Kontemplative Architektur und Nachwuchs
Dieser Artikel schließt direkt an meinen Artikel an:
Die Leere der Abstraktion gegen die der Kontemplation
Ich bin @Marie M. für ihren urspr. Beitrag dankbar. Denn die ganze Thematik ist mir so nahe wie mein eigenes Blut, auch weil meine Familie mütterlicherseits aus Aachen (direkt neben Vaals) stammt. Außerdem macht die Frage nach dem Geist der Kontemplation und seinen Einfluss auf den monastischen Nachwuchs den Kern meines ganzen Lebens aus. Weil sich meine Abtei Himmerod für ein klares Nein zur traditionellen Liturgie entschieden hatte, sah ich mich gezwungen, die Abtei in 2005 zu verlassen. Ich hatte meinem Vater Abt in 2003 gesagt, dass die Abtei ohne die alte Liturgie innerhalb von 20 Jahren aufgehoben würde. In 2017 war es dann tatsächlich so weit. Die Entscheidung für meinen Austritt war sehr, sehr schwierig für mich. Ich habe meine Abtei und meine Mitbrüder geliebt. Aber aus Gehorsam gegenüber Gott, dem heiligen Zisterzienserorden und der Heiligen Kirche habe ich gehorcht. Gott hatte mich damals ausdrücklich dazu aufgefordert. So musste ich nicht miterleben, wie mein geliebtes Kloster durch den Konzilsgeist aufgerieben und zerstört wurde.
Ich habe das an anderer Stelle schon dargelegt, wiederhole es aber hier, weil es für die heutige Zeit durchaus relevant zu sein scheint.
Für den Konzilsgeist gibt es keine Kontemplation, weil es für ihn, entgegen aller Beteuerungen, am Ende keinen direkten und persönlichen Eingriff des Heiligen in unsere Welt gibt. Es gibt keine Mystik. Für ihn hat nur noch Marta eine Existenzberechtigung. Maria hat keinen Platz mehr (vgl. Lukas 10,38-42). Deshalb kann es kein abgeschiedenes Leben für Gott geben. In diesem Geist bedeutet Christusnachfolge die aktive Mitarbeit für die Verbesserung der Lebensumstände auf der Erde. Nur wenn Konzilsklöster jungen und sympathischen Menschen eine aktive und lebensfreudige Gemeinschaft bieten, finden sie kirchliche Akzeptanz. Zusätzlich müssen der Abt und Prior ein entsprechendes attraktives Sozialcharisma haben. Schweigende und schwierige Charaktere werden nicht weiter toleriert. Das Ziel der Konzilsklöster ist nicht mehr der Rückzug aus der Welt, sondern eine aktives Team von lustigen Gleichgesinnten, die in der Welt und für die Welt arbeiten. Auf Dauer aber tragen das Sympathische und das Wohlgefühl nicht, genauso nicht wie in einer Ehe. Auch das Chorgebet wird ohne wahre Gottesanbindung zu einer folkloristischen Gesangsübung. Nur Selbsthingabe, Selbstaufopferung und Liebe im Angesicht des wahren Gottes können Gemeinschaften unbedingt zusammenhalten.
An der Architektur kann man ihren intentionalen Geist gut erkennen, weil ihre Formensprache objektiv real und weltweit gültig ist. Das gilt für das gesamte menschliche Existential (siehe z.B. die Arbeiten von Cassirer über die symbolischen Formen). Sonst gäbe es keine Mode, keine Kunst und keine Musik. Alles wäre gleichgültig. Die Formen sind eben nicht subjektiv oder relativ. Nur die Vorlieben unterscheiden sich von Mensch zu Mensch, aber nicht der objektive Gehalt. Der Petersdom z.B. drückt einen bestimmten Geist aus und alle Kunsthochschulen auf der ganzen Welt können stundenlang über diesen diskutieren und sich über ihn austauschen. Entsprechendes gilt für die Literatur usw.. Auch Hollywood weiß ganz genau, welche Formen es benutzt, um bestimmte Gefühle oder Botschaften zu transportieren.
