Auf der normalen Intensivstation seien alle Einzelzimmer belegt.

Man behandle beamtungspflichtige Patienten zwischen 19 und 80 Jahren, drei dieser 90 Patienten seien unter 50 Jahre alt und hätten keine Vorerkrankungen. Alle anderen Patienten hätten Vorerkrankungen unterschiedlicher Schweregrade. Typische Vorerkrankungen seien: Chronische Lungenerkrankungen, Asthma, Lungenentzündung, Diabetes, Fettleibigkeit und Bluthochdruck. Es gebe derzeit keine beatmungspflichtigen Kinder unter 12 Jahren in ganz Frankreich.

„Mit Situation in Deutschland nicht vergleichbar“

Der Sprecher des baden-württembergischen Innenministeriums betonte, dieser Zustand sei mit der Situation der Kliniken in Baden-Württemberg nicht vergleichbar, da Deutschland sich sehr früh um eine Eindämmung bemüht habe und die Epidemie in Frankreich weiter fortgeschritten sei. Die zuständige Abteilung im Innenministerium habe mit den Autoren des Schreibens gesprochen, auch bereits vor der Konsultation, die am vergangenen Montag stattgefunden haben soll.

Die Institutsleitung kommt in dem Schreiben zu dem Schluss, dass „weitere konsequente Maßnahmen der Landesregierungen, der Krankenhäuser und der Rettungsdienste in Deutschland unabdingbar“ seien. Eine Schlüsselrolle komme den Rettungsdiensten und dem Bereich der Intensivmedizin zu. Für Fachpersonal dieser Bereiche müsse eine „absolute Sonderrolle“ gelten. „Der Ausfall jeder einzelnen Person in diesen Bereichen wird am Ende Menschen das Leben kosten“, heißt es in dem Schreiben.

(epd)
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