anhaltende Trockenheit in der Wüste Kalahari unter einem wolkigen Himmel
AFP/GUILLEM SARTORIO
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Coronavirus

Pandemie bremst Erderwärmung nicht

Über die Auswirkungen, die das abrupte Abbremsen der Welt auf die Klimaerwärmung hat, wurde in den vergangenen Monaten viel spekuliert. Eine Studie kommt nun zu einem ernüchternden Ergebnis: „Lock-down“ und Co. verringern den Temperaturzuwachs bis 2030 nur um 0,01 Grad. Dennoch sei die derzeitige Situation eine Chance, betonen die Forscherinnen und Forscher.

Mit Beginn der Coronavirus-Pandemie hat sich die Mobilität in den meisten Ländern zeitweise drastisch reduziert, was sich wiederum in gesunkenem Ausstoß an Treibhausgasen ausdrückte. Der Erstautor der Studie, Piers Forster von der University of Leeds, und seine Tochter Harriet machten sich im „Lock-down“ daran, auf Basis der von Google und Apple bereitgestellten Bewegungsdaten aus 123 Ländern weltweit das Sinken des Ausstoßes von zehn Treibhausgasen zwischen Februar und Juni einzuschätzen. Aufgrund der Verschiebung der Schulabschlussprüfung von Forsters Tochter wurde das Unterfangen zum Familienprojekt, heißt es in einer Aussendung der Uni Leeds.

Leere Straße in New York während des Lockdowns
AFP/JOHANNES EISELE
Weltweit waren die Straßen leergefegt wie hier in New York

In der Folge wurde das Forschungsteam u. a. um Joeri Rogelj vom Imperial College London und dem Internationalen Institut für Angewandte Systemanalyse (IIASA) in Laxenburg bei Wien erweitert und die Datenlage verbessert. Das Team errechnete, dass die Konzentrationen der Treibhausgase im „Lock-down“ zwischen zehn und 30 Prozent zurückging. Das deckt sich auch gut mit Satellitendaten und Messwerten auf der Erde und ist vor allem auf die Rückgänge im Verkehr und Transportwesen zurückzuführen.

Chance für Umdenken

Der Abschwächungseffekt auf das Fortschreiten des Klimawandels hält sich jedoch in sehr engen Grenzen: Laut der Analyse wird der zu erwartende Temperaturanstieg bis 2030 nur um 0,01 Grad Celsius geringer ausfallen – und das auch nur, wenn einige „Lock-down“-Maßnahmen bis zum Ende des kommenden Jahres aufrecht bleiben.

Die Studie

„Current and future global climate impacts resulting from COVID-19“, „Nature Climate Change“, 7.8.2020

Der Effekt, den die Pandemie mit sich bringt, macht das Erreichen des Zieles, die Erderwärmung bis 2050 auf ein Plus von unter 1,5 Grad Celsius zu begrenzen, also nicht automatisch wahrscheinlicher. Allerdings schätzen die Wissenschaftler die aktuelle Situation trotzdem als große Chance dafür ein, das Pariser Klimaziel zu erreichen. Schaffe man nämlich eine Art grünen Neustart in der Wirtschaft infolge der Pandemie, dann könne man eine zusätzliche zu erwartende Erwärmung von 0,3 Grad bis 2050 verhindern.

Das könnte laut Forster den Unterschied zwischen dem Erreichen der Klimaziele und dem Verfehlen ausmachen. Für Rogelj ist zwar klar, dass der Knick in den Treibhausgasemissionen durch den „Lock-down“ keine messbaren Auswirkungen auf die Klimaentwicklung haben wird. Die Entscheidungen, die aufgrund der Krise heuer getroffen werden müssen, „könnten uns aber auf einen sicheren Pfad in Bezug auf das Pariser Klimaabkommen führen“.