Wenn sich Interessenten ein Kloster aussuchen, werden sie genau darauf achten, welcher Geist durch die Formensprache zum Ausdruck kommt und ob dieser mit der eigenen Berufung übereinstimmt. Wenn der Architekt hauptsächlich an Mathematik und eben nicht an einem kontemplativen Rückzug aus der Welt interessiert war, wird seine Architektur diesen seinen Geist „atmen“. Das wird wohl auch für P. Hans van der Laan gelten.
„Für van der Laan war der Gang ins Kloster weder eine Zurückweisung an die Welt noch die Aufgabe seiner architektonischen Begabung. Es war eher, wie er sagt, eine Strategie, seine Suche nach den fundamentalen Prinzipien der Architektur durchzusetzen. Die Nähe zum katholischen Glauben hat diese Suche aber auch beeinflusst. So verband er beispielsweise den Entwurf der Abtei in Vaals mit den Prinzipien des heiligen Benedikt über Mäßigung….Sein Proportionssystem, die „Plastische Zahl“, entwickelte er noch in seiner Novizenzeit.“ Zitat von:
wikipedia.org/wiki/Hans_van_der_Laan
In meinem o.g. Vorgängerartikel war mir P. Van der Laan nicht bekannt und trotzdem konnte ich die mathematische Orientierung des Architekten erkennen. Die Formensprache ist objektiv.
Ich will hiermit nicht behaupten, dass die Abtei Benediktusberg grundsätzlich für Nachwuchs uninteressant ist. Nein, gerade auch, weil die Architektur in sich stimmig ist. Außerdem, wie erwähnt, handelt es sich wohl um eine gute Gemeinschaft, der ich nur das Beste wünschen kann. Aber wie im Fall von Himmerod hätte die Abtei wesentlich bessere Chancen, wenn sie sich wie andere Töchter von Solesmes der überlieferten Liturgie zuwenden würde. Ein im Stil gehaltener und prächtiger Hochaltar könnte den gesamten Geist des Klosters verändern. Auf einmal würde nicht mehr die Mathematik über Gott, sondern Gott über die Mathematik herrschen. Das wäre eine für die heutige Zeit dringend benötigte Symbolik.
Abschließend möchte ich einige Beispiele zeitgenössischer Klosterarchitektur anführen, um diese mit Vaals zu vergleichen.
Clear Creek Abbey ist eine Tochter von Fontgombault und damit gehört sie ebenfalls zur Kongregation von Solesmes. Diese Architektur ist uneingeschränkt kontemplativ:
youtube.com/watch?v=YsOWeLexePg
Die Abtei Novy Dvur ist eine Tochter von Sept Fons. Die Kirche ist der Mutterkirche nachempfunden. Diese Architektur ist zwar ebenfalls sehr zeitgenössisch, aber ihre Leere entspricht zisterziensischer Tradition. Das Gute an ihr ist, dass sie keinen modernen Machtanspruch erhebt. Sie ist neutral. Weil sie sich selbst wie eine weiße Museumswand radikal zurücknimmt, wird die Kontemplation nicht gestört. Wie bei der Mutter handelt es sich um ein Konzilskloster. Deshalb gilt wohl ebenfalls das diesbezüglich oben Gesagte.
youtube.com/watch?v=FT8tZzmEDVo
Als ein weniger gelungenes Beispiel will ich noch Citeaux erwähnen. Die zeitgenössischen Bauteile erscheinen etwas willkürlich. Das gilt dann, besonders aus gregorianischer Sicht, auch für den landessprachlichen Choral. Hier habe ich schon selber im Chor mitsingen dürfen. Die Mitbrüder sind sehr lieb und gastfreundlich. Ab 2:20 sieht man das Innere der Kirche:
youtube.com/watch?v=1Mi5ENm1O34
Auch Citeaux ist ein Konzilskloster. Das fällt in dem Bericht auf. Die irdische Funktion siegt über die Weltflucht.
Die Leere der Abstraktion gegen die der Kontemplation
Ich bin @Marie M. für ihren urspr. Beitrag dankbar. Denn die ganze Thematik ist mir so nahe wie mein eigenes Blut, auch weil meine Familie mütterlicherseits aus Aachen (direkt neben Vaals) stammt. Außerdem macht die Frage nach dem Geist der Kontemplation und seinen Einfluss auf den monastischen Nachwuchs den Kern meines ganzen Lebens aus. Weil sich meine Abtei Himmerod für ein klares Nein zur traditionellen Liturgie entschieden hatte, sah ich mich gezwungen, die Abtei in 2005 zu verlassen. Ich hatte meinem Vater Abt in 2003 gesagt, dass die Abtei ohne die alte Liturgie innerhalb von 20 Jahren aufgehoben würde. In 2017 war es dann tatsächlich so weit. Die Entscheidung für meinen Austritt war sehr, sehr schwierig für mich. Ich habe meine Abtei und meine Mitbrüder geliebt. Aber aus Gehorsam gegenüber Gott, dem heiligen Zisterzienserorden und der Heiligen Kirche habe ich gehorcht. Gott hatte mich damals ausdrücklich dazu aufgefordert. So musste ich nicht miterleben, wie mein geliebtes Kloster durch den Konzilsgeist aufgerieben und zerstört wurde.
Ich habe das an anderer Stelle schon dargelegt, wiederhole es aber hier, weil es für die heutige Zeit durchaus relevant zu sein scheint.
Für den Konzilsgeist gibt es keine Kontemplation, weil es für ihn, entgegen aller Beteuerungen, am Ende keinen direkten und persönlichen Eingriff des Heiligen in unsere Welt gibt. Es gibt keine Mystik. Für ihn hat nur noch Marta eine Existenzberechtigung. Maria hat keinen Platz mehr (vgl. Lukas 10,38-42). Deshalb kann es kein abgeschiedenes Leben für Gott geben. In diesem Geist bedeutet Christusnachfolge die aktive Mitarbeit für die Verbesserung der Lebensumstände auf der Erde. Nur wenn Konzilsklöster jungen und sympathischen Menschen eine aktive und lebensfreudige Gemeinschaft bieten, finden sie kirchliche Akzeptanz. Zusätzlich müssen der Abt und Prior ein entsprechendes attraktives Sozialcharisma haben. Schweigende und schwierige Charaktere werden nicht weiter toleriert. Das Ziel der Konzilsklöster ist nicht mehr der Rückzug aus der Welt, sondern eine aktives Team von lustigen Gleichgesinnten, die in der Welt und für die Welt arbeiten. Auf Dauer aber tragen das Sympathische und das Wohlgefühl nicht, genauso nicht wie in einer Ehe. Auch das Chorgebet wird ohne wahre Gottesanbindung zu einer folkloristischen Gesangsübung. Nur Selbsthingabe, Selbstaufopferung und Liebe im Angesicht des wahren Gottes können Gemeinschaften unbedingt zusammenhalten.
An der Architektur kann man ihren intentionalen Geist gut erkennen, weil ihre Formensprache objektiv real und weltweit gültig ist. Das gilt für das gesamte menschliche Existential (siehe z.B. die Arbeiten von Cassirer über die symbolischen Formen). Sonst gäbe es keine Mode, keine Kunst und keine Musik. Alles wäre gleichgültig. Die Formen sind eben nicht subjektiv oder relativ. Nur die Vorlieben unterscheiden sich von Mensch zu Mensch, aber nicht der objektive Gehalt. Der Petersdom z.B. drückt einen bestimmten Geist aus und alle Kunsthochschulen auf der ganzen Welt können stundenlang über diesen diskutieren und sich über ihn austauschen. Entsprechendes gilt für die Literatur usw.. Auch Hollywood weiß ganz genau, welche Formen es benutzt, um bestimmte Gefühle oder Botschaften zu transportieren.
Wenn sich Interessenten ein Kloster aussuchen, werden sie genau darauf achten, welcher Geist durch die Formensprache zum Ausdruck kommt und ob dieser mit der eigenen Berufung übereinstimmt. Wenn der Architekt hauptsächlich an Mathematik und eben nicht an einem kontemplativen Rückzug aus der Welt interessiert war, wird seine Architektur diesen seinen Geist „atmen“. Das wird wohl auch für P. Hans van der Laan gelten.
„Für van der Laan war der Gang ins Kloster weder eine Zurückweisung an die Welt noch die Aufgabe seiner architektonischen Begabung. Es war eher, wie er sagt, eine Strategie, seine Suche nach den fundamentalen Prinzipien der Architektur durchzusetzen. Die Nähe zum katholischen Glauben hat diese Suche aber auch beeinflusst. So verband er beispielsweise den Entwurf der Abtei in Vaals mit den Prinzipien des heiligen Benedikt über Mäßigung….Sein Proportionssystem, die „Plastische Zahl“, entwickelte er noch in seiner Novizenzeit.“ Zitat von:
wikipedia.org/wiki/Hans_van_der_Laan
In meinem o.g. Vorgängerartikel war mir P. Van der Laan nicht bekannt und trotzdem konnte ich die mathematische Orientierung des Architekten erkennen. Die Formensprache ist objektiv.
Ich will hiermit nicht behaupten, dass die Abtei Benediktusberg grundsätzlich für Nachwuchs uninteressant ist. Nein, gerade auch, weil die Architektur in sich stimmig ist. Außerdem, wie erwähnt, handelt es sich wohl um eine gute Gemeinschaft, der ich nur das Beste wünschen kann. Aber wie im Fall von Himmerod hätte die Abtei wesentlich bessere Chancen, wenn sie sich wie andere Töchter von Solesmes der überlieferten Liturgie zuwenden würde. Ein im Stil gehaltener und prächtiger Hochaltar könnte den gesamten Geist des Klosters verändern. Auf einmal würde nicht mehr die Mathematik über Gott, sondern Gott über die Mathematik herrschen. Das wäre eine für die heutige Zeit dringend benötigte Symbolik.
Abschließend möchte ich einige Beispiele zeitgenössischer Klosterarchitektur anführen, um diese mit Vaals zu vergleichen.
Clear Creek Abbey ist eine Tochter von Fontgombault und damit gehört sie ebenfalls zur Kongregation von Solesmes. Diese Architektur ist uneingeschränkt kontemplativ:
youtube.com/watch?v=YsOWeLexePg
Die Abtei Novy Dvur ist eine Tochter von Sept Fons. Die Kirche ist der Mutterkirche nachempfunden. Diese Architektur ist zwar ebenfalls sehr zeitgenössisch, aber ihre Leere entspricht zisterziensischer Tradition. Das Gute an ihr ist, dass sie keinen modernen Machtanspruch erhebt. Sie ist neutral. Weil sie sich selbst wie eine weiße Museumswand radikal zurücknimmt, wird die Kontemplation nicht gestört. Wie bei der Mutter handelt es sich um ein Konzilskloster. Deshalb gilt wohl ebenfalls das diesbezüglich oben Gesagte.
youtube.com/watch?v=FT8tZzmEDVo
Als ein weniger gelungenes Beispiel will ich noch Citeaux erwähnen. Die zeitgenössischen Bauteile erscheinen etwas willkürlich. Das gilt dann, besonders aus gregorianischer Sicht, auch für den landessprachlichen Choral. Hier habe ich schon selber im Chor mitsingen dürfen. Die Mitbrüder sind sehr lieb und gastfreundlich. Ab 2:20 sieht man das Innere der Kirche:
youtube.com/watch?v=1Mi5ENm1O34
Auch Citeaux ist ein Konzilskloster. Das fällt in dem Bericht auf. Die irdische Funktion siegt über die Weltflucht